Tobias O. Meißner - Die Soldaten

Es gibt 10 Antworten in diesem Thema, welches 4.317 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Kirsten.

  • Tobias O. Meißner - Die Soldaten


    Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links


    Erstveröffentlichung in Deutschland: 2011
    Verlag: Piper
    Seiten: 512
    Bindung: Taschenbuch


    Klappentext:


    Die Festung Carlyr ragt über weites, unbekanntes Feindesland. Hinter ihren Mauern bedeutet ein einziger Fehler den Tod. Um nach einer gewaltigen Niederlage neue Soldaten auszubilden, wird Leutnant Fenna nach Carlyr versetzt. Doch der Norden hat seinen eigenen Schrecken zu bieten. Im verbrannten Land jenseits der Festung verbergen sich die Affenmenschen, die schon einmal einen großen Feldzug zum Scheitern gebracht haben. Und als Leutnant Fenna zusammen mit der unerfahrenen Akademieabsolventin Loa Gyffs seine Kompanie ins Land der Feinde führt, entdeckt er, dass die Wüste ein weitaus gefährlicheres Geheimnis birgt.


    Meine Meinung:


    Die Festung Carlyr im Nordosten des Kontinents ist Leutnant Fennas letzte Zuflucht, um traumatische Geschehnisse verarbeiten zu können. Das seelische Trauma hallt tief in ihm nach und dennoch sträubt er sich innerlich gegen den Auftrag, in Carlyr - so fern seiner Heimat - neue Soldaten auszubilden. In der Festung angekommen verstärken sich seine Zweifel noch mehr, denn die neuen Rekruten sind mehr als nur ahnungslose Frischlinge: die meisten von ihnen scheinen auf den ersten Blick völlig untauglich für den Militärdienst zu sein. Als wäre dieser Ärger nicht schon genug, wird Fenna die junge Akadamieabsolventin Loa Gyffs zur Seite gestellt und es ist fraglich, ob die beiden die ihnen Anvertrauten so gut ausbilden können, dass sie im Feindesland, dem Land der Affenmenschen, dem Land, in dem bereits ein großes Heer von den Feinden in seine Einzelteile aufgelöst wurde, bestehen können.


    "Die Soldaten" spielt zwar in der gleichen Welt, in der auch Tobias O. Meißners Mammutzyklus angesiedelt ist - man kann das Buch aber völlig unabhängig davon lesen und verstehen. Allerdings möchte ich jedem die Mammut-Saga wärmstens empfehlen. Wie man es von dem Autor gewöhnt ist, steckt mehr hinter dem Buch, als man es eigentlich erwartet. Übermäßiges Schlachtengetümmel oder oberflächliche Charaktere sucht man vergebens. Vielmehr konzentieren sich große Teile des Buches auf das Leben innerhalb der Festung und hier beesonders auf die Ausbildung der jungen Rekruten. Nicht selten fühlte ich mich an das großartige "Das Paradies der Schwerter" erinnert. Der Autor versteht es immer wieder, eigentlich langweilige Szenen - wie zum Beispiel der Besuch der Kantine - so interessant zu verpacken, dass man gar nicht merkt, wie schnell man die Figuren lieb gewinnt.


    Die Charaktere sind bis ins letzte Detail hervorragend ausgearbeitet. Es gibt kein Gut oder Böse, denn jeder Mensch hat für sein Handeln nachvollziehbare Beweggründe, die sich dem Leser nur nicht auf Anhieb offenbaren. Der beschriebene Alltag der Soldaten ist das, was den tatsächlichen Reiz des Buches ausmacht. Wie stark muss der Drill sein, damit es möglichst wenige menschliche Verluste gibt? Kann man das Verhalten in eskalierenden Notsituationen ausreichend üben? Wer bleibt auf der Strecke? Der Schwächste? Der Tapferste? Der Klügste? Der Krieg macht keinen Unterschied zwischen groß und klein, der Hautfarbe oder dem Geschlecht. Der Krieg ist ein Allesfresser, der einen vergessen lässt, Mensch zu sein und man fragt sich, wie zivilisiert eine Welt sein muss, um die Bedeutung des Wortes "Krieg" nur noch in einem Geschichtsbuch nachschlagen zu müssen.


    Fans des Autors werden kaum davon überrascht sein, wie kritisch Tobias O. Meißner sich zum aktuellen Weltgeschehen in diesem Fantasygewand äußert. Leser, die einen epischen Roman über große Helden und Schlachtengetümmel lesen wollen, in der am Ende die "Guten" siegen, werden vielleicht enttäuscht sein - oder aber ihnen werden die Augen für eine ganz neue, wunderbare Welt geöffnet. Die Welt des Tobias O. Meißner. Kaufen! Lesen!


