Michael Tietz – Rattentanz

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    Inhalt: Der 22. Mai ist ein ganz normaler Tag, nicht nur in Wellendingen im Südschwarzwald. Hans Seger muß mal wieder dienstlich nach Malmö, seine Frau Eva wird für ihren Dienst ins Krankenhaus nach Donaueschingen fahren. Am 23. Mai pünktlich um sieben Uhr morgens bricht die Katastrophe auf der ganzen Welt aus: sämtliche Computer versagen ihren Dienst und auf einen Schlag fallen Elektrizität, Wasser, Kommunikationsmittel und sonstige Steuerungssysteme aus, Flugzeuge stürzen vom Himmel. Es dauert nur wenige Stunden und in den Städten herrscht Anarchie: Geschäfte werden geplündert und Banken ausgeraubt, in Donaueschingen überlebt von einer Polizeistreife nur ein Mitglied den Mob in der Bank, aber auch das Polizeirevier ist nicht sicher, weil sich dort Waffen holen lassen. Binnen kürzester Zeit brechen Recht und Ordnung zusammen und das Gesetz des Stärkeren tritt an deren Stelle. Während sich auch im Donaueschinger Krankenhaus Dramen abspielen, geht es in Wellendingen etwas gesitteter zu, aber natürlich macht man sich auch dort Gedanken. Hier übernimmt Frieder Faust ganz ungewollt die Führung, als er das Dorf zusammenbringen kann, um die Toten aus dem abgestürzten Flugzeug zu begraben. In den Folgetagen merkt man aber auch im Dorf, daß sich die Zeiten wandeln, denn Überfälle, Lebensmitteldiebstähle und außer Kontrolle geratene Soldaten gehören zur Tagesordnung. Währenddessen befindet sich Hans Seger immer noch Malmö und hofft auf eine kurzfristige Normalisierung, um nach Hause zurückkehren zu können.


    Die gröbsten Übergriffe hören in Wellendingen nach einiger Zeit zwar auf, denn wie andere Orte es auch tun sperrt man die Zufahrtsstraßen und läßt nachts Wache gehen, aber die Strukturen im Dorf passen sich den neuen Bedingungen trotzdem nur langsam an. Nur wenige sehen die Notwendigkeit, Vorräte zu teilen, noch viel weniger, Mitleid gegenüber Mitmenschen zu üben, die hilflos sind, Mitarbeit in Ahlbickers Stall gegen eine Kanne Milch muß auch erst gelernt werden und natürlich gibt es auch jemanden, der sich als Bürgermeister aufspielt und politisches Kapital aus der Situation schlagen will als Retter und Leiter des Dorfes in der Krise. Viel bedenklicher ist aber die Anwesenheit von Martin Kiefer, der es nie verwunden hat, daß sich Eva von ihm hat scheiden lassen, um Hans Seger zu heiraten. Während alle versuchen, sich an die geänderten Lebensbedingungen anzupassen, bahnt sich hier ein weiteres Drama an. Und Hans sucht einen Weg nach Hause zu Frau und Tochter ...



    Meine Meinung: Gleich vorweg: Michael Tietz ist hier ein packender Endzeit-Thriller gelungen. Er erzählt in meist recht kurzen Kapiteln, dabei ständig die Perspektive zwischen seinen Handlungsorten und den Hauptpersonen wechselnd, was aber keineswegs störend war, sondern vor allem einen guten Gesamtüberblick verschaffte. Zwei entscheidende Aspekte werden im Gefolge dieses völligen Zusammenbruchs betrachtet. Der erste stellt die Frage danach, wie gut wohlstandsverwöhnte Menschen eigentlich mit einer Umwelt zurechtkommen (können), in der sie wieder auf ein fast mittelalterliches Niveau zurückgeworfen sind, was die Versorgungsmöglichkeiten und Hilfsmittel zur Bewältigung von Arbeiten aller Art betrifft. Hier schneiden die Leute im Dorf deutlich besser ab als jene in der Stadt, wobei ich nicht sicher bin, wie weit das wirklich trägt, aber es hatte hier vor allem auch eine dramaturgische Funktion, um die Unterschiede zu verdeutlichen, daher geht das in Ordnung.


