Charlotte Brontë - Jane Eyre

Es gibt 130 Antworten in diesem Thema, welches 26.095 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Ninette.


  • Was die Bewertung angeht, bin ich mir nämlich noch relativ uneins. Als ich das Buch aus der Hand gelegt habe, war ich noch ganz angetan. Doch je länger ich darüber nachdenke, desto weniger gefällt es mir, ohne dass ich sagen könnte, woran das liegt.


    :winken:


    Interessant, bei mir ist es gerade umgekehrt. Je länger ich das Buch "sacken" lasse und darüber nachdenke, desto begeisterter bin ich, aber auch ohne sagen zu können warum.


    Ich habe mir gestern aus der Bib die DVD der Miniserie von BBC ausgeliehen und die ersten zwei Teile geschaut, bin aber nicht so begeistert bis jetzt. Hat noch jemand von euch mal eine Jane Eyre Verfilmung gesehen?

  • Hey,
    ich habe mal wieder ein wenig weitergelesen und befinde mich nun mitten im 17. Kapitel.


    Die erwachsene Jane hat leider ihren kindlichen Charme verloren, den ich so sehr mochte. Trotzdem macht es mir immer noch Vergnügen an ihrem Leben teilzunehmen. Momentan finde ich es sehr spannend herauszufinden, was es mit dem Brand auf sich hat und welches Geheimnis es gibt, das zwar die Angestellten kennen, aber Jane nicht wissen soll... Leider wird dieser Aspekt, den ich doch so spannend finde, etwas zurück gestellt und ich muss mich nun erstmal mit der Gesellschaft beschäftigen, die nun auf Thornfield weilt.
    Ich bin mir noch nicht sicher, was ich von Rochester und Jane halten soll... Die arme Jane hat ja keine andere Möglichkeiten zum Vergleich, so dass ich schon recht gut nachvollziehen kann, dass sie Rochester anhimmelt. Aber bei Rochester sieht es anders aus...
    Zudem ist mir noch aufgefallen, dass ich doch sehr dankbar bin in der heutigen Zeit zu leben. Janes Leben stelle ich mir doch recht eintönig vor. Schließlich gibt es nicht viele Möglichkeiten etwas zu unternehmen und auch kaum Menschen...


    Ich hoffe, dass ich heute mehr Zeit zum Lesen finde und dann bald wieder mehr berichten kann...

  • Nachwuchsheldin,
    ich finde Sturmhöhe und Jane Eyre gar nicht vergleichbar.


    Ich bin jetzt im 34. Kapitel.


    Auf Seite 572 gibt es ein nettes Fundstück: St. John hielt ein Buch in den Händen - es war eine seiner ungeselligen Gewohnheiten, bei den Mahlzeiten zu lesen. :smile:


    Es hat ja nun schon wieder einen unglaubwürdigen Zufall gegeben, dass Jane ausgerechnet bei ihren einzigen lebenden Verwandten gelandet ist. Das ärgert mich allmählich mit Kollege Zufall.
    Ja, und wir lernen jetzt St. John besser kennen. Anfangs kam er ja recht sympathisch daher, aber nun zeigt sich, dass er ein fanatischer Egoist ist. Ich stecke gerade an der Stelle, wo er Jane

    für die allerunterste Schublade, so ein arroganter Schnösel! :grmpf:

    Bücher sind Magie zum Mitnehmen.

  • So ich habe nun bis (einschließlich) Kapitel 21 gelesen


    Ich hab mir ein paar Fragen und Anmerkungen notiert...(mein Kopf merkt sich im Moment leider nichts)


    Kapitel 18
    Ich frage mich wirklich, was die Frauen an Rochester finden.
    Blanche scheint ihn ja irgendwie wegen seines Vermögens anzuschmachten. Kann mir jemand weiter helfen, wie es mit ihrem Vermögen aussieht? Ich hab das irgendwie überlesen oder vergessen. Ich bin davon ausgegangen, dass sie auch wohlhabend ist, weshalb ich nicht verstehe, warum sie nicht einen der schnittigen Lynn Jungen Rocherster vorzieht.
    Besonders beeindruckend finde ich, dass Janes "Qualen" nicht aus Eifersucht oder ähnlichem entstehen, sondern aus der mangelnden Leidenschaft Rochesters gegenüber Blanches. Er sieht die Falschheit von Blanches Gefühlen und trotzdem (so denkt Jane) würde er sie heiraten. Und weil die Hochzeit nicht aus Liebe wäre, kann Jane ihre Gefühle zu Rochester nicht unterdrücken.
    Ich frage mich, warum sie so sicher ist, dass sie sie unterdrücken könnte, wenn die Hochzeit aus Liebe wäre...