    5ratten

    Rechtsextremismus ist wieder salonfähig gemacht worden, durch CDU/CSU und FDP.

  • Meine Rezension:


    Leutnant Eremith Fenna verflucht seinen Befehl. Gerade aus dem Lazarett in Chlayst entlassen, erhält er von seinem Hauptmann den Auftrag, in die entlegene Festung Carlyr zu reisen um dort neue Rekruten auszubilden. Fenna protestiert zunächst, folgt schließlich aber seinem Befehl. Und verflucht ihn. Die abgelegene Festung Carlyr bewacht den Zugang zum Feindesland im Norden und ist katastrophal unterbesetzt. Nicht nur die besten Soldaten aus Carlyr haben ihr Leben bei einem Feldzug in das nördlich gelegene Land der Affenmenschen verloren, sondern auch die meisten anderen Soldaten auf dem Kontinent. So sieht sich Fenna bald mit den unwahrscheinlichsten Rekruten konfrontiert, die er von Null an ausbilden soll. Dabei erhält er Unterstützung von Leutnant Loa Gyffs, die direkt von der Militärakademie kommt und wie die Rekruten keinerlei Kampferfahrung besitzt. Ist Fenna zunächst noch entsetzt über den Zustand seiner Schützlinge, beginnt er sich doch bald wie ein Vater um sie zu sorgen und vergisst völlig, seinen Befehl zu verfluchen.


    Auch wenn die Leser zunächst mit der gleichzeitigen Einführung zu vieler Figuren ebenso überfordert sind wie Fenna mit deren Ausbildung, so schafft es der Autor doch, dass sich schnell eine Beziehung zu den einzelnen Soldaten aufbaut. Wie es der Titel „Die Soldaten“ verrät, stehen diese Figuren im Mittelpunkt des Buches. Es geht nicht so sehr um das Schlagen von heroischen Schlachten und das Erlangen von Ruhm und militärischen Ehren, als um die Menschen, die sich für eine solche Aufgabe freiwillig melden, oft ohne zu wissen, was ihnen abverlangt wird und was sie erwartet. Der Autor Tobias O. Meißner verwendet viel Zeit und Mühe darauf, jede Figur individuell zu gestalten, mit einer Hintergrundgeschichte auszustatten und sie eine glaubhafte Entwicklung durchlaufen zu lassen. So meldet sich der etwas ältere Breff Adirony Teppel zur Armee, weil seine beiden Söhne beim Affenmenschenfeldzug ihr Leben gelassen haben und er glaubt, ihnen dies schuldig zu sein. Bald schon müssen Breff, Fenna und die Leser aber erkennen, dass er den Strapazen des Soldatenlebens nicht gewachsen ist. Und auch einige der anderen Soldaten verlieren, wenn es ernst wird, trotz allem vorherigen Drill und aller Bemühungen die Nerven und zeigen, dass sie eben auch nur Menschen sind und keine Kampfmaschinen.
    Und ernst wird es in „Die Soldaten“. Auch wenn sich der größte Teil des Buches mit der Ausbildung und der Entwicklung der angehenden Soldaten und der Leutnants Fenna und Gyffs befasst, haben es die zwei geschilderten Missionen ins Feindesland doch in sich. Baut sich während der ersten Mission noch eher ein leises Unbehagen angesichts des unbekannten Landes auf, der sich letztendlich in einem Angriff entlädt, so stehen die Soldaten um Fenna bei der zweiten Mission schließlich einem unbezwingbaren Feind gegenüber. Soll man im Angesicht einer erdrückenden Übermacht den Befehl verweigern und lieber sein Leben und das seiner Truppe retten, oder dem Befehl gehorchen, auch wenn man ihn verflucht, und als pflichtbewusster Soldat in den sicheren Tod gehen? Dieser Frage muss sich Eremtih Fenna stellen und dieses Mal macht er sich die Antwort nicht leicht.


    Meißners minutiöse Beschreibungen entfalten in diesen Situationen ihre ganze Wirkung. Doch nicht nur der entscheidende Kampf und die vorangehenden Konfrontationen werden von dem Autor detailliert beschrieben, sondern er widmet die gleiche Umsicht auch dem soldatischen Alltag in der Festung Carlyr. Dem Gang zur Schneiderin und der Stimmung in der Messe wird die gleiche Wichtigkeit eingeräumt wie den Wettkämpfen unter den Soldaten und den Missionen ins Feindesland. Wer sich von „Die Soldaten“ hauptsächlich viel Action und große Schlachten verspricht, wird von diesem Buch daher vermutlich enttäuscht sein. Wer aber eine sehr eindrucksvolle, stimmige und detaillierte Geschichte über das Leben eines Soldaten sucht und auch dem Alltagstrott außerhalb von Kriegszeiten seine Aufmerksamkeit schenken kann, wird in „Die Soldaten“ mehr als nur reine Unterhaltung finden und auch einige Parallelen zu Militäreinsätzen in unserer Zeit finden.