    Die zweite und, wie ich fand, weitaus spannendere Frage beschäftigt sich mit den sozialen Strukturen. Wie lange halten die antrainierten Verhaltensmuster und Moralvorstellungen, wenn Recht und Ordnung völlig zusammenbrechen und keine Polizei mehr Schutzfunktionen wahrnimmt viel weniger diesen Schutz durchsetzen kann, weil sich die Polizisten erst mal selbst schützen müssen? Kann sich eine Gemeinschaft, die um ihr Überleben ringt und wo die Versorgung mit Lebensmitteln sowieso schon knapp ist, es sich leisten, Leute durchzuschleppen, die nur beschränkt oder gar nicht zum Gemeinschaftswohl beitragen können? Dafür gibt es in Wellendingen zwei Beispiele: einen Überlebenden des Flugzeugabsturzes, der tagelang völlig weggetreten ist, und den psychisch kranken Thomas, den Eva quasi aus Donaueschingen mitgebracht hat, Wie weit kann, und hier paßt dieser altmodische Begriff aufs Beste, Barmherzigkeit unter solchen Bedingungen geübt werden? Und was ist mit jenen, die könnten, aber nicht wollen, wie der Arbeitslose Uwe, der sich seit vielen Jahren auf die Stütze verlassen hat, oder der Anwalt Roland Basler, der seine eigenen Vorräte versteckt, um sie nicht teilen zu müssen, dummschwätzerisch durchs Dorf läuft und sich als wichtig aufspielt? Sind sie nicht sogar für die Gemeinschaft schlimmer als die Hilflosen? Und wie geht man eigentlich mit offensichtlichen Verbrechen um, wenn es keine geregelte Justiz und Gesetzbücher mehr gibt? Die Antworten, die Wellendingen und andere Orte auf solche Fragen finden (manche erlebt man auf Hans' Heimweg), sind durchaus bedenkenswert.


    Ich habe mich, gerade bei den wüsten und brutalen Anfangsszenen gefragt, ob die öffentliche Ordnung wohl wirklich binnen zwei Stunden so vollständig zusammenbrechen würde, oder ob Tietz hier nicht zu schwarz malt. Nun ist es schwierig, sich vorzustellen, daß wirklich alles an Systemen versagt, mehr als kurzzeitige, örtlich beschränkte Stromausfälle ist man ja eigentlich nicht gewöhnt. Vielleicht würde es nach zwei Stunden noch nicht so extrem wie hier dargestellt vonstatten gehen, ob die Ordnung allerdings sehr viel länger als von morgens bis mittags halten würde, wage ich nach reiflicher Überlegung doch zu bezweifeln. Bleibt natürlich die Frage, wie wahrscheinlich ein solches Szenario ist. Nun, wie Tietz selbst in seinem Nachwort ausführt, so ist es in dieser Gesamtheit doch eher unwahrscheinlich, aber wenn man die Diskussionen und Aufregungen um den Computerwurm Stuxnet verfolgt hat, der gezielt Steuerungssysteme von Siemens angriff, dann wird manches, was wir uns an Abhängigkeiten leisten, schon bedenklich, und das in diesem Roman gemalte Szenario ein Stück weit wahrscheinlicher.


    4ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:


    Schönen Gruß
    Aldawen

  • Danke für den Leseeindruck Aldawen.
    Ich habe ja schon auf deine Rezi gewartet. :smile:


    Das Buch bleibt auf meinem Wunschzettel, das möchte ich auch lesen :klatschen:


    LG Kati :winken:

  • Super Rezi, Aldawen,
    und sie spiegelt meine eigenen Überlegungen auf gelungene Weise wieder.
    Mir kamen die von Michael Tietz dargestellten Szenarien sehr lebensnah und authentisch vor. Er hat es wirklich verstanden verschiedene soziale Komponenten miteinander zu verknüpfen bzw. anhand der gegebenen Extremsituation zueinander aufzuführen. Da blieb einem beim Lesen/Hören schon manchmal die Luft weg, wenn man sich selbst fragen musste, ob es tatsächlich so krass kommen könnte. Beängstigend, aufrüttelnd, ohne überzogen zu sein, so wirkte dieser gut gestrickte Roman in seiner Gesamtheit auf mich. Trotzdem gabt es auch viel positives zu entdecken...