    Gegen Ende des Kapiels wurde mir dann bewusst, das alle Bemerkungen Janes über die Hochzeit und die Art wie eine Hochzeit in solchen Kreisen sein sollte, reine Spekulation von Janes Seite aus sind.


    Jane nervt mich ein wenig im Moment. Blind vor Liebe sieht sie die Fehler Rochesters nicht mehr, man erkennt sie kaum wieder. Wo ist denn die Jane geblieben, die Dinge hinterfragt und sich nicht gleich einlullen lässt? Sie kennt Rochester doch im Grunde gar nicht, weiß nichts über seine Vergangenheit. Falls sie mal nachfragt, weicht er aus und sie gibt sich damit zufrieden.


    Ein weiterer Punkt, der mir aufgefallen ist,....Blanche ist irgendwie die heimliche Herrscherin der Gesellschaft. Wenn es um die Wahrsagerin geht, bestimmt sie, was zu tun ist. Tun das nicht normalerweise die Herren? (die mir im übrigen viel sympatischer sind)


    Kapitel 19
    Als Rochester versucht herauszufinden was Jane denkt (in Gestalt der Wahrsagerin), lässt sie sich nicht durch seine Fragen irritieren. Sie bleibt auf der Hut und plappert nicht einfach drauf los. Damit unterscheidet sie sich von den Damen der Gesellschaft.


    Die Kapitel 20 und 21 lassen mich mit vielen Fragen zurück.
    Welche Geschichte steckt hinter Grace Poole?
    Warum lässt Rochester sie bei sich wohnen? Was hat sie mit Mason zutun?
    Was weiß Mason über Rochester, was ihn gefährden könnte?
    Ich bin völlig ratlos.
    Und wird Jane mit ihrem Verwandten, der an Mrs. Reed geschrieben hatte, melden?


    :winken:

    &quot;Bücher sind Spiegel: Man sieht in ihnen nur, was man schon in sich hat&quot;<br />Carlos Ruiz Zafón<br />:lesen:


  • Grace Poole spielt da nach wie vor eine recht seltsame Rolle und dieser Mason ist verwundet worden. Irgendwie blicke ich momentan gar nicht durch, was das Ganze jetzt soll und was diese Personen und seltsamen Ereignisse mit der Geschichte zu tun haben. Ging es euch da auch so? Und klärt sich das alles noch auf?


    Ich bin auch völlig ratlos an dieser Stelle angekommen. Es ist alles so undurchsichtig und alle haben irgendein Geheimnis. Ich hoffe sehr, dass ich bald dahinter komme,...es macht mich ganz wuselig, dass ich es nicht weiß. :breitgrins:



    An alle, die bereits bis Kapitel 21 oder darüber hinaus gekommen sind:
    Was sagt ihr eigentlich zum Schicksal von John Reed? Mein erster Impuls war "das geschieht ihm nur recht", aber irgendwie tat mir seltsamerweise Mrs. Reed plötzlich leid. Erleben zu müssen, wie das eigene Kind sich zugrunde richtet und sich schliesslich umbringt ist hart. :sauer:


    So ging es mir irgendwie auch. Ich hatte auch gehofft, dass Jane der Kontakt zu den Reeds einfach nicht mehr zugemutet wird, aber sie will sich ja gerne versöhnen, nur Mrs Reed macht da nicht so mit. Zumindest scheint Jane mit sich selbst im Reinen zusein. Vielleicht war es gut, dass sie nochmal zurück geht.

    &quot;Bücher sind Spiegel: Man sieht in ihnen nur, was man schon in sich hat&quot;<br />Carlos Ruiz Zafón<br />:lesen:

  • So denn, ich bin jetzt auch fertig. :smile:


    Kurz vor Schluss bin ich noch auf diese "nette" Formulierung gestoßen: ... Adeles französische Charaktermängel... :breitgrins:


    Ich hatte schon Angst, Jane würde St. Johns Antrag dann doch noch annehmen. Als sie im letzten Moment die Kurve kratzt und sich aufmacht, um sich ein paar Klarheiten zu verschaffen, war ich recht erleichtert, es wieder mit der alten, zielstrebigen Jane zu tun zu haben.
    Was sie dann auf Thornfield vorfand, war wieder eine weitere Parallele zu DuMauriers Rebecca. Da ja nun auch praktischerweise die


    Mein 20seitiges ostdeutsches Nachwort enthielt dann noch einige geschichtliche Hintergründe über die Aufstände und Streiks der Handwerker im Rahmen der industriellen Revolution und die Rolle der Frauen, alles betrachtet vom ganz weit linken Standpunkt, sowie Informationen über die Familie Brontë, die waren interessant.