    Besonders zu empfehlen ist „Die Soldaten“ für alle, die bereits den Zyklus „Im Zeichen des Mammuts“ des Autors gelesen haben. Sind dort der Feldzug gegen die Affenmenschen und auch die Affenmenschen selbst im Hintergrund ständig als diffuse Bedrohung präsent, erfährt man in „Die Soldaten“ noch einiges mehr über diese verhängnisvolle Schlacht und bekommt erstmals auch die Affenmenschen zu Gesicht. Umgekehrt kennt man aber auch als Mammut-Leser einige Hintergründe, die den Geschehnissen in „Die Soldaten“ eine tiefere Bedeutung verleihen. Aber auch ohne vorher Meißners großen Fantasy-Zyklus gelesen zu haben, ist „Die Soldaten“ ein hervorragendes Werk, das sich auch alleine gut lesen lässt. Und vielleicht bekommt der ein oder andere Leser danach doch noch Lust, tiefer in den Kontinent vorzudringen und mit dem Mammut auf Ursachenforschung zu gehen.


    4ratten

    Life is so much cleaner on the page.

  • Das war das erste Buch, daß ich von Tobias Meißner gelesen habe - danke an nimue für die Leihgabe.


    Ich habe damals, als ich die beiden vorigen Rezis gelesen habe, lange überlegt, ob mir das Buch denn wirklich gefallen würde, ich hatte z.B. bei dieser Beschreibung so meine Zweifel, ob das was für mich ist:

    Vielmehr Konzentrieren sich große Teile des Buches auf das Leben innerhalb der Festung und hier besonders auf die Ausbildung der jungen Rekruten.


    Aber weit gefehlt, das Buch ist einfach toll! Der Autor hat eine wunderbare Art zu erzählen, und ja, das hier kann ich dick unterstreichen:


    Der Autor versteht es immer wieder, eigentlich langweilige Szenen - wie zum Beispiel der Besuch der Kantine - so interessant zu verpacken, dass man gar nicht merkt, wie schnell man die Figuren lieb gewinnt.


    Bereits nach den ersten Sätzen hatte ich die Szenerie lebendig vor Augen und das zog sich durch das ganze Buch hindurch. Ich hätte wirklich nicht gedacht, daß ich ein halbes Buch, in dem es eigentlich nur um die Ausbildung der Soldaten geht, so spannend finden würde - aber wie schon geschrieben, das schafft der Autor durch seine lebendige Erzählweise und der tollen Darstellung seiner Charaktere sehr gut. Jeder Handlungsträger hat seine hellen und dunklen Seiten, seine Stärken und Schwächen; und dadurch wachsen sie einem sehr schnell ans Herz.


    Und dann immer wieder die geheimnisvolle Felsenwüste, die hinter dem Nordtor der Festung Carlyr beginnt - keiner weiß genaues über diesen Landstrich, keiner hat die ominösen Affenmenschen persönlich gesehen, seltsames Getier, das dort hausen soll ... das alles wird so geschickt eingestreut in die Handlung, daß es einem regelmäßig die Nackenhärchen sträubt.


    Als es dann zum ersten Einsatz in die Felsenwüste geht, gibt es keine wilden Action-Szenen, sondern ein ganz subtiles Gruseln, das einen das Buch nicht mehr aus der Hand legen läßt.


    Von mir gibt es daher 5ratten

    Liebe Grüße

    Karin

  • Wow! Schon durch! Wie schön - und natürlich noch viel schöner, dass Dir das Buch auch so gut gefallen hat :jakka:

    Rechtsextremismus ist wieder salonfähig gemacht worden, durch CDU/CSU und FDP.

  • Habe meine Rezi ja noch gar nicht online gestellt:


    Eremith Fenna ist Leutnant der Stadtgarde im mit Gift verseuchten Chlayst. Nach mehrmonatigen Lazarettbesuch wird er in den Norden geschickt, um neue Rekruten in der Festung Carlyr auszubilden. Diese Festung ist nämlich das Einzige was zwischen dem Affenmenschenland im Nordosten und den Ländern südlich der Kjeerklippen steht. Nachdem die Königin vor wenigen Monaten einen Feldzug gegen die Affenmenschen gestartet hatte, bei dem fast alle Soldaten tödlich verendeten, ist die Bastion nun unterbesetzt und Fenna soll die leer getöteten Ränge wieder auffüllen.
    Zu Beginn verflucht der Chlayster noch seinen Befehl, doch schon bald wächst er richtig in seine Aufgabe hinein und nimmt sich vor, seinen Grünhörnern sämtliche Kniffe beizutragen, die er selbst erlernt hat. Bei der Kompanie handelt es sich um einen bunten Haufen mit vielen gut ausgearbeiteten Charakteren.
    Im Laufe des Buches wird Fenna dann noch ein zweiter Hauptcharakter an die Seite gestellt:
    Die Akademieoffizieren Loa Gyffs, die ab sofort gemeinsam mit ihm das Kommando über die dritte Kompanie führt.