    Wer hier lieber zum Hörbuch greifen möchte, dem kann ich dies ebenso empfehlen. Denn ich persönlich fand die Hörbuchversion sehr gelungen. :smile:

    "Die Größe und den moralischen Fortschritt einer Nation kann man daran messen, wie sie ihre Tiere behandelt." Mahatma Gandhi

  • Viereinhalb Ratten von Aldawen? Eigentlich war ich überzeugt, hier ein paar negative Bewertungen zu finden, denn ich habe derzeit viel Mühe mit dem Buch und war sicher, dass ich nicht die Einzige bin, der das so geht bzw. ging. Aber nun eine einzige Bewertung und dann so positiv. Da muss ich wohl doch erst mal lesen, was Aldawen im Einzelnen geschrieben hat, obwohl ich das normalerweise lieber vermeide, um mir einen eigenen, nicht beeinflussten Eindruck zu verschaffen.


    Der Anfang der Geschichte war noch ganz gut, sprachlich nicht übel und sehr detailliert. Es erinnert mich an Stephen King. Inhaltlich ging es dann aber sehr schnell abwärts. Brutale Szenen wechseln sich beinahe ständig ab mit Klischees. Unvorstellbar, dass keine fünf Stunden nach dem Zeitpunkt X die Menge schon so aufgewiegelt ist, dass ein Polizeirevier gestürmt wird und Tote zurückbleiben. Während die unbescholtenen Bürger als sehr durchschnittliche Menschen dargestellt werden, erscheinen die Bösen als dumm, hässlich, skrupellos, gierig, machohaft... Einfach ein Sammelsurium aller negativen Attribute, die man sich nur vorstellen kann. Das ist plump und macht keinen Spaß. Immerhin ist der Anlass für den Stromausfall nachvollziehbar.


    Ich gebe dem Buch noch eine Chance, denn die Bewertung oben macht mir Hoffnung. Wenn gar nichts mehr hilft, werde ich die Rezi doch lesen und hoffentlich nachempfinden können, was die Geschichte so gut macht.


  • Ich gebe dem Buch noch eine Chance, denn die Bewertung oben macht mir Hoffnung. Wenn gar nichts mehr hilft, werde ich die Rezi doch lesen und hoffentlich nachempfinden können, was die Geschichte so gut macht.


    Nun hast du mich sehr neugierig auf deine abschließende Bewertung gemacht, Doris. Ich habe das Buch noch nicht gelesen, es aber unserer ältesten Tochter geschenkt, die ebenfalls sehr begeistert davon war. Sie fand es sehr realistisch und war entsetzt, dass es bei mir noch immer auf dem SuB liegt.


  • Nun hast du mich sehr neugierig auf deine abschließende Bewertung gemacht, Doris.


    Darauf bin ich auch schon gespannt. Es wird auf jeden Fall eine geben, selbst wenn ich das Buch abbreche. Müsste ich jetzt nach ca. 150 Seiten eine Zwischenwertung abgeben, wäre es eine Ratte.

  • Dann bleiben dir ja noch knapp 700 Seiten, um eventuell deine Ansicht zu ändern. Solltest du dabei bleiben, wird es mit Sicherheit ein Ansporn für mich sein es endlich in Angriff zu nehmen. Gerade Bücher, die so unterschiedlich bewertet werden, reizen mich oft.

    Einmal editiert, zuletzt von yanni ()

  • Ich kann mich erinnern, daß ich zwischen den ersten Gewaltausbrüchen und der später erfolgenden Neujustierung der Maßstäbe und Moralvorstellungen auch einen leichten Hänger hatte, das sollte Dich erst mal nicht abschrecken. Im weiteren Verlauf zieht die Story wieder an (fand ich). Und: Ja, die Bösen sind wirklich abgrundtief böse und gemein und überhaupt, aber das müssen sie sein, sonst käme es später nicht zu den Konflikten, an denen die – meines Erachtens – zentralen Fragen aufgehängt werden. Ich habe sie einfach mehr als Typen denn als Charaktere gesehen, daher ging das für mich dann auch in Ordnung.

  • Bei mir geht es derzeit nur schleppend voran. Das liegt in erster Linie an der mangelnden Zeit, ist aber leider für den Lesefluss nicht gerade vorteilhaft.