    Bücher sind Magie zum Mitnehmen.

  • Beim Tod von John Reed dachte ich mir auch kurzzeitig, jeder bekommt, was er vierdient. Und trotzdem tat mir die alte Mrs Reed ein wenig Leid, auch wenn ich ihr an Janes Stelle nicht vergeben hätte können.



    Zu den "Gefühlsduseleien":
    Die haben mich fast wahnsinnig gemacht


    Was ihr nur alle gegen ein bißchen Verliebtheit habt. :zwinker: Auch sonst eher verkopfte Menschen haben Gefühle, insofern finde ich das ganz gut so. :breitgrins:


    Ich glaube übrigens nicht, dass Jane nicht seine Geliebte sein will, weil sie ein "Gutmensch" ist. Ich denke eher, das hat viel mit den gesellschaftlichen Zwängen, aber vor allem mit ihrem eigenen Stolz zu tun. (Da ist doch diese Stelle, an der er von seinen Matressen erzählt und sie denkt, er würde später dann genauso von ihr reden oder so)


    Ninette:

    Zitat

    Ich frage mich, warum sie so sicher ist, dass sie sie unterdrücken könnte, wenn die Hochzeit aus Liebe wäre...


    Ich glaube eher, da geht es um das klassische "wenn er eine andere liebt, lasse ich ihn gehen, weil ich ihn liebe" oder so. Sie wäre wohl bereit unglücklich zu werden, so lange er glücklich ist.


    Mittlerweile habe ich das Buch beendet. Und ich werde es in einiger Zeit wohl nochmal im englischen Original lesen, wenn ich das auf die Reihe kriege. Weiter vorne hat vorhin irgednwer geschrieben, sie (er?) versteht nicht, warum Jane Eyre als eine der vielschichtigsten Figuren der Literatur bezeichnet wird, oder so. Geht mir ähnlich. Irgendwie hatte ich was anderes erwartet. *schulterzuck* Es hat mich auf jeden Fall gut unterhalten und nicht gelangweilt, las sich überraschend flüssig und nachdem es ein Happy End hat, bin ich eigentlich zufrieden.

  • Kapitel 18:


    Aber ich stelle mir so ausgedehnte Besuche doch anstrengend und langweilig für beide Seiten vor.
    Scharade und Wahrsagerei: Ohne Fernseher haben sie sich damals ja ganz schön viel Mühe gegeben, um die abendliche Unterhaltung sicherzustellen.


    Ich stelle mir das Leben dieser Gesellschaft auch eher langweilig vor. Aber wahrscheinlich kommt uns das nur in unserer heutigen Zeit so vor, weil wir viel mehr Möglichkeiten zur Beschäftigung haben. Zuerst hat es mich auch ein wenig verwundert, wieviel Aufwand für ein Scharadespiel betrieben wurde. Aber wenn man überlegt, wieviel Zeit sie haben und wie wenig andere Möglichkeiten, dann bringt dieser Aufwand doch sehr viel Abwechslung...



    Ich frage mich wirklich, was die Frauen an Rochester finden.
    Blanche scheint ihn ja irgendwie wegen seines Vermögens anzuschmachten. Kann mir jemand weiter helfen, wie es mit ihrem Vermögen aussieht? Ich hab das irgendwie überlesen oder vergessen. Ich bin davon ausgegangen, dass sie auch wohlhabend ist, weshalb ich nicht verstehe, warum sie nicht einen der schnittigen Lynn Jungen Rocherster vorzieht.