    "Die Soldaten" ist in zwei große Teile gespalten: Zum einen die Ausbildung, die für den Leser sehr unterhaltsam ist und in dem man die vielen Charaktere kennen, mögen und hassen lernt. Im zweiten Teil werden dann die Soldaten mit dem blankem Ernst im Feindesland konfrontiert, das einige Überraschungen bereithält und für düstere Stimmung sorgt. In jedem Moment liegt die Gefahr greifbar in der Luft.


    Bei dem Titel des Romans "Die Soldaten" mag der Leser sofort an epische Schlachten, Gemetzel und den Untergang ganzer Reiche denken. Wer so etwas erwartet ist bei diesem Roman fehl am Platz. Tobias O. Meißner gehr rar mit Action um, und zeigt das eindringliche Soldatenleben. Denn Soldaten sind Menschen keine Maschinen von Königinnen und Fürsten und so behandelt er in seinem Buch durchaus aktuelle Themen wie Befehlsverweigerungen, Desertion und die Sinnlosigkeit des Krieges. Durch seinen außergewöhnlichen Schreibstil hat er es geschafft mich von der ersten Seite an zu fesseln und dem atmosphärischen Finale noch lange nachhängen zu lassen. Für mich zählt dieses Buch zu den Besten des Jahres und kann bloß weiterempfohlen werden. Deshalb für mich ein klarer :tipp:

  • Das Soldatensein - authentisch und nachhaltig


    In diesem Roman geht es vorrangig - wie der Titel schon sagt - um Soldaten, um das Soldatensein. Dass die Handlung in einer Fantasywelt spielt ist nahezu nebensächlich, sie dient lediglich als Verkleidung des Eigentlichen.
    Die Verkleidung der grundlegenden Idee, dem Soldatensein, stellt die fiktive Welt dar, die im Epos IM ZEICHEN DES MAMMUTS angesiedelt ist und lässt stets Projektionen auf unsere Realität zu, wodurch die Geschichte an Glaubwürdigkeit gewinnt und zunehmend nachdenklich macht.
    Dieser Roman steht für sich alleine und ist ebenso für Nicht-Fantasy-Leser geeignet.
    Tobias O Meißner setzt sich hier mit unterschiedlichen Themen und Fragen auseinander, die mit dem Soldatensein unmittelbar verbunden sind:


    Wie geht ein Soldat (Mensch) mit äußerst bedrückenden Erfahrungen um?
    Als Beispiel steht hier ein Leutnant, der bereits vierzehn Jahre im Dienst ist. Er wurde versetzt aus seiner Heimat, die sich in ein Katastrophengebiet verwandelte, wo die Menschen wegsterben, weil sich die Luft in Gift verwandelte und >>jeder Atemzug war, als würde man rotglühende Nadeln in sich hinein schlürfen.<< Immer wieder wird er in seinem neuen Posten, der Festung Carlyr, von Albträumen heimgesucht, immer wieder begegnen ihm die unschuldigen Opfer, denen er hilflos beim Sterben zusehen musste.


    Mit welchen Motiven melden sich Menschen freiwillig, um in Dienst der Armee zu treten und wie entwickeln sie sich in ihrer Ausbildung?
    Hierzu werden Personen unterschiedlichster Art beschrieben. Jede Person reagiert auf gegebene Situationen oder bestimmte Erlebnisse anders. Durch diese Charakterisierung und Vielschichtigkeit, werden die Figuren als Menschen und nicht als bloße Statisten dargestellt, was der Geschichte insgesamt auch diese Authentizität verleiht.
    Wer und wie viele dieser Freiwilligen und schließlich vereidigten Soldaten haben es wirklich ernst damit gemeint, Soldat zu werden? Wie vielen war es bewusst, welches Risiko sie mit ihrer Verpflichtung eingehen? Wie viele würden ihre Entscheidung am liebsten wieder rückgängig machen, weil sie sich selbst überschätzt haben, weil sie die Realität nun doch viel härter trifft als die Theorie?
    Dieser letzten Frage stellt sich auch ein zweiter weiblicher Leutnant, der gerade frisch aus seiner eigenen Ausbildung kommt, um dem oben erwähnten Leutnant bei der Ausbildung der freiwillig gemeldeten Personen zu unterstützen.