    Die Bösewichte sehe ich nun nicht mehr so negativ. Einerseits gewöhnt man sich mit der Zeit an sie und die sie umgebenden Klischees und beginnt, sie zu akzeptieren, andererseits bekommen auch sie in der Handlung ihr Fett ab. Es ist also nicht so einseitig, dass die "Guten" immer daran glauben müssen und die "Bösen" ungestraft tun und lassen können, was sie wollen. Entspannend finde ich die Lektüre aber überhaupt nicht. Ohne ein anderes, inhaltlich gemäßigtes Buch nebenbei könnte ich Rattentanz nicht lesen. Genau betrachtet ist es ein Endzeit-Szenario, und damit habe ich grundsätzlich Probleme. Zwar handelt es sich ursprünglich nur um einen Stromausfall, wenn auch global, aber letztlich führt er zu den gleichen Konsequenzen wie andere Bücher, die sich mit diesem Thema befassen, auch wenn eine andere Ursache vorausging.

  • Für mich ist nun bei Seite 384 Ende. Das ist die Stelle,



    Es war die Bestätigung, dass Michael Tietz wirklich nichts an Unmenschlichkeiten auslässt, was sich in der Handlung unterbringen lässt. Dabei bin ich noch nicht einmal in der Mitte des Buches angelangt. Einige Seiten vorher hatte ich mich schon wieder über Klischees geärgert, z. B. als sogar der Terrier irgendeines unangenehmen Zeitgenossen sadistische Züge offenbarte. An dieser Stelle begann es eigentlich, allmählich interessant zu werden, weil sich langsam Gruppen bildeten, nachdem den Leuten klar wurde, dass Einzelkämpfer nicht weit kommen. Deshalb habe ich auch noch weitergelesen bis eben zu jener besagten Stelle.


    Schade, denn grundsätzlich ist es ein interessantes Thema, wenn sich eine Gemeinschaft zusammenraufen und auf ihre menschlichen Fähigkeiten und alte Bräuche besinnen muss um zu überleben, weil die Technik ausfällt. Zwar glaube ich nicht, dass das Chaos in diesem Umfang schon nach so kurzer Zeit ausbricht, aber das lasse ich aus Gründen der Spannung noch durchgehen. Was mich aber maßlos stört, ist die übermäßige Vereinigung aller denkbaren negativen Eigenschaften bei den Personen, die den Part der Bösen übernehmen (wie z. B. die stinkende, pickelübersäte, tätowierte Nutte mit ungeputzten Zähnen). Tietz übertreibt in dieser Hinsicht viel zu sehr auf Kosten anderer Möglichkeiten, die Handlung voranzutreiben. Stattdessen ist er nach fast 400 Seiten noch immer am 3. Tag nach der Stunde Null, da bleibt wenig Hoffnung auf eine logische Entwicklung und Lösung des Konfliktes.


    Sprachlich gefiel mir das Buch gut, aber das alleine macht es leider nicht aus. Mich interessiert noch nicht einmal mehr, wie es ausgeht.


    2ratten

  • Ich muss sagen, dass mich diese beiden so gegensätzlichen Meinungen sehr neugierig auf das Buch gemacht haben. Vielen Dank für eure Eindrücke - das Buch subbt bei mir schon ewig und ich dachte anfangs erst, dass es sich um ein Jugendbuch handelt. Dem ist aber offensichtlich nicht so (keine Ahnung, wie ich darauf gekommen bin).

    Rechtsextremismus ist wieder salonfähig gemacht worden, durch CDU/CSU und FDP.


  • Genau betrachtet ist es ein Endzeit-Szenario, und damit habe ich grundsätzlich Probleme. Zwar handelt es sich ursprünglich nur um einen Stromausfall, wenn auch global, aber letztlich führt er zu den gleichen Konsequenzen wie andere Bücher, die sich mit diesem Thema befassen, auch wenn eine andere Ursache vorausging.


    Nach dem Lesen des Covertextes hatte ich eigentlich nichts anderes erwartet. Aber wie du so schreibst scheint die Gewalt sehr auszuarten. Dass dauerhafter Stromausfall bis zu einem Endzeitszenario ausarten kann, ist gut vorstellbar finde ich. Wie lange es allerdings dauern wird, bis es zu Gewaltausbrüchen kommen könnte, darüber habe ich mir noch keine Gedanken gemacht. Hängt ja auch von den Beteiligten ab, je nachdem wie niedrig ihre Hemmschwelle ist. Bisher habe ich glücklicherweise noch keinen wochenlangen Ausfall erleben müssen, aber einmal einen über ein ganzes Wochenende im Winter, ohne Heizung, Warmwasser und warmen Speisen, und einmal einen vierstündigen im gesamten Ort. Allein letzterer hat schon dazu geführt, dass so einiges aus dem Ruder lief.



