Beiträge von Naru

    Margaret Millar - Da waren's nur noch neun
    (Originaltitel: Fire Will Freeze, aus dem Amerikanischen von Ilse Bezzenberger)
    Diogenes, 272 Seiten. 1944.

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    Buchrücken
    Isobel Seton, eine dreißigjährige Amerikanerin, reist zum Skifahren nach Kanada. Aber auf der Fahrt zum "Schnee Hotel" bleibt der Bus auf der völlig verschneiten Straße stecken. Der Busfahrer steigt aus, um Schneeketten zu montieren - und kommt nicht wieder. Die Reisegesellschaft macht sich auf die Suche nach ihm, folgt seinen Spuren im Schnee. Die Gruppe findet ein einsames Haus, in der eine verrückte alte Frau und ihre Pflegerin wohnen. Von dem Busfahrer fehlt jede Spur, die Reisegesellschaft wird aber zum Übernachten eingelassen. Doch was sich da anbahnt, ist alles andere als ein gemütlicher Hüttenabend.


    Meine Meinung
    Ich lese Krimis eigentlich nicht, aber vielleicht werde ich das in Zukunft öfter machen, denn der Krimi von Margaret Millar hat mir gefallen. Das Buch liest sich sehr schnell und ist unterhaltend. Die Reisegesellschaft ist bunt durchmischt, es finden sich unterschiedliche Charaktere, die auch in Konflikt miteinander geraten. Es gibt hier natürlich auch eine neugierige Frau, die sich um die Lösung des Rätsels um den verschwundenen Busfahrer besonders bemüht und die Gruppe animiert, die andernfalls kaum einen Finger gerührt hätte. Ich glaube erfahrenere Krimileser wären schnell auf den Mörder draufgekommen, mich hat vor allem der erste Teil des Buches sehr in Atem gehalten. Leider kommt ab der Hälfte des Buches ein Abschnitt, der nicht im Umfeld dieser Reisegesellschaft spielt, also der erste Ortswechsel im Buch und meiner Ansicht nach zerstört das die Spannung ein wenig. Dieser Abschnitt löst so einiges auf und diese Auflösung enttäuschte mich ein bisschen, ich wollte noch länger in der Spannung um den verschwundenen Busfahrer gehalten werden. Aber man muss ja die Geschichte auch irgendwann zu Ende führen.
    Ich kannte die Autorin bis jetzt nicht, werde aber sehr gerne noch weitere Krimis von ihr lesen. Der Krimi wurde 1944 veröffentlicht, aber ausgenommen von ein paar Randbemerkungen über den Krieg bzw. einer Beschreibung eines Lachens, das dem Hitlers ähnlich ist, ist wenig von der Politik dieser Zeit zu vernehmen. Die Handlung spielt in Kanada in den Bergen, es ist ein sehr verschneites Buch und würde als Unterhaltungslektüre im nächsten Skiurlaub passen.


    4ratten

    Fjodor M. Dostojewski - Der Idiot

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    Buchrücken
    Fürst Myschkin. wegen seiner Epilepsie der "Idiot" genannt, ist die anrührendste Gestalt, die Dostojewski geschaffen hat, die Verkörperung des "vollkommen schönen" Menschen, ein Heiliger in einer heillosen Welt, der an ihr zugrunde geht.


    Erster Satz
    "Es war gegen November, bei Tauwetter, als gegen neun Uhr morgens ein Zug der Petersburg-Warschauer Bahn sich mit Volldampf Petersburg näherte."


