Marion Zimmer Bradley - Trapez

Falsche ISBN oder ASIN angegeben!

[size=1em]Originalausgabe "The Catch Trap" aus dem Jahr 1979,[/size]
[size=1em]erste Auflage in Deutschland 1985[/size]

[size=1em]Klappentext:[/size]
[size=1em]Zirkus - ewige Faszination von wagemutigen Attraktionen und ungebundenem Leben. Sinnbild für eine der letzten großen Freiheiten.[/size][size=1em]Die amerikanische Bestsellerautorin MZB erzählt die packende Geschichte der Flying Santellis in den vierziger und fünfziger Jahren - umfassend, präzise beobachtet, voller Spannung und Dramatik. Der Salto Mortale als Herausforderung und Bewährungsprobe.[/size]
[size=1em]Mario und Tommy stehen im Mittelpunkt dieses nahezu authentischen Romans. Ihre tiefempfundene Freundschaft muß sich nicht nur bei der gefahrvollen Arbeit am Trapez bewähren.[/size]
[size=1em](Publishers Weekly: ".... brilliant".)[/size]

Ich schreibe hier übrigens keine Rezension, sondern nur den ersten Leseeindruck, da ich erst ca. 1/4 des Buches gelesen habe. Ich werde während des Lesens regelmäßig weiterberichten.

[size=1em]Dieses Buch lag am längsten auf meinem SUB. [/size]
[size=1em]Nun, da ich es wegen schlechtem Gewissen (ja, wirklich!) zu Lesen begonnen habe, sage ich: Ja war ich denn Jahre lang blöd??? [/size]
[size=1em]Zu meiner Verteidigung muß ich sagen, das Buch kam in meinen Besitz, weil es die vorherige Leserin abgebrochen hat, es aber nicht wegwerfen wollte.[/size]
[size=1em]Ich konnte das Buch aus dem Gedächtnis heraus mit Zirkus und homosexuellen Männern in Verbindung bringen, zwei Themen, die ich als Lesestoff nicht wirklich als interessant erachtet habe.[/size][size=1em]Auch der an Informationen kümmerliche Klappentext hat mich nicht weiter neugierig gemacht.[/size]

[size=1em]Aber die Geschichte entpuppte sich schon nach wenigen Seiten als unerwartet unterhaltsam und spannend.
Als Leser wird man gleich in die Welt von Tommy Zane eingeführt, der mit seiner Familie mit einem kleinen Zirkus durch das Amerika der Nachkriegszeit zieht. Vor kurzem sind die Flying Santellis zum Zirkus gestoßen, eine Familie von Trapezakrobaten. Tommy ist fasziniert von den Trapezfliegern und darf ihnen nach kurzer Zeit mit kleinen Handgriffen beim Üben helfen, bis Mario, der Star der Flying Santellis, Tommy anbietet, ihn am Trapez auszubilden.[/size]
[size=1em]Tommy schließt sich nach der Sommersaison den Flying Santellis an und bezieht mit der ganzen Santelli-Familie deren Winterquartier, um ausreichend üben zu können.[/size]

[size=1em]Soweit bin ich nun, beim elften Kapitel, ca. Seite 160. Und ich fiebere schon der Zubettgehzeit entgegen, wenn ich weiterlesen kann [/size]

Noch kurz ein paar Worte, was genau das Buch so unterhaltsam und lesenswert macht.
Die ganze Geschichte wird sehr lebendig erzählt. Die einzelnen Figuren sind bis ins Detail ausgearbeitet, die Charakterzüge jeder einzelnen Person, die auftaucht, gut dargestellt. Außerdem sind die Figuren charakterlich sehr vielschichtig.
Auch Gefühle werden gut dargestellt, ohne die jeweilige Stimmung direkt zu nennen, einzig durch die Handlung oder das Verhalten der jeweiligen Personen.

Ausnahme: Die Gefühle von Mario und Tommy füreinander bleiben oft nebulös, werden nur angedeutet, was die Freundschaft bisweilen etwas geheimnisvoll macht.
Dazu auch mein einziger Kritikpunkt bisher:

[size=2]So viele Beiträge, ich bin platt![/size]
[size=2]Scheinbar hat alle Welt schon die Genialität dieses Buches entdeckt, nur ich nicht [/size]

[size=2]Mittlerweile bin ich über die Hälfte hinaus und meine Begeisterung reißt nicht ab.[/size]
[size=2]Aus den ersten verschämten Annäherungen hat sich eine schöne Liebesgeschichte entwickelt, leider eine mit vielen, vielen Problemen.[/size]
[size=2]Ich finde, MZB hat die Problematik, vor der homosexuelle Männer in der betreffenden Zeit standen, ziemlich gut herausgearbeitet. Schwule wurden als abartig, pervers und als Kinderschänder hingestellt und hatten außer in ihren eigenen Kreisen kaum Chance auf gesellschaftliche Akzeptanz. [/size]
[size=2]Ich habe richtig mit Tommy und Mario mitgelitten, als sie sich in der Sommersaison vor Sehnsucht nacheinander fast verzehrten, sich aber kaum alleine sehen, sich austauschen und berühren konnten. Immer voller Vorsicht, voller Angst, sie könnten entdeckt werden, immer unter dem Druck, sich von außen nichts anmerken zu lassen und auf dem Trapez eine professionelle Vorstellung abzuliefern. [/size]

[size=2]Überhaupt empfinde ich die Sprache und den Ausdruck der Autorin äußerst angenehm.[/size]
[size=2]Was mir in der letzten Passage aufgefallen ist: Die ganze Geschichte dreht sich wirklich nur um Tommy und Mario. Es gibt keinen Abschnitt, keine Nebenhandlung, keinen Satz, dessen Inhalt sich nicht auf die beiden und ihre Geschichte bezieht oder der keine Auswirkung darauf hat. Nichts, das nicht zur eigentlichen Geschichte beiträgt. Das finde ich sehr gut, es verstärkt die Intensivität der Geschichte.[/size]

[size=2]Besonders gut gefallen hat mir, wie Tommy und Mario versuchen, ein ganz normales (sprich: nicht-schwules ) Leben zu führen.[/size]

[size=2] [/size]

[size=2]Später mehr, Junior ist aufgewacht.....[/size]

Ich kann die Angst vor einem Re-Read auch gut verstehen.
Man entwickelt sich weiter, sieht manche Dinge anders, und kann plötzlich mit einer einst geliebten Geschichte gar nichts mehr anfangen.

Gestern Abend habe ich den dritten Teil von "Trapez" angefangen, und war schlagartig ernüchtert.

[size=2]Außerdem hat mir vom Beginn dieses Abschnitts der vorhergehende Zauber der Geschichte völlig gefehlt, die vorhergehenden Emotionen zwischen Tommy und Mario. Langsam bauen sie sich gerade wieder auf, ich bin sehr gespannt, ob die Geschichte noch einmal so schön und intensiv wird wie zu Anfang.[/size]

Zitat von Kiala

An die Kritikpunkte, die Mrs.MiaWallace anspricht kann ich mich aber auch gut erinnern. Das hat mich damals schon eine Spur gestört.
Ebenso wie Marios Verhalten, das Tommy immer so gelassen hinnimmt. Ich glaube, heute würde ich mich noch mehr darüber ärgern. Aber wer weiß? Vielleicht