    Wie ich oben bereits schrieb, hat deine Beurteilung das Buch ganz nach oben auf meiner Liste, der baldigst zu lesenden Bücher, katapultiert.


  • Nach dem Lesen des Covertextes hatte ich eigentlich nichts anderes erwartet.


    Na ja, den Covertext habe ich irgendwann mal überflogen, um überhaupt zu wissen, worum es geht. Aber ich vergesse das gerne immer wieder, um mich von der Handlung überraschen zu lassen. Hier ist es für meinen Geschmack eben zu sehr ausgeartet.



    Bisher habe ich glücklicherweise noch keinen wochenlangen Ausfall erleben müssen, aber einmal einen über ein ganzes Wochenende im Winter, ohne Heizung, Warmwasser und warmen Speisen, und einmal einen vierstündigen im gesamten Ort. Allein letzterer hat schon dazu geführt, dass so einiges aus dem Ruder lief.


    Einen vier- oder fünfstündigen Ausfall gab es bei uns auch schon einmal, das war an einem Sonntag im Herbst. Unser größtes Problem war, schnell genug eine Kanne Wasser auf den Holzofen zu stellen, damit wir wenigstens einen Pulvercappuccino kriegen. Die Zeit verbrachten wir mit Gesellschaftsspielen und hatten unseren Spaß dabei. Im Ort selbst gab es auch keine Pannen, jedenfalls hat keiner von etwas derartigem berichtet. Unser Glück war vielleicht, dass Sonntag war, aber ich bin sicher, dass auch an einem Wochentag niemand einen anderen abgeknallt hätte. In Rattentanz ging es nach fünf Stunden schon richtig rund.


  • Unser Glück war vielleicht, dass Sonntag war, aber ich bin sicher, dass auch an einem Wochentag niemand einen anderen abgeknallt hätte. In Rattentanz ging es nach fünf Stunden schon richtig rund.


    Der Tag spielt sicher eine Rolle. Am Sonntag haben Geschäfte geschlossen und vieles andere läuft auf Sparflamme. Wenn es landesweit einen anhaltenden Stromausfall geben würde, hätten wir zumindest nach ein paar Tagen ein Chaos. Denk allein an die Hamsterkäufe, die bereits stattfinden, wenn irgendwo eine Katastrophe geschieht, die die Landesgrenzen überschreiten könnte.
    Die Wasserversorgung wäre nicht mehr gewährleistet. Wir haben uns so abhängig von Strom gemacht.


    Dass nach 5 Stunden die Lage aber schon so eskaliert, kann ich mir jedenfalls nicht vorstellen.


  • Die Wasserversorgung wäre nicht mehr gewährleistet. Wir haben uns so abhängig von Strom gemacht.


    Du sprichst ein wahres Wort. Alles, was nur geht, wird mit Strom betrieben. Vielleicht hat das Buch ja den Nebeneffekt, dass sich mancher Leser mal über seinen Stromkonsum Gedanken macht.

  • Ich habe jetzt also vor ein paar Tagen Rattentanz begonnen und bin im Moment etwa auf Seite 160. Es ist noch der Abend des ersten Tages.


    Der Einstieg in das Buch gefiel mir gut und die Erklärung, wie es zu dieser Katastrophe kommen konnte, las sich sehr spannend und für mich überzeugend.
    Da ich nicht viele Seite am Stück lesen konnte, waren für mich die relativ vielen Nebenpersonen erst mal anstrengend. Das liegt sicher mit an den häufig wechselnden Schauplätzen. Nach welchen Gesichtspunkten hier das Schicksal der unterschiedlichen Personen geschildert wird, ist mir noch nicht recht klar. Wahrscheinlich sind es die Personen im Umkreis des Dorfes, die unter den herrschenden Bedingungen verletzt oder zu Tode kommen.