    Mich würden die Vermögensverhältnisse von Blanche auch interessieren, aber ich bin auch zu faul um noch mal zu suchen :redface: Ich meine mich wage zu erinnern, dass erzählt wird, dass bei einer Familie das Vermögen ein Fideikommiss (unveräußerliches und unteilbares Familienvermögen) war und dass daher der Sohn so gut wie alles geerbt hat und die Schwestern so gut wie leer ausgegangen sind. Aber ich weiß halt leider nicht, ob es sich dabei um Blanches Geschichte handelt.
    Außerdem meine ich mich zu erinnern, dass Rochester sich als Zigeunerin einen Spaß daraus macht Blanche zu erzählen, dass er gar nicht so ein großes Vermögen hat und sie darüber nicht gerade erfreut ist. Es kann also sehr gut sein, dass sie auf sein Vermögen angewiesen ist um ihre Stellung und Lebensstil zu behalten.


    Kapitel 19:
    Rochester als Zigeunerin fand ich sehr lustig! Besonders weil ich mir das Leben zu der Zeit eher steif vorgestellt habe und da passt so ein Spaß gar nicht hinein. Aber ich war zunächst doch sehr verwundert, warum man die Zigeunerin nicht einfach weg schicken konnte und woher sie mache Sachen aus der Kindheit der Damen wusste... Das hat sich ja nun aufgeklärt. Jedoch finde ich die Verkleidung von Rochester ein wenig unrealistisch. Ich kann mir kaum vorstellen, dass keiner etwas gemerkt haben soll. Schließlich kennen sie sich untereinander doch recht gut.
    Gespannt bin ich darauf, was es mit Mr. Mason auf sich hat und was wohl in Westindien geschehen sein mag...


    Kapitel 20:
    Ich habe ja ehrlich gesagt an Werwölfe und Vampire denken müssen :breitgrins: Schließlich ist Vollmond und es wird gebissen und Blut ausgesaugt!
    Auf die Auflösung dieser Geschehnisse bin ich schon sehr gespannt! Mir ist dabei übrigens aufgefallen, dass Jane zwar immer davon ausgeht, dass es sich um Grace Poole handelt, aber sie hat sie gar nicht gesehen und ich kann mich gerade nicht erinnern, dass Rochester bestätigt, dass es Grace Poole war...


  • Ich glaube übrigens nicht, dass Jane nicht seine Geliebte sein will, weil sie ein "Gutmensch" ist. Ich denke eher, das hat viel mit den gesellschaftlichen Zwängen, aber vor allem mit ihrem eigenen Stolz zu tun. (Da ist doch diese Stelle, an der er von seinen Matressen erzählt und sie denkt, er würde später dann genauso von ihr reden oder so)


    Ich denke, dass es für die Geschichte sehr wichtig ist, dass sie nicht seine Geliebte wird. Sie wäre dann nämlich komplett abhängig von ihm gewesen, weil sie selbst kein Geld gehabt hätte - und stellt euch mal vor, sie wäre dann schwanger geworden und er hätte sie vielleicht später verlassen... Ich glaube, sie wäre viel zu stolz gewesen, um auf Dauer von ihm abhängig zu sein. Aber weil sie Thornfield verlässt, kann sie unabhängig und selbstständig werden und ist ihm vom sozialen bzw. finanziellen Status her am Schluss sogar einigermassen ebenbürtig. Und vor allem kann sie ihn dann aus einer komplett eigenen, freien Entscheidung heraus heiraten und kann vollkommen hinter ihrer Entscheidung stehen. Ich glaube, wenn sie seine Geliebte geworden wäre, hätte sie ständig daran gezweifelt, ob es wirklich die richtige Entscheidung war. Auf jeden Fall gefällt es mir sehr gut, wie Jane sich entschieden hat. :zwinker:


    Ausserdem:

    Einmal editiert, zuletzt von Dani ()


  • Ich stelle mir das Leben dieser Gesellschaft auch eher langweilig vor.


    Hm, ich weiß nicht. Ist dir im Urlaub langweilig, wenn du "nur" lang schläfst, viel liest, ausgedehnte Spaziergänge machst und mit deiner Familie zusammen bist? Das ist doch auch erholsam. Das Leben damals war vielleicht einfach "langsamer" als heute, sicherlich auch eingeschränkter, aber das muss nicht unbedingt ein Mangel sein. Die vielen Möglichkeiten, die wir heute haben, machen es manchmal auch schwer, sich zu entscheiden und nicht das Gefühl zu haben, wichtige Dinge zu verpassen. Wobei ich es natürlich trotzdem gut finde, dass wir viele Möglichkeiten haben.