    Wie reagieren all diese Soldaten auf lebensbedrohliche Situationen, auf Gefechte, die auf Leben und Tod gehen, oder gar auf Himmelfahrtskommandos? Wie kritisch gehen verantwortliche Soldaten mit undurchsichtigen, wie auch mit überschaubaren Befehlen um? Können Begründungen für erteilte Befehle Glauben geschenkt werden, oder verbergen sich hinter den Befehlen anderweitige Motive, die man gar vertuschen möchte? Wie unterschiedlich wird mit der Verantwortung gegenüber anderem Leben umgegangen?
    Immer wieder werden die Soldaten auf die Probe gestellt, indem sie immer wieder aufs Neue ihre Treue, ihr Pflichtbewusstsein, ihren Eid beweisen müssen. Doch so einfach ist das mit dem Beweisen nicht, da Soldaten nicht einfach nur Maschinen sind. Zweifel und Konflikte kommen mit aus Erlebtem herausgewachsenen Ängsten auf. Die Soldaten müssen sich entscheiden zwischen bindenden Befehlen, ihrem Treue-Eid und eigenen Interessen, Gefühlen oder Überlegungen, wobei ersteres - wie auch in Wirklichkeit - in der Regel die Oberhand behält.


    Die erste Hälfte des Buches beschäftigt sich mit der Ausbildung der neuen Soldaten und wirkt noch wie ein Spiel, in dem man als Leser Zeuge einer sehr gelungenen Mischung aus Spaß und Humor, Herausforderungen, Rivalitäten nicht nur unter Gleichrangigen, Drill, aber auch rätselhafter und bedrückender Träume und Erzählungen wird.
    Tobias O Meißner hat in diesem Roman für meinen Geschmack eine wunderbare Figur geschaffen, bei der man bei fast jedem Auftritt unwillkürlich lachen oder zumindest schmunzeln muss, weil er einfach alles und nichts ins Chaos zu stürzen vermag.
    Dieser in Teilen humorvollen, verspielten und eher lockeren ersten Hälfte folgt im fließenden Übergang der ernstere zweite Teil, in dem die Soldaten das Feindesland betreten sollen. Hier geraten die Soldaten nun unter höher werdender psychischer Anspannung. Diffuse Erscheinungen oder Phänomene könnten die Soldaten mit Ehrfurcht bewundern, würden sie sich nicht im erklärten Feindesland befinden und demzufolge hinter allen Unbekannten Gefahren befürchten. Wie hier in großartiger Weise mit den Grenzen der psychischen Belastungstoleranz gespielt wird zeigt nur, mit welchem Feingefühl, mit welcher Menschenkenntnis und vor allem mit welcher Empathie Tobias O Meißner sein Handwerkszeug umzusetzen versteht.
    Vermehrt kommen nun auch Fantasy-Elemente hinzu, die sich jedoch allesamt im Rahmen des Realismus halten. Magier zum Beispiel sind - wie auch im "Mutter-Epos" IM ZEICHEN DES MAMMUTS - keine Allmächtigen, die im Handumdrehen ein Geschehen auf den Kopf stellen können, ihnen sind Kräfte und Fähigkeiten begrenzt, wodurch sie ebenso antastbar sind wie Normalsterbliche. Ungeheuer und Fabelwesen werden gesichtet und mit manchen müssen sogar Gefechte geführt werden, denen ebenso realitätstreue Handlungen unterliegen, in denen sich beispielsweise kein Soldat zum Überhelden entpuppt oder sich das Ungeheuer als unschlagbares Wesen erweist.


    In diesem Roman erscheinen einige Geheimnisse, Rätsel und Phänomene aus IM ZEICHEN DES MAMMUTS, viele werden aber nur angerissen und angedeutet. Wer Gefallen oder Interesse gefunden hat an dieser Verkleidung, dem ist der Zyklus nur wärmstens zu empfehlen, denn in diesem Zyklus stehen diese Phänomene zentraler als in DIE SOLDATEN.


    Die Wirklichkeitsnähe trotz Fantasykleidung, die Ehrlichkeit ohne Bloßstellung oder jemandem zu nahe zu treten, die Intensität der vielseitigen und abwechselnden Atmosphäre sowie die exemplarische Tiefzeichnung von Charakteren macht diesen Roman zu etwas ganz besonderen - nicht nur unter dem Fantasy-Genre.
    Konsequent wird hier Qualität geboten, vom Anfang bis zum Ende, in dem Tobias O Meißner genau die richtigen Worte findet, um das - für mich zentral stehende Thema um das Soldatensein - ausgezeichnet abzurunden, sodass jeder AUFMERKSAME Leser mit unterschiedlichsten Gefühlen und mit Sicherheit nachdenklich zurück gelassen wird.