    Bis zu einem gewissen Maße kann ich mir die Eskalation im Polizeirevier noch vorstellen, allerdings geht es mir da wie Doris. Es passiert einfach alles viel zu schnell. Eben auch dass die Geschäfte nach wenigen Stunden bereits geplündert werden. Aber ich sehe das wohl immer noch nur unter dem Aspekt des Stromausfalls. Ich hätte genügend Wasser/Getränke um einige Tage durchzuhalten, aber nicht jeder ist immer bevorratet. Dazu kommt noch das Entsetzen, das die Menschen befällt, als sie sehen oder auch nur davon hören, dass einige Flugzeuge abgestürzt sind. Aber würde das wirklich schon ausreichen um die Lage nach wenigen Stunden in einer Kleinstadt derart ausarten zu lassen? Gefühlsmässig würde ich sagen nein, aber wenn nur eine kleine Gruppe ausrastet, würde das vielleicht doch ausreichen. Wenn die Menschen bereits in normalen Zeit nicht die Courage haben als Gruppe einem Bedrohten beizustehen, warum sollten sie sich dann in so einer Situation für das Eigentum eines anderen einsetzen?


    Seit einiger Zeit quäle ich mich eher von Seite zu Seite. Ich kann bisher mit keinem warm werden und die genaue Beschreibung der Vorkommnisse an so vielen Stellen ermüdet mich, was aber auch am derzeitigen Wetter liegen kann. :zwinker:

  • Den ersten Teil des Buches habe ich inzwischen gelesen. Als die Einwohner von Wellendingen sich zu organisieren begannen, steigerte sich meine Leselust wieder. Die bis dahin teils zusammenhanglosen Schilderungen von Einzelschicksalen ermüdete mich mit der Zeit. Nun kann man eine Entwicklung verfolgen. Auch im Krankenhaus in Donaueschingen war dies zu beobachten.


    Nur bei der Szene, in der Eva darauf bestand noch einmal umzukehren und ihr Gewissen zu beruhigen, das war mir eigentlich wieder zu viel des Guten. Gut, für nachfolgende Ver- und Entwicklungen von nöten, aber das hätte sich auch anders lösen lassen. Ein bischen mehr Egoismus wäre mir hier natürlicher erschienen. Aber es mag auch solche Menschen geben.


    Nach wie vor muss ich sagen, habe ich den Eindruck, dass die zeitliche Abfolge der Ereignisse etwas zu schnell ablief. Wenn der Autor die Eskalation ein oder zwei Tage später angesetzt hätte, wäre dies für mich ok. Zumindest in den kleineren Orten. Dass es bereits am ersten Tag zu Ausschreitungen kommt, ist für mich nachvollziehbar. Aber in so großem Ausmaß?


  • Viereinhalb Ratten von Aldawen? Eigentlich war ich überzeugt, hier ein paar negative Bewertungen zu finden, denn ich habe derzeit viel Mühe mit dem Buch und war sicher, dass ich nicht die Einzige bin, der das so geht bzw. ging.


    Tröste dich, du bist hier nicht die Einzige :winken: Ich bin auf Seite 200+ und bis jetzt nur mäßig begeistert. Von Anfang an überschlagen sich die Ereignisse, alles ist dramatisch erzählt und es scheint im Umkreis von Donaueschingen nur wenige Menschen zu geben, die sich nicht unnötig brutal verhalten. Sicherlich kann man nicht voraussehen, wie man sich in einer Extremsituation verhält, aber das erscheint mir übertrieben.


    Auch die Beschreibung der Ereignisse finde ich gewöhnungsbedürftig. Während hier das passiert, ereignet sich dort jenes und der Mensch, dem vorhin das zugestoßen ist, erlebt jetzt wieder etwas anderes. Die meisten sterben bis jetzt- wenn das so weitergeht, gibt es am Ende des Buchs keine Überlebenden.

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Die meisten sterben bis jetzt- wenn das so weitergeht, gibt es am Ende des Buchs keine Überlebenden.


    Bis zum Ende bin ich ja schon gar nicht mehr gekommen. An den Teil, den ich gelesen habe, kann ich mich kaum noch erinnern, aber Ja, Tote gibt es genügend. Es ist immer schade, wenn Autoren meinen, dass viele Opfer gleichbedeutend sind mit viel Spannung. Das stört mich bei Filmen genauso. Es ist schon vorstellbar, dass die Entwicklung eines globalen Stromausfalls in der Realität ähnliche Ausmaße annimmt, aber sicher nicht in dieser kurzen Zeit.