    Meine Meinung
    Der Idiot ist nach Schuld und Sühne der zweite Roman von Dostojewski, den ich nun fertig gelesen habe. Und wie schon bei Schuld und Sühne habe ich es geliebt dieses Buch zu lesen. Der Idiot ist ein sehr umfangreicher Roman, der vergleichsweise wenig Handlung umfasst und dennoch fesselnd bleibt. Dostojewski braucht Platz, um das Innenleben seiner Charaktere zu entfalten und auch Raum für philosophisch-politische Gedankengänge und Theorien zu schaffen. Die Figur des Fürsten Myschkin, der aufgrund seiner epileptischen Krankheit als Idiot bezeichnet wird, ist sehr interessant. Er hat meiner Ansicht nach stellenweise so rätselhaft agiert, bzw. war so unbeholfen und zweigeteilt, dass ich immer weiterlesen musste, sei es auch nur deswegen, um diesen Charakter endlich etwas besser zu verstehen. Mit der Zeit versteht man Myschkin auch wirklich besser, vor allem im Kontrast zur übrigen russischen Adelsgesellschaft. Besonders an dem Fürsten ist auch, dass er nicht bei dieser Gesellschaft verbleibt, sondern mit niedriger gestellten Personen verkehrt und diese nicht anders behandelt.
    Die vielen unterschiedlichen Figuren, die bei Dostojewski zum Leben erwachen und manchmal auch überfordern, verkörpern jede in sich besondere und stark differenzierte Charakterzüge und machen den Roman fast schon zu einer Studie der menschlichen Seele. Da gibt es den sterbenskranken Studenten, den verwirrten General, das reizende Adelstöchterchen, den geizigen und ehrgeizigen verschmähten Liebhaber, den von der Leidenschaft entstellten Kaufmann, die geistig umnachtete traurige Mutter usw. usw.
    Besonders gut haben mir die Gespräche in dem Buch gefallen und die zahlreichen Gedanken zu unterschiedlichsten Themen, wie etwas zur Todesstrafe, zum Atheismus, zum Geld oder zum Leben an sich.
    Beschrieben wird in dem Roman etwa ein Jahr, das der Fürst in Russland verbringt. Er ist ja ursprünglich in einer Heilanstalt in der Schweiz in der Obhut eines Arztes von der Welt abgeschlossen und wird ihr dann umso heftiger ausgesetzt, sobald er sein Heimatland betritt.
    Beeindruckend an dem Roman ist auch, dass sich vieles rückblickend erschließt, bzw. dass man als Leser die Wichtigkeit vieler Szenen im Roman später versteht, dass die Handlung sich sehr geschickt hochschaukelt.
    Der Charakter der mir in diesem Buch neben dem Fürsten wohl am besten gefallen hat, ist Nastassja Filippowna. Sie ist die Skandalfigur und genauso verwirrend, zweigeteilt und schwer zu begreifen, wie die Figur des Fürsten.


    Am Ende meiner Ausgabe des Buches findet sich ein Nachwort von Ilma Rakusa, wo der Roman sehr prägnant zusammengefasst und die wichtigsten Punkte noch einmal erklärt werden. Es lohnt sich dieses Nachwort zu lesen, da hier vieles unverstandene noch klarer wird, und auch Bezüge zu Dostojeskis Biographie erklärt werden.


    Meiner Meinung nach also absolut lesenswert, der Roman macht Lust auf noch mehr von Dostojewskis Literatur.


    5ratten

    Nina Sankovitch - Tolstoi und der lila Sessel


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    Buchrücken


    Jeden Tag ein Buch lesen, 365 Bücher im Jahr - ist das überhaupt zu schaffen? Noch dazu mit vier Kindern? Nach dem Verlust ihrer Schwester verordnete sich Nina Sankovitch täglich ein Buch - und gewann Freiräume, Glücksmomente und den beliebtesten Blog der New York Times.


    Erster Satz


    "Ich habe überall nach Glück gesucht, aber ich habe es nirgends gefunden außer in einem Eckchen mit einem kleinen Büchlein. (In omnis requiem quaesivi et non inveni, nisi in een hüxken met een büxken.)" Zitat von THOMAS VON KEMPEN


    Meine Meinung


    Dieses Buch erzählt von einer außergewöhnlichen Lebenserfahrung. Nina Sankovitch verordnet sich selbst nach dem Tod ihrer Schwester eine Bücher- Therapie. Sie entschließt sich dazu, nicht mehr von einem Termin zum anderen zu hetzen, um sich von der Trauer abzulenken, sondern wieder zur Ruhe zu kommen. Das Projekt 365 findet im Jahr 2008/09 statt. Es ist echt und auch die Trauer ist echt. In dem Buch verarbeitet Sankovitch die Erfahrungen, die sie in ihrem Lesejahr gemacht hat. Sie erzählt von Büchern, die ihr besonders gefallen haben und welche Schlüsse für ihr eigenes Leben sie aus diesen ziehen konnte. Sie spricht auch davon, wie sie es schaffte, das Lesen in ihr normales Leben zu integrieren. Und sie schreibt über ihre Schwester. Obwohl sich manches wiederholt und es sich hier nicht um große Literatur handelt (auch nicht bei den meisten Büchern, die sie liest), trifft dieses Buch in das Herz eines Bücherliebhabers und inspiriert beim Lesen vor allem zum Lesen. (Sehr praktisch ist hier die angehängte Bücherliste, der von Nina gelesenen Werke.)