    Was hat Rochester eigentlich beruflich gemacht? Wird das irgendwo erwähnt? Ich finde das ja immer spannend, dass man bei solchen Bücher das Gefühl hat, die haben keinen Beruf, sondern sind einfach nur reich. (Da gebe ich zu, ein bißchen neidisch zu sein)


    [quote author=Dani]
    Aber weil sie Thornfield verlässt, kann sie unabhängig und selbstständig werden und ist ihm vom sozialen bzw. finanziellen Status her am Schluss sogar einigermassen ebenbürtig. [/quote]
    Meinst Du, eine Frau muss den Mann erst verlassen, um unabhängig zu werden?
    Wenn sie seine Geliebte geworden wäre und dann geerbt hätte (und nicht im Feuer gestorben wäre :zwinker: ), wäre sie doch genauso unabhängig gewesen? Und: Wenn sie ihn beim ersten Versuch geheiratet hätte/heiraten hätte können, wäre sie doch auch immer abhängig gewesen.
    Vielleicht war es einfach wichtig für sie, noch etwas anderes als Thornfield und Lowood kennenzulernen. Wenn ich grade so nachdenke, wäre es mir am liebsten gewesen, sie wäre dann mit ihren beiden Cousinen zusammengewohnt und hätte einfach eine Liason (schreibt man das so?) mit Rochester gehabt - ohne ihn zu heiraten. Aber das wäre vermutlich zu modern.

  • [size=3]Ich bin fertig[/size] und komme endlich wieder zum Schreiben.



    Ich denke, dass es für die Geschichte sehr wichtig ist, dass sie nicht seine Geliebte wird. Sie wäre dann nämlich komplett abhängig von ihm gewesen, weil sie selbst kein Geld gehabt hätte - und stellt euch mal vor, sie wäre dann schwanger geworden und er hätte sie vielleicht später verlassen... Ich glaube, sie wäre viel zu stolz gewesen, um auf Dauer von ihm abhängig zu sein. Aber weil sie Thornfield verlässt, kann sie unabhängig und selbstständig werden und ist ihm vom sozialen bzw. finanziellen Status her am Schluss sogar einigermassen ebenbürtig. Und vor allem kann sie ihn dann aus einer komplett eigenen, freien Entscheidung heraus heiraten und kann vollkommen hinter ihrer Entscheidung stehen. Ich glaube, wenn sie seine Geliebte geworden wäre, hätte sie ständig daran gezweifelt, ob es wirklich die richtige Entscheidung war. Auf jeden Fall gefällt es mir sehr gut, wie Jane sich entschieden hat. :zwinker:


    Ein wichtiger Gedanke. Allerdings, wie Baerbeline schreibt, wäre sie ja kurze Zeit später doch unabhängig gewesen, weil sie das Geld geerbt hat, aber das konnte sie natürlich nicht wissen. Aber es ist schon eine schreckliche Vorstellung, dass Unabhängigkeit immer auch mit Geld verbunden ist, oder? In meinem Nachwort ist Virginia Woolfs "Ein eigenes Zimmer" erwähnt, wo es auch um diese Problematik geht und auch über Jane Austen versus Charlotte Brontë und allgemein über Schriftstellerinnen zu dieser Zeit geschrieben wird. Ein sehr empfehlenswertes Buch!



    Ausserdem:


    Nein, da wäre sie ja schon mit Rochester in Frankreich oder sonst wo auf dem "Kontinent" (ich finde es immer so lustig, wenn die Engländer zum Festland "Europa" oder "Kontinent" sagen, als ob sie nicht dazugehörten) gewesen.


    Aber: Als Jane zurück nach Thornfield Hall gegengen ist hatte sie zwar schon Geld, aber sie wusste noch nicht dass Mrs. Rochester tot war. Hatte sie da nicht auch vor seine Geliebte zu werden? Ist Geliebte zu sein o.k., wenn man Geld hat?


    Ich finde das Ende übrigens blöd. Ich meine, ich freue mich schon, dass Jane doch noch mit Rochester zusammenkommt (das wollte ich ja schon von Anfang an :breitgrins:), aber dass Rochester in der Zwischenzeit so viele furchtbare Sachen zugestoßen sind, und vor allem, dass das quasi als Rache Gottes dargestellt ist, musste echt nicht sein. Insofern ist und bleibt das Buch doch stark in den Moralvorstellungen seiner Zeit bzw. der Religion verhaftet: Wenn man "Böses" tut, wird man dafür die gerechte Strafe erfahren. :rollen:


    Zu St. John: Was bin ich froh, dass sie nicht mit diesem furchtbaren Missionar nach Indien gegangen ist! Er ist doch der ichbezogenste und arroganteste Mensch überhaupt (für mein Empfinden ist er um einiges "gefährlicher" als Rochester) und trotzdem bewundert Jane ihn. Aber immerhin schafft Jane es, sich ihm und seinen Vorhaben zu widerstehen.


