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Klappentext
In einem kleinasiatischen Dorf fängt alles an. Ein junger Mann und eine junge Frau, Bruder und Schwester, fliehen vor den Türken nach Smyrna und, als die Stadt brennt, nach Amerika. Es ist das Jahr 1922. Auf dem Schiff heiraten sie und lassen sich später in der Autostadt Detroit nieder. Niemand ahnt das Geheimnis dieses Paares, doch nach Jahrzehnten hat der Tabubruch der beiden ungeahnte Folgen.
Meine Meinung
Ungeahnte Folgen hat die Liaison der Geschwister nämlich zwei Generationen später: Ihre vermeintliche Enkelin Callie wird als Hermaphrodit geboren. Callie bzw. Cal erzählt in diesem Roman seine Lebensgeschichte, wie er als Mädchen aufgezogen wurde und nun als 41jähriger Mann in Berlin lebt. Dabei springt er zwischen seinem derzeitigen Leben, in dem er sich in eine asiatischstämmige Amerikanerin verliebt, und seiner Familiengeschichte. Hier holt er sehr weit aus und fängt damit an, wie sich seine Großeltern ineinander verlieben und wie sie schließlich nach Amerika kommen. Das Leben seiner Eltern wird genauso geschildert, wie Callies Leben als Kind und Teenager.
Spannend wird es dann vor allem, als Callie merkt, dass etwas mit ihr nicht stimmt. Obwohl der Ich-Erzähler zwischendurch das Geschlecht wechselt, fiel es mir trotzdem nicht schwer, mich mit ihm/ihr zu identifizieren. Auch die anderen Charaktere sind sehr lebhaft, humorvoll und individuell gezeichnet. Es fällt auf, dass Eugenides sich von seiner eigenen Familiengeschichte zumindest hat inspirieren lassen. So ist er ebenfalls in Detroit geboren, seine Großeltern sind aus Griechenland und er hat sogar einige Jahre in Berlin gelebt. Auch wenn der Roman mit Sicherheit nicht autobiographisch ist, so trägt Eugenides’ Hintergrund sehr zur Authenzität des Geschilderten bei.
Der Autor packt sehr viel in sein Buch. Die Zerstörung von Smyrna, die eintönige Fabrikarbeit bei Henry Ford, die Rassenunruhen der 60er Jahre, das sind nur einige der zahlreichen Themen, die gestreift werden. Doch dies tut er so gekonnt, dass die Geschichte nicht überladen wirkt und man der Handlung fast atemlos folgt. Dennoch bietet das Buch viel Stoff zum Nachdenken und Diskutieren – ein Kunststück, das nicht vielen Autoren gelingt.
Bei mir hat sich fast sofort ein Lesefluss eingestellt und die über 700 Seiten flogen nur so dahin. Nur bei manchen Stellen habe ich etwas gestockt, z.B. bei den Rassenunruhen oder zum Ende hin, als Cal nach San Francisco abhaut. Auch hätte ich gerne mehr über Cals Zeit zwischen seinem 15. und 40. Lebensjahr gelesen. Dennoch hat der Roman ein stimmiges Ende, zumindest was die Erzählebene der Gegenwart betrifft.
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