    Tolstoi und der lila Sessel ist eine Hommage an das Buch und macht den Leser darauf aufmerksam, wieso es eigentlich so wichtig sein kann zu lesen. Sankovitch erinnert daran, dass Bücher nicht nur Unterhaltung sein können, sondern Orientierung, Lebenshilfe und Therapie.


    Link zum Blog von Sankovitch


    4ratten

    Dai Sijie - Balzac und die kleine chinesische Schneiderin


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    Buchrücken dieser Edition


    "China während der Kulturrevolution: Zwei Jungen aus der Stadt, 17 und 18 Jahre alt, werden zur "Umerziehung" in ein Bergdorf geschickt. Die harte Arbeit auf den Reisfeldern und in einer Mine sol sie brechen. Doch dann kommt alles ganz anders: dank der Liebe zu einer kleinen Schneiderin und zur Literatur."


    Poetisch und humorvoll zugleich schreibt Dai Sijie über zwei clevere Jungen, ein Mädchen "mit den schönsten Augen der ganzen Provinz" - und über den Trost, den Bücher spenden können.



    Rezension


    Dai Sijie eröffnet einen sehr literarisch-phantasievollen Zugang zum Thema Umerziehung im China von Mao Zedong. Im Rahmen einer Kampagne werden ab 1967 die Universitäten geschlossen und die ehemaligen Schüler und Studenten, als "junge Intellektuelle" gebrandmarkt, zur ideologischen Umerziehung im Geiste des Proletariats ans Land geschickt. In den Dörfern und auf den Feldern ist das Leben rau, entbehrungsreich und durch harte körperliche Arbeit geprägt. Söhne und Töchter von als "Volksfeinde" angeklagten Eltern haben kaum Hoffnung jemals wieder zurück ins Stadtleben entlassen zu werden. So ergeht es auch den beiden Protagonisten Luo und dem Ich-Erzähler. Um das harte Leben lebenswerter zu gestalten, beginnen die beiden Jugendlichen sich einen Raum für Kultur zu schaffen, und hier wird das Buch interessant: Beginnend mit der ersten Szene, die mit Geigenklängen von Mozart ausgefüllt wird und endend der Verbrennung westlicher Literatur, füllt Dai Sijie ein trauriges Thema mit Hoffnung und Licht. Das unterscheidet meiner Meinung nach das Buch von anderen Geschichten bzw. Zeitzeugenberichten über das Landleben zu Maos Zeiten. Die kulturellen Elemente und eine sich parallel dazu entwickelnde Liebesgeschichte machen den Roman aus. Die westliche Literatur lässt die in der nächst größeren Stadt gezeigten nordkoreanischen und chinesischen Filme blass und farblos wirken. Balzacs Ursula Mirouet übt einen entscheidenden Einfluss auf die beiden Protagonisten aus, sie verändert die beiden und lässt eine neue Perspektive in ihren Köpfen entstehen. Die Macht, die ein einzelnes Werk auf einen Menschen und seine Gedanken haben kann, die negativen Gefühle, die bei den beiden gegenüber der Obrigkeit, die ihnen diese Geschichten verbieten will, weckt, zeigen bei Dai Sijie sehr schön die Gefahr auf, die Kultur auf ein autoritäres System ausüben kann.