    Insgesamt kann ich zum Buch sagen, dass es (soweit ich das mit meiner Übersetzung beurteilen kann, allerdings haben mir die von euch zitierten englischen Stellen auch den Eindruck vermittelt) gut geschrieben ist. Durch die Art wie Charlotte Landschaften und vor allem Gebäude beschreibt, hat man den Eindruck dort zu sein. Mit den Menschen bin ich weniger zufrieden. Man konnte sich zwar auch alle ganz gut vorstellen, und ich finde auch, dass ein gutes Bild der Gesellschaft der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts gezeichnet wurde, aber bis auf einige Ausnahmen fand ich die Figuren furchtbar langweilig. Vor allem Jane selbst. Ich verstehe auch nicht, was an ihr so facettenreich sein soll. Sie stellt zwar einige gesellschaftliche Gegebenheiten und Zustände infrage (wie sie z.B. irgendwann im 1. Band richtig moderne, feministische Ansichten preisgibt) aber insgesamt bleibt sie doch sehr stark in den Vorstellungen ihrer Zeit verhaftet. Das Besondere an ihr ist halt, dass sie ein absoluter Gutmensch ist, das ist mir aber zu wenig. Ich mache Jane, oder besser Charlotte Brontë daraus keinen Vorwurf, sie ist halt ein Kind ihrer Zeit (wenn man davon absieht, dass sie als mittellose Frau Anfang des 19. Jhdts. Jahrhunderts so einen doch großen Roman geschrieben hat, was man sicher nicht unterschätzen darf. Bzw wollte Charlotte uns vielleicht auch einfach einen Eindruck ihrer furchtbaren Gesellschaft geben?). Aber ich hatte halt andere Erwartungen an den Roman bzw. vor allem an Jane Eyre.

  • Hm, ich weiß nicht. Ist dir im Urlaub langweilig, wenn du "nur" lang schläfst, viel liest, ausgedehnte Spaziergänge machst und mit deiner Familie zusammen bist? Das ist doch auch erholsam. Das Leben damals war vielleicht einfach "langsamer" als heute, sicherlich auch eingeschränkter, aber das muss nicht unbedingt ein Mangel sein. Die vielen Möglichkeiten, die wir heute haben, machen es manchmal auch schwer, sich zu entscheiden und nicht das Gefühl zu haben, wichtige Dinge zu verpassen. Wobei ich es natürlich trotzdem gut finde, dass wir viele Möglichkeiten haben.


    Tja, und in 150 Jahren werden sie uns bedauern, was wir doch im Jahr 2000 soooo langsam reisen mussten und dies nicht hatten und das nicht konnten. :zwinker:


    Kat,
    das mit St. John sehe ich genauso. Mir ist schleierhaft, wieso Jane bis zum Schluss so gut über ihn spricht. Naja, mit Mrs. Reed auf dem Sterbebett war sie ja auch seeeehr nachsichtig.

    Bücher sind Magie zum Mitnehmen.


  • Aber es ist schon eine schreckliche Vorstellung, dass Unabhängigkeit immer auch mit Geld verbunden ist, oder?


    Da hast Du Recht. Sicherlich kann man innerlich irgendwie auch unabhängig sein, wenn man arm ist, aber reich ist es auf jeden Fall einfacher.


    [quote author=kat]
    Hatte sie da nicht auch vor seine Geliebte zu werden? Ist Geliebte zu sein o.k., wenn man Geld hat?
    [/quote]


    Vom moralischen Standpunkt dieser Zeit aus gesehen vermutlich nicht. Aber sie will doch nur wissen, was aus ihm geworden ist. Ich glaube nicht, dass sie da sonst einen Plan verfolgt hat.
    Wenn man so will, hat Rochester sie ja davor gerettet, mit St. John zu gehen. Wobei das wieder so eine Stelle im Buch ist, bei der ich mir dachte, dass es noch unrealistischer gar nicht geht.