    5ratten

    Einmal editiert, zuletzt von Magnhor ()

  • Nachdem ich mit disem Buch durch war, habe ich eine Weile überlegt, ob es mir nun gefallen hat oder nicht. Einerseits verstehe ich, warum sich das Buch lt. Autor nicht so gut verkauft hat wie erwartet, andererseits denke ich "Ja, sind wir denn von Banausen umgeben?".


    Positiv hervorheben möchte ich in "Die Soldaten" den Meißnerschen Perfektionismus was Charakterisierung der Personen, die Details und den Schreibstil angeht. Besser gehts nicht. Die Bücher von Tobias O. Meißner sind in meinen Augen stets Schoko-Sahne-Torten inmitten von schnöden Blechkuchen.


    Negativ - und auch wieder nicht, kommt darauf an, was man erwartet hat - fand ich, dass es zu lange dauerte, bis endlich mal etwas passierte. Die Ausbildung von Rekruten ist an sich ja eigentlich unspannend, die werden gedrillt etc. Richtig spannend wird es erst, wenn sich die Soldaten ins Feindesland begeben. Der Ausflug dorthin hatte etwas vom "Picknick am Wegesrand" von den Strugazkis - kein fassbarer Feind in Sicht, aber trotzdem muss man darauf achten, wohin man tritt. Ich glaube, es hängt viel von der Stimmung ab, in der man das Buch liest. Ist man gut gelaunt, macht es einem nichts aus, den Soldaten bei Kampfübungen zuzusehen, ist man dagegen angespannt und frustirert, werden die Szenen schnell zu lang.


    Fazit: Für "Mammut"-Fans ein Muss, für Action-Fans nicht.


    4ratten


    ***
    Aeria

  • ui, hab ich mienen Kommentar hier noch nicht gepostet? Ich durfte das Buch auch in der Leserunde lesen :zwinker:


    Leutnant Fenna soll einen Trupp Rekruten ausbilden. Auf der Festung Carlyr, dem letzten Posten vor dem wilden Affenland. Doch durch den vorhergegangenen Krieg gegen die Affenmenschen mangelt es an tauglichen jungen Männern und Frauen für die Armee. Fenna steht vor einem Haufen, wie er ihn sich wohl nicht hatte vorstellen können: zu dick, zu lang, zu klein, zu jung, zu alt – kaum einer entspricht dem Bild, das man sich von einem idealen Soldaten macht. Aber Fenna ist fest entschlossen, die Aufgabe zu bewältigen und aus den Männern eine funktionierende (halbe) Kompanie zu machen!
    Die einzelnen Charaktere werden wunderbar detailliert herausgearbeitet, so dass man als Leser trotz der großen Anzahl der Personen recht schnell weiß, wann von wem die Rede ist.
    Sehr ausführlich wird die Ausbildung und der tägliche Drill in der Festung beschrieben, mit dem vorläufigen Höhepunkt eines Wettkampfs zwischen Fennas dritter Kompanie und den „Elitesoldaten“ der ersten Kompanie. Ob die zu diesem Zeitpunkt schon richtig liebgewonnenen Außenseiter da eine Chance haben?
    Doch letztendlich ist all die Übung ja nicht für interne Wettbewerbe, sondern für den Einsatz im Feindesland. Das Affenland gibt dabei allen Beteiligten reichlich Rätsel auf. Kaum einer hat bereits einmal einen leibhaftigen Affenmenschen gesehen, doch es kursieren die wildesten Gerüchte. Und auf dem letzten Feldzug wurde fast eine ganze Armee dort vernichtet – wie konnte es dazu kommen?


    Es war mein erstes Buch des Autors und ich habe es eigentlich nur aufgrund der Leserunde gelesen, der Titel hätte mich sonst wahrscheinlich eher abgeschreckt, darunter hatte ich etwas anderes erwartet. So war ich positiv überrascht von der sehr durchdachten Handlung und den detailliert beschriebenen Charakteren. Das Buch regt auch durchaus zum Nachdenken an. Ist alles Unbekannte gleich der Feind und muss deswegen vernichtet werden? Gehört zum Soldat sein wirklich dazu, jeden Befehl bis zum eventuell bitteren Ende zu befolgen?
    Das Buch kann völlig unabhängig von anderen Büchern des Autors gelesen werden.

    LG, Dani


    **kein Forums-Support per PN - bei Fragen/Problemen bitte im Hilfebereich melden**

  • Meißner, Tobias O. - Die Soldaten


    Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links


    Leutnant Eremith Fenna wird in die Festun Carlyr versetzt, einem Posten direkt an der Grenze zum Territorium der Affenmenschen. Er soll dort eine Gruppe von Rekruten, einen Haufen Grünhörner, ausbilden, welche die stark ausgedünnte Besatzung der Festung verstärken sollen. Im Gegensatz zum Kommandanten ist er überzeugt, dass seine Truppe von Individuen (Außenseiter, Chaoten,...) zu guten Soldaten werden kann und so tut er sein Bestes, sie körperlich in Form zu bringen, in verschiedenen Waffen zu trainieren und sie zu einer Einheit werden zu lassen. Unterstützung bekommt er dabei von Leutnant Gyffs, die frisch von der Akademie zu ihnen stößt und versucht, mehr militärische Disziplin in den Haufen zu bringen.
    Schließlich geht es auf zur ersten Mission ins Feindesland, welche Gefahren werden dort wohl lauern?


    Ich hatte mich besonders auf den tatsächlichen Ausbildungsteil des Romans gefreut und wurde dabei auch nicht enttäuscht. Highlight war natürlich das Manöver, wobei ich mir bei einigen Szene ein breites Grinsen nicht verkneifen konnte.
    Anstatt einer vernünftigen Rezi, die ich irgendwie hier nicht zustande bringe, hätte ich auch hier ein paar Punkte (ohne besondere Reihenfolge) anzumerken, von denen ich einige leider in Spoiler packen muss:
    1. Bei einigen Methoden wird mehr gesagt als gezeigt. So erwähnt Fenna zwar, dass er die Zimmerverteilung nutzen will und warum (super!), aber leider musste ich auf ein konkretes Beispiel vergebens warten.
    2. Es kommen einige Spannungen durch Leutnant Gyffs herein, was ich ja durchaus befürworte. Allerdings


    3. Der Konflikt zwischen Fenna und Resea ist gut aufgebaut und entwickelt, allerdings:


    4. Perspektive: Ich war etwas überrascht, dass nur aus Fennas Sicht geschrieben wird. Zumindest einen oder zwei der Rekruten hätte ich als Erzähler durchaus erwartet. Nicht wirklich eine Kritik, nur eine Feststellung ;)
    Allerdings waren immer mal wieder kurze Passagen drin, in denen Fennas Sicht verlassen wird, bzw.


    5. Okay, das hier ist jetzt rein persönlich. Das Verhalten der Männer (besonders von Fenna), die Missionen, das alles ist absolut realistisch und nachvollziehbar. Positiverweise fehlt der übliche verklärte Blick, das Ideal eines strahlenden, perfekten Soldaten, der alle Feinde mit links besiegt und auch nur gegen die schlimmsten und übelsten Gefahren zu bestehen hat. Auf der einen Seite finde ich das klasse, auf der anderen Seite muss ich beschämt und mit ganz leiser Stimme zugeben: Eigentlich lese ich ganz gern solche "Heldengeschichten", sie müssen ja nicht gleich überzogen sein, aber so ein bisschen... *räusper*
    6. Es gibt eine ganze Reihe Andeutungen oder Hinweise auf Gefahren,


    7. Obwohl zwar alle Rekruten sehr individuelle Züge haben, hatte ich bis zum Schluss noch so meine Probleme mit einigen Namen. Da wollte einfach kein Gesicht dazukommen. Aber mein Namensgedächtnis ist ohnehin schlecht, insofern...


    Mit dieser Rezi habe ich mich schwer getan, weil mich das Buch ziemlich... erschüttert? mitgenommen? hat. Zumindest hat es mich zum Grübeln gebracht, aber es hat bei mir auch etwas das Gefühl hinterlassen: Mir hat es sehr gut gefallen, tolle Ideen, spannende, tolle Ausführung, schöne Sprache. Aber man hätte noch mehr rausholen können. Auf beinahe jeder einzelnen Ebene. Und das ist glaube ich das, was mich ein bisschen aufregt. Nur einen Tick. Was mir auch wieder zeigt, dass ich das Buch klasse fand, denn sonst wäre mir das egal ;)
    Ich glaube, dass es mir bei dem Buch sehr viel gebracht hätte, bei der Leserunde aktiv mitzulesen. So habe ich zwar die Kommentare nachgelesen, aber gleich direkt Fragen und Kommentare loswerden zu können, hätte mir glaube ich viel gebracht.
    Und wie war das noch mal mit Folgebänden?


    4ratten

    Even when reading is impossible, the presence of books acquired produces such an ecstasy that the buying of more books than one can read is nothing less than the soul reaching towards infinity... - We cherish books even if unread, their mere presence exudes comfort, their ready access reassurance.

    Einmal editiert, zuletzt von Llyren ()

  • Ich mag Ausbildungsszenarien, anscheinend bin ich dem Internatsreihen-Alter nie so ganz entwachsen. Umso erfreuter war ich, dass sich „Die Soldaten“ zunächst einmal ausführlich mit ihrer Ausbildung in einem abgelegenen Grenzposten befasst. Die Ausbildung einer Rekruteneinheit wird hier allerdings nicht von einem der Neulinge, sondern sozusagen von oben herab erzählt, nämlich vom Ausbilder, Leutnant Fenna, dessen bisheriger Einsatzort gerade an einer Seuche und ihren katastrophalen Folgen zugrunde geht. Sein erfolgloser Kampf um Recht und Ordnung und vor allem das Leben der dortigen Bevölkerung hat ihn mitgenommen, heutzutage würde man wahrscheinlich von einem Burnout-Syndrom sprechen. Auch wenn das Fort an der Grenze zu den Gebieten der Affenmenschen liegt, so ist es eher ein ruhiger Posten und sein Vorgesetzter hat mit dieser Versetzung eigentlich versucht, dem widerwilligen Fenna einen Gefallen zu tun.


    Einen guten Teil des Buches nimmt also die Ausbildung ein und Meißner beschreibt, wie es Fenna recht gut gelingt, die Stärken der einzelnen Rekruten zum Vorschein zu bringen und sie zu einer Einheit zusammenzuschweißen. Auch mit der ihm zur Seite gestellten Akademieabsolventin, die eher ihre theoretischen Modelle anwenden möchte, statt wie Fenna auf einfache Menschenkenntnis zu setzen, arrangiert er sich erfolgreich. Doch dann zeigt der erste Einsatz, dass das Soldatenleben nicht nur aus warmem Essen, Sold und Routine besteht, sondern tatsächlich tödlich enden kann.


    Meißners Welt zeigt nur wenige phantastische Elemente, der Alltag könnte genauso gut in einem Fort im Wilden Westen spielen und die Gebiete hinter der Grenze, werden zwar als verheertes Land beschrieben und erinnern in Teilen an eine radioaktiv verseuchte Wüste, aber das ändert nur wenig an ihrem Grad der Tödlichkeit gegenüber ganz normalen Wüstengebieten. Die Parallelen zu Randgebieten unserer eigenen Zivilisation sind sehr deutlich. Auch die Personen sind durch und durch menschlich und damit meine ich nicht nur ihre physischen Eigenschaften, sondern auch ihr Verhalten. Die Figuren haben ihre unterschiedlichen Motive für ihren Eintritt in die Armee und stets ihren eigenen Charakter. Sie verschmelzen so nicht zu einer gesichtslosen Masse, sondern selbst ich, mit meinem chronisch schlechten Namensgedächtnis, hatte keine Probleme, die einzelnen Persönlichkeiten auseinanderzuhalten.


    Am Ende werden sie alle auf die Probe gestellt und müssen sich entscheiden, ob Disziplin, Kameradschaft, Loyalität zum Reich oder egoistischer Überlebenswunsch bei ihnen an erster Stelle stehen. Der Leser hingegen verzweifelt an dem Bewusstsein, dass ein eigentlich unsinniger Krieg immer noch mehr Tod und Verderben bringen wird.


    Meißners Roman mangelt es an der für Fantasyromane obligatorischen Rettung der Welt oder zumindest des Königreichs. Das macht aber gar nichts, dem Buch mangelt es nämlich glücklicherweise nicht an Qualität, hinter dem Fantasylabel versteckt sich ein hochwertiger Antikriegsroman. Ich weiß nur nicht, ob durch den Titel nicht eher Menschen angesprochen werden, die von dieser Botschaft gar nichts hören wollen, während viele, für die das Buch etwas wäre, eher abgeschreckt werden – und das fände ich doch sehr schade.


    4ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:

  • Meine Meinung
    Die Geschichte, die Tobias Meißner in Die Soldaten erzählt, ist nicht neu. Sie könnte sich in jedem Krieg ereignet haben oder noch ereignen. Gerade das macht sie aus. Es wird nichts geschönt, sondern "nur" der harte Alltag eines Soldaten erzählt, von der Ausbildung bis zum ersten Einsatz und noch weiter. Man lernt die Einzelnen und ihre Macken kennen, aber auch die Truppe die sie bilden werden. Mit der Zeit wachsen sie einem ans Herz, aber man weiß auch dass der Krieg unweigerlich Opfer fordern wird. Trotzdem hofft man, dass die Menschen, die man eine Zeitlang auf ihrem Weg begleiten durfte, verschont bleiben. So ging es zumindest mir.


    Ich habe schon öfter gesagt, dass Fantasy nicht mein Lieblingsgenre ist. Und auch bei diesem Buch habe ich mir am Anfang schwer getan. Das lag aber nicht am Genre, sondern an den für mich nicht enden wollenden Beschreibungen von Drill und Ausbildung. Hatte ich mich an die erst gewöhnt, wollte ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen.
    4ratten

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.