    Zugegeben, der Roman liest sich schnell und seine Sprache ist leicht, aber seine Botschaft ist nicht zu verkennen. Und die in diesem Buch erwähnten Klassiker wecken die Lust zum Lesen :)


    4ratten

    Bin jetzt auch endlich fertig mit A Clash of Kings :) Ich fand den ersten Teil auch spannender, beim zweiten Teil hat mich der Krieg etwas gelangweilt, aber gut es heißt ja "clash of kings", ich finde der Titel ist in diesem Fall sehr passend gewählt.
    Tyrion Lannister ist einer meiner absoluten Lieblinge geblieben, das liegt an seinem Charakter und an der Storyline, in die er verwickelt ist und er verkörpert auch den meisten Witz. Vor allem seine wilden Krieger find ich klasse :)
    Theon Greyjoy fand ich etwas mühsam am Anfang, aber nach dem was gegen Ende passiert ist, bin ich doch wieder gespannt, wie es weitergehen wird.
    Die Spannung jenseits der Mauer dagegen ist gegen Schluss etwas abgeflaut..
    Ich lese auch die Abschnitte über Catelyn nicht soo gerne, irgendwie nehme ich ihr übel, dass sie Tyrion so übel mitgespielt hat..(obwohl das natürlich nachvollziehbar ist)
    Über Robert war irgendwie wenig zu lesen, mich würde mal seine Sicht der Dinge gefallen. Außerdem sollte Rickon auch mal zu Wort kommen, ich hoffe, dass sein Charakter noch etwas entscheidendes zur Handlung beiträgt.


    4ratten

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    Max Frisch - Der Mensch erscheint im Holozän


    Taschenbuch: 160 Seiten
    Verlag: Suhrkamp Verlag; Auflage: 18 (2. November 1981)
    Sprache: Deutsch


    Meine Meinung


    Ich habe noch nicht viel von Max Frisch gelesen, dennoch möchte ich fast sagen, dass "Der Mensch erschient im Holzän" wie eines der besseren Werke dieses Autors anmutet. Sehr gekonnt und wirklich gut konstruiert beschreibt Frisch die Vereinsamung im Alter eines einzelnen Mannes, der abgeschnitten von der modernen Welt in einem schweizer Bergdorf wohnt. Die Natur erscheint in Form des unaufhörlichen Regens und der Hangrutschgefahr bedrohlich.
    In seiner Einsamkeit versucht Herr Geiser sich alles Mögliche zu merken und beginnt Zettel aus Lexika auszuschneiden und an seine Wände zu hängen. Besonders gut hat mit an der Struktur des Buches gefallen, dass jene Zettel in die Erzählung eingegliedert und in einer sich vom übrigen Text abgehobenen Form abgedruckt sind. Die Auswahl der Informationen, die Herr Geiser sammelnswert erscheinen, hilft bei der Einschätzung seiner geistigen Verfassung.
    Die Gefahren der Einsamkeit im Alter werden in "Der Mensch erscheint im Holozän" angesprochen ohne direkt ausgesprochen zu werden. Oft ist man als Leser irritiert von den nicht nachvollziehbaren Aktionen des alten Mannes.


    Ein wirklich lesenswertes Buch, das sich in einem Zug durchlesen lässt und nicht viel Zeit in Anspruch nimmt.


    5ratten

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    Alina Bronsky - Die schärfsten Gerichte der tatarischen Küche


    Gebundene Ausgabe: 317 Seiten
    Verlag: Kiepenheuer & Witsch; Auflage: 4. (19. August 2010)
    Sprache: Deutsch


    Kurzbeschreibung bei Amazon


    Die Geschichte der leidenschaftlichsten und durchtriebensten Großmutter aller Zeiten
    Am Anfang tut sie alles, um nicht Großmutter zu werden: Im Jahr 1978 ist Rosalinda wild entschlossen, die Schwangerschaft ihrer viel zu jungen und viel zu dummen Tochter zu beenden. Doch das misslingt, und sobald Aminat auf der Welt ist, entbrennt ein rücksichtsloser, grotesk-komischer Kampf um sie.
    Jenseits des Urals herrschen klare Verhältnisse: Die Tatarin Rosalinda bestimmt, ihr Gatte Kalganov spurt, und ihre Tochter Sulfia benimmt sich schlecht. Es mangelt an vielem, aber nicht an Ideen, und schon gar nicht an Willenskraft. Es steht also immer etwas Scharfes auf dem Tisch, und alle größeren Malheurs, die Sulfia anrichten könnte, werden verhindert. Nur ihre Schwangerschaft nicht, und auch nicht die Geburt von Aminat, dem genauen Gegenteil ihrer Mutter: schön, schlau, durchsetzungsfähig - ganz die Großmutter eben.
    Rosalinda steht zum ersten Mal einem Geschöpf gegenüber, das ihr ebenbürtig ist, und wird die leidenschaftlichste Großmutter aller Zeiten. Im ungleichen Kampf zwischen der glücklosen Sulfia und der rücksichtslosen Rosalinda wird das Mädchen zur Wandertrophäe - und der Leser zum Zeugen haarsträubendster Ereignisse, komischster Szenen, schlagfertigster Dialoge.
    Alina Bronsky gelingt eine Glanzleistung: Sie lässt ihre radikale, selbstverliebte und komische Hauptfigur die Geschichte dreier Frauen erzählen, die unfreiwillig und unzertrennlich miteinander verbunden sind - in einem Ton, der unwiderstehlich ist. Durch drei Jahrzehnte und diverse Schicksalsschläge führt sie die ungleichen Frauen, und der Leser folgt ihr atemlos.
    Voller Gefühl, Sinnlichkeit, Drastik und Exotik: ein scharfer Frauenroman!


    Meine Meinung


    Ich habe das Buch sehr schnell gelesen. Es ist ein Roman, der sich auch einfach verschlingen lässt. Er besteht aus nicht allzu anspruchsvoller Sprache gemischt mit Gehässigkeiten und bösem Witz.


    So lautet der erste Satz: "Als meine Tochter Sulfia mir sagte, sie sei schwanger, wisse aber nicht, von wem, habe ich verstärkt auf meine Haltung geachtet."


    Erzählt wird aus der Perspektive einer hart gesotteten Tatarin, die sich selbst für das glänzendste Beispiels eines gelungenen Charakters hält und weder die eigene Tochter noch ihr Mann können ihr das Wasser reichen. Erst in der zunächst ungewollten Enkelin entdeckt sie höhere Qualitäten, weil sie sich selbst in ihr wiedererkennt. Rücksichtslos und kalt handelt sie meistens dennoch aus Liebe und in der sturen Überzeugung das Richtige zu tun.


    Der Roman ist spannend, flott und bissig. Ich habe der Großmutter (die eigentlich noch relativ jung ist) mit großer Neugier beim Meistern ihres harten Lebens in der Sowjetunion und ihrer gelungenen Flucht nach Deutschland zugeschaut. Allerdings empfand ich das Ende als etwas unglaubwürdig. Ihr Verhalten der Enkelin Aminat gegenüber ändert sich infolge eines besonderen Zwischenfalls. Und irgendwie empfand ich diese Änderung als zu schnell vollzogen, zu offensichtlich bzw. zu einfach, um es einem solch starken Charakter, wie sie nun einmal vorher beschrieben wird, abzunehmen.


    Die Entwicklung der Enkelin Amarant wiederum war ein bisschen zu verschönt klischeehaft, kann aber einem Unterhaltungsroman wahrscheinlich nicht vorgeworfen werden. Ein bisschen stutzig hat mich nur die eine Szene gemacht, in der Großmutter, Tochter und Enkelin in Moskau auf den Anschlussflug nach Deutschland warten und in ein modernes, tolles westliches Restaurant gehen, das man als Leser sofort als McDonalds enttarnt. Die Großmutter lobt den westlichen Geschmack, in der Sowjetunion gibt es so etwas natürlich nicht. Und als sie beim zukünftigen deutschen Ehemann der Tochter ankommen, serviert dieser auch Hamburger und das Essen ist plötzlich etwas Furchtbares. Das ist ein bisschen ein Widerspruch. Aber vielleicht ist der Burger beim Dieter auch nicht so gut, weil er nicht wie beim Mc Donalds gleich zusammengebastelt vor ihnen auf dem Tisch liegt ? Vielleicht ist es auch nur Dieters Wohnung, die das Essen schlechter erscheinen lässt als der moderne Mc Donald?


    Wie dem auch sei. Meiner Ansicht nach ist es eine gute Unterhaltungslektüre.


    4ratten

    Gestern hab ich noch das dritte Kapitel von Gabriel García Márquez - Cien anos de soledad fertig bekommen.


    Bis jetzt gefällt es mir sehr gut. Es passiert die ganze Zeit über etwas Neues und es werden immer mehr Personen zum Auseinanderhalten (sehr praktisch ist in diesem Fall der in meiner Ausgabe abgedruckte Stammbaum der Buendías)


    Bis jetzt ist mir die Figur des ersten Buendía José Arcadio Buendía am liebsten. Mir gefällt seine Liebe zur Wissenschaft und seine seltsamen Versuche etwas zu erfinden. Auch gefällt mir der magische Realismus, vor allem die Epidemie der Schlaflosigkeit hat mich fasziniert.


    Leider muss ich aufgrund meiner unperfekten Spanischkenntnisse sehr oft über schöne Details einfach hinweglesen und bei so manchen Handlungsschwenks mich blind darauf verlassen, dass ich den Sinn richtig verstanden hab...


    Der Lesesonntag ist zwar vorbei, aber dank dem Feiertag heute werde ich meine Spanischreise durch das Buch gemütlich fortsetzen.

    Guten Morgen !


    Ich habe gestern nach Mitternacht bereits mit diesem Buch angefangen:


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    Gabriel García Márquez - Cien anos de soledad


    Kurzbeschreibung bei Amazon


    Das imaginäre Macondo ist Schauplatz drastischer und geheimnisvoller Ereignisse im Leben der Familie Buendia über Generationen. Macondo ist Heimat der Nachfahren Jose Arcadio Buendias und seiner mehr als hundert Jahre alt werdenden Frau Ursula. Macondo ist ebenso typisch karibisch wie einzigartig; in Macondo erfüllen sich die Prophezeiungen des Melchiades über hundert Jahre. Macondo ist ein Ort voller Phantasie, tropischer Fülle und seltsamer Geschehnisse, hier blühen Absurdes und Verrücktes, steht Komisches neben Trauer und Elend.


    Mein Lese-Fortschritt


    Bei Amazon gibt es die unterschiedlichsten Rezensionen dazu. Erstaunlich viele finden das Buch gähnend langweilig. Ich hoffe, dass es mir nicht so gehen wird. Das erste Kapitel hab ich vor dem Schlafen gehen gelesen. Spanisch erschwert das Verständnis ein bisschen.. nicht alle Details sind für mich erfassbar, aber der eigentlichen Handlung kann ich bis jetzt ziemlich gut folgen.
    Mit einer Tasse Kaffee mache ich mich jetzt auf ins nächste Kapitel... :breitgrins:

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    Peter Stamm - Wir fliegen


    Broschiert: 176 Seiten
    Verlag: Fischer (Tb.), Frankfurt; Auflage: 2 (5. August 2009)
    Sprache: Deutsch


    Buchrücken


    Heidi zeichnet das junge Mädchen, das sie nie gewesen ist. Vor Jahren wollte sie Künstlerin werden, in Wien studieren an der Akademie, aber die Reise ging nur bis Innsbruck. Jetzt hat sie Mann und Kind, die sie nie gewollt hat. Erst durch Carmen, die hübsche Lehrtochter aus der Bäckerei, fängt sie wieder an zu träumen. Bruno arbeitet seit dreißig gleichmäßigen Jahren als Portier in einem Hotel. Er war beim Arzt, ein schlimmes Ergebnis könnte ihn erwarten. Noch weiß er nichts endgültiges, es ist seine letzte Nacht vor dem Resultat. Aber es wird nichts sein, bestimmt nicht. Für einen Moment ist er ganz glücklich.
    Es sind diese Momente, in denen sich etwas verändert im Leben, in denen etwas geschieht, man merkt es kaum. Momente, die der Zeit enthoben scheinen. Eine neue Welt tut sich auf, man erkennt die Sackgasse, in die man vor langer Zeit geraten ist. Und plötzlich herrscht ein anderes Licht.
    In seinen neuen, wunderbaren Geschichten zeigt sich Peter Stamm als Meister im Erzählen unerwarteter Wendepunkte, des flüchtigen Glücks, mit dem man nicht mehr gerechnet hat. Denn kann man wünschen, was man nicht einmal sich selbst gegenüber zugibt? Und widerspricht der Wunsch, auserwählt zu sein, dem Wunsch nach Liebe?



    "Wir fliegen" beinhaltet folgende Geschichten:


    Die Erwartung, Fremdkörper, Drei Schwestern, Die Verletzung, Der Befund, Wir fliegen, Videocity, Männer und Knaben, Der Brief, Im Alter, Kinder Gottes, In die Felder muss man gehen ...



    Meine Meinung


    "Wir fliegen" lässt sich schnell lesen. Peter Stamm schreibt mitreißend. Es gibt keinen wirklichen Anfang, man ist bei jeder Geschichte plötzlich mitten drinnen, genauso unvermittelt hören die Erzählungen auch auf und lassen viel Raum zum Nachdenken.
    Peter Stamms Geschichten sind unterschiedlich. Gemeinsam ist ihnen nur, dass sie alle von einem besonderen Erlebnis aus dem Leben der Protagonisten erzählen. Ob es nun ein Todesfall ist, eine unerfüllte Liebe oder auch etwas ganz anderes, die Protagonisten verändern sich und ihre Gedanken nehmen einen neuen Lauf.
    Zugegeben, nicht jede Geschichte hat meinen Geschmack getroffen, die in "In die Felde muss man gehen ..." benutzte Erzählform in der zweiten Person singular beispielsweise war für mich gewöhnungsbedürftig.


    Eine Lieblingsgeschichte auszuwählen fällt mir schwer, aber unter anderem hat mich "Fremdkörper" überrascht. "Fremdkörper" erzählt über einen Höhlenforscher namens Christoph, der nach einer Expedition in das Höhlensystem Nirwana nicht mehr derselbe ist.


    Berührend ist auch "Wir fliegen". Hier gefällt mir vor allem die Szene aus der der Titel entnommen wurde. "Wir fliegen" sagt Angelikas Freund Benno, als sie in das Wohnzimmer kommt und sieht wie er mit dem Kind spielerisch die Piloten eines Flugzeugs mimt.


    Das Buch ist meiner Ansicht nach zu dünn ausgefallen. Es hätten noch mehr Kurzgeschichten reingepasst und ich werde sicher noch etwas von dem Autor lesen.


    4ratten

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    Marta Magaczewska - Zacmienie


    Das Buch gibt es meines Wissens nach nur auf polnisch. Es ist ein sehr junges Buch einer jungen Autorin (Jahrgang 1984).


    Inhalt


    Der einsam auf einer Bank sitzende Marius Geert erzählt einem Fremden eine Geschichte, die sein Leben maßgeblich beeinflusst hat. Es ist eine tragische, dunkle Liebesgeschichte und sie dreht sich um Lydia Mortaire, eine geheimnisvolle Schönheit, die Marius zufällig während seiner Ferien in einem kleinen Örtchen im Nordwesten der Bretagne kennengelernt hat.
    Eine tiefe Traurigkeit umgibt Lydia, die einsam am Strand umherwandert und diese Traurigkeit lässt Marius nicht mehr los. Er ist besessen davon dieses Mädchen kennen zu lernen und es gelingt ihm zu ihrer Begleitung zu werden. Gemeinsam befahren sie die kleinen französischen Ortschaften und Lydia zieht es immer an dieselben von Mystizismus und Tod umgebenen Orte. Viel zu spät erfährt Marius die Wahrheit über die geheimnisvolle Frau...


    Meine Meinung


    In dem Buch geht es hauptsächlich um den Tod. Er wird in Legenden thematisiert und kommt auch in der Todessehnsucht von Lydia zum Vorschein.
    Das Buch beginnt vielversprechend: der inzwischen alt gewordene Marius verspricht seinem Zuhörer eine tragische Geschichte, und immer wieder macht er in seiner Erzählung darauf aufmerksam, dass er die Tragik nicht vorwegnehmen möchte. Es bleibt meiner Ansicht nach jedoch ein leeres Versprechen. Das Buch zieht sich dahin und es passiert nichts. Wir lernen Lydia kennen, aber sie erzählt nichts von sich, möchte nichts über sich sagen. Sie besucht Friedhöfe, Kapellen und wir folgen ihr und lernen ein bisschen etwas über diese Orte. Marius schreibt einen Artikel über den Pluto und immer wieder kommen Einschübe eines Tagebuchs, das man sofort als das von Lydia enttarnen kann. Die Tagebucheinträge sprechen auch vom Tod, vom nicht klar kommen mit dem Leben etc. Manche Gedankengänge sind interessant, das meiste jedoch erschien mir etwas flach.
    Die Sprache des Romans ist fließend und gut zu lesen, die Thematik jedoch könnte besser sein. Am Ende war ich persönlich enttäuscht. Das Buch ist einfach nicht für mich geschrieben.


    Deswegen gibt es von mir:
    2ratten

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    Olga Tokarczuk - Taghaus, Nachthaus

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    Ein Haus in den Bergen nahe der tschechischen Grenze. Eine Ich-Erzählerin und ihre alte Nachbarin, die voller Geschichten steckt. Geschichten, die sich mit den Träumen der Erzählerin verweben und immer wieder an diesen Ort nahe der Grenze zurückfinden, wo sich Zeiten und Schicksale treffen. Poetisch einfühlsam zieht Olga Tokarczuk ihre Leser in den Bann der Geschehnisse, läßt Ereignisse und Träume, die uns bei aller Fremdheit immer auch untergründig bekannt erscheinen, in eine Art kollektives Unter- und Überbewußtsein münden, deren Sog man kaum entgehen kann. »Taghaus, Nachthaus« ist ein großer literarischer Wurf, der die verschiedenen Dimensionen der menschlichen Existenz zusammenführt und durchleuchtet.


    Eigene Meinung


    "Taghaus, Nachthaus" ist keine übliche Geschichte, die einen bestimmten Handlungsstrang verfolgt und die sich abschließen lässt. Das Buch ist vielmehr eine Ansammlung von Geschichten, die mehr oder weniger zusammenhängen. Es gibt keinen echten Anfang und auch kein Ende, aber dafür gibt es zahlreiche Gedanken. Da gibt es einerseits die alte, mysteriöse Nachbarin und ihren Keller; die Heilige Kummernis und ihre tragische Lebensgeschichte und zugleich auch das Leben desjenigen, der ihre Geschichte niederschreibt. Dann gibt es den Wald und die Pilze und "Amos", eine Traumgestalt die man wahrhaben möchte. Wer ist "Agni", und was sagt uns die Gestalt des "Ergo sum" oder des "Peter Dieter"?


    Für mich persönlich war "Taghaus, Nachthaus" eines der selteneren Bücher, die Spuren hinterlassen und neue Gedanken freilegen, die es schaffen einen zu überraschen, voller "so hab ich das noch nicht gesehen" Erlebnisse. Ein sehr spirituelles und geheimnisvolles Buch, das gleichzeitig auch sehr spannend aufgebaut und in sehr schöner, angenehmer Sprache geschrieben ist.
    Das Buch ist ein sehr tiefgehendes und ernstes Buch, aber es hat auch tragikkomische Stellen.
    Neben existenzieller Fragen sickern Themen wie die Religion, der Alkohol, die Deutschen und die Nachkriegszeit, aber auch das Pilzesammeln stellenweise durch und geben das typisch Polnische frei.


    Ein wirklich empfehlenswerter Roman.


    5ratten

    Ich habe gerade "Taghaus, Nachthaus" fertig gelesen und somit war mein Interesse an weiteren Büchern der Autorin geweckt. Deine Rezi von "Der Schrank" macht mir wirklich Lust auf mehr, allerdings kommen die Geschichten "Amos", "Ergo Sum" und "Peter Dieter" auch stückchenweise in "Taghaus, Nachthaus" vor. Das hat mich etwas stutzig gemacht.. Sind die Geschichten in "Der Schrank" vllt. länger, detaillierter ausgefüllt, oder wiederholen sie sich in der Form wie in "Taghaus, Nachthaus"?


    Liebe Grüße,
    Naru

    Hallo ^^


    schokotimmi: Du hast vollkommen Recht ! Das Buch ist anspruchsvoll, es gibt schon wahnsinnig viele Details und vor allem bei den Landschaftsbeschreibungen könnte man sehr lange verweilen. Ich hab mir selbst schon überlegt, dass sich das Buch eigentlich ideal zum immer wieder Lesen eignet. Ich werde einzelne Geschichten sicher später nochmal langsamer und genauer angehen. Ich war einfach in einer sehr gierigen Lesestimmung und wollte so schnell wie möglich, am besten alle Orte gleichzeitig bereisen ^^