  • [quote author=Dani]
    Aber weil sie Thornfield verlässt, kann sie unabhängig und selbstständig werden und ist ihm vom sozialen bzw. finanziellen Status her am Schluss sogar einigermassen ebenbürtig.


    Meinst Du, eine Frau muss den Mann erst verlassen, um unabhängig zu werden?
    Wenn sie seine Geliebte geworden wäre und dann geerbt hätte (und nicht im Feuer gestorben wäre :zwinker: ), wäre sie doch genauso unabhängig gewesen? Und: Wenn sie ihn beim ersten Versuch geheiratet hätte/heiraten hätte können, wäre sie doch auch immer abhängig gewesen.
    Vielleicht war es einfach wichtig für sie, noch etwas anderes als Thornfield und Lowood kennenzulernen. Wenn ich grade so nachdenke, wäre es mir am liebsten gewesen, sie wäre dann mit ihren beiden Cousinen zusammengewohnt und hätte einfach eine Liason (schreibt man das so?) mit Rochester gehabt - ohne ihn zu heiraten. Aber das wäre vermutlich zu modern.
    [/quote]


    Ich dachte eigentlich nicht nur an ihre finanzielle Unabhängigkeit, sondern vor allem daran, wie Rochester sie behandelt. Ich hatte das Gefühl, dass er sie in den Wochen vor der Hochzeit eher bevormunden wollte und sie wie ein Püppchen behandelt hat. Das hat ihrem Charakter aber überhaupt nicht entsprochen und hat sie auch ein Stück weit in ihrem Stolz verletzt, denke ich. Als sie dann aber am Schluss zu ihm geht, da nimmt er sie schon viel eher ernst und behandelt sie als ein ebenbürtiges Gegenüber. Oder nicht? Naja, er ist ja am Ende sowieso nicht mehr in der Verfassung, wieder seine Spielchen mit ihr zu treiben. :zwinker: Auf jeden Fall denke ich, dass sie am Schluss nicht nur finanziell, sondern auch "innerlich" unabhängiger ist als vorher.



    Zu St. John: Was bin ich froh, dass sie nicht mit diesem furchtbaren Missionar nach Indien gegangen ist! Er ist doch der ichbezogenste und arroganteste Mensch überhaupt (für mein Empfinden ist er um einiges "gefährlicher" als Rochester) und trotzdem bewundert Jane ihn. Aber immerhin schafft Jane es, sich ihm und seinen Vorhaben zu widerstehen.


    Brrr, ich fand den auch schrecklich. Auch wenn das mit der Stimme von Rochester, die Jane gehört hat, unrealistisch ist, bin ich doch sehr froh über diese Wendung. :zwinker:



    Nein, da wäre sie ja schon mit Rochester in Frankreich oder sonst wo auf dem "Kontinent" (ich finde es immer so lustig, wenn die Engländer zum Festland "Europa" oder "Kontinent" sagen, als ob sie nicht dazugehörten) gewesen.


    Da hast du vermutlich Recht, soweit habe ich mir das gar nicht überlegt.



    [quote author=kat]
    Hatte sie da nicht auch vor seine Geliebte zu werden? Ist Geliebte zu sein o.k., wenn man Geld hat?


    Vom moralischen Standpunkt dieser Zeit aus gesehen vermutlich nicht. Aber sie will doch nur wissen, was aus ihm geworden ist. Ich glaube nicht, dass sie da sonst einen Plan verfolgt hat.
    Wenn man so will, hat Rochester sie ja davor gerettet, mit St. John zu gehen. Wobei das wieder so eine Stelle im Buch ist, bei der ich mir dachte, dass es noch unrealistischer gar nicht geht.
    [/quote]


    Ich glaube auch, dass sie nur sehen wollte wie es ihm geht.

  • Baerbeline und Dani: Ihr glaubt, sie wollte nur nachschauen, wie es ihm geht, nur um ihn dann wieder zu verlassen und ihm (und sich) noch einmal das Herz zu brechen? Ich weiß nicht....Außerdem hat sie ja seine Stimme gehört, das war für sie sicher ein Zeichen. Aber vielleicht wollte sie einfach wieder seine Dienerin sein, wäre ihr zuzutrauen. :zwinker:

  • kat
    Vielleicht hat sie auch gar nicht gross darüber nachgedacht was eigentlich passieren soll, wenn sie wieder in Thornfield bzw. bei Rochester ist...? Hm. Ich glaube ich muss das nochmal nachlesen gehen. :zwinker:

  • Ja, kann sein. Aber nicht nachzudenken passt eigentlich nicht zu unserer Jane. Obwohl, vielleicht hat die Stimme ihren Verstand verwirrt? :breitgrins:

  • Also mich persönlich würde es schon verwirren, wenn ich plötzlich Stimmen hören würde. :breitgrins: :zwinker:


    (Bei der Stelle mit der Stimme musste ich übrigens sofort an "Der Fall Jane Eyre" von Jasper Fforde denken. :breitgrins:)


  • kat
    Vielleicht hat sie auch gar nicht gross darüber nachgedacht was eigentlich passieren soll, wenn sie wieder in Thornfield bzw. bei Rochester ist...? Hm. Ich glaube ich muss das nochmal nachlesen gehen. :zwinker:



    Meiner Meinung nach hat sie nicht nachgedacht - auch wenn das total untypisch für sie ist.
    Allerdings könnte ich durchaus auch noch mal nachlesen gehen, ob es für was anderes Anhaltspunkte gibt.
    In ihrer Verliebtheit und vielleicht auch weil sie froh ist, St. John entkommen zu sein, dürfte ihr auch eine
    eingebildete Stimme als Grund ausreichen, zu Rochester fahren "zu müssen".


    Ich fand es als Bild ganz schön, dass Jane sich ihre Fahrt zurück bezahlen konnte und nicht wie bei ihrer
    Flucht auf die Almosen anderer angewiesen war. Für mich soll das ihre neu gewonnene Freiheit darstellen.
    Zumindest auf finanzieller Ebene ist sie ja durch die Erbschaft frei geworden - auf emotionaler Seite und
    auf ihre gesellschaftlichen Vorstellungen bezogen wohl eher nicht.


    Wie lang war eigentlich der Zeitraum zwischen Flucht und Rückkehr? Ich meine, an irgendeiner Stelle was
    von 3 Jahren gelesen zu haben, kann das aber auch verwechseln. Aus Janes Erlebnissen heraus schätze
    ich eher so ein knappes Jahr - und für den Zeitraum finde ich es schon krass, was Thornfield und Rochester
    so alles passiert.



    [quote author=Kat] Ich finde das Ende übrigens blöd. Ich meine, ich freue mich schon, dass Jane doch noch mit Rochester zusammenkommt (das wollte ich ja schon von Anfang an ), aber dass Rochester in der Zwischenzeit so viele furchtbare Sachen zugestoßen sind, und vor allem, dass das quasi als Rache Gottes dargestellt ist, musste echt nicht sein. Insofern ist und bleibt das Buch doch stark in den Moralvorstellungen seiner Zeit bzw. der Religion verhaftet: Wenn man "Böses" tut, wird man dafür die gerechte Strafe erfahren. [/quote]


    Und wenn man sich an die Gesetze Gottes hält, wird man sein Glück finden :rollen:
    Wenn man das ganze mal aus Janes Sicht umschreiben will....
    Spätestens an dem Punkt hab ich auch festgestellt, dass die Autorin fester in ihrer Epoche verwachsen war, als sie mit ihrer Geschichte über Jane Eyre
    uns glauben machen wollte.


    Ich hab mir immernoch keine abschließende Meinung zu dem Buch bilden können. Nur eines weiß ich genau: Ich hatte mir etwas anderes darunter
    vorgestellt - so mehr in Jane Austen-Richtung :redface:

    LG<br />Anne


  • Wie lang war eigentlich der Zeitraum zwischen Flucht und Rückkehr? Ich meine, an irgendeiner Stelle was
    von 3 Jahren gelesen zu haben, kann das aber auch verwechseln. Aus Janes Erlebnissen heraus schätze
    ich eher so ein knappes Jahr - und für den Zeitraum finde ich es schon krass, was Thornfield und Rochester
    so alles passiert.


    Von einem Jahr ist die Rede. Lustig, ich hatte nämlich dauernd das Gefühl, dass es nur ein paar Monate gedauert hat (wie lange war sie in Thornfield? Das war ja auch nur ganz kurz eigentlich, oder?).



    Ich hatte mir etwas anderes darunter
    vorgestellt - so mehr in Jane Austen-Richtung :redface:


    Ich auch! :five:


    Sagt einmal: Wer kennt hier Emilys Sturmhöhe? Wie ist das im Vergleich zu Jane Eyre bzw. zu den Austen-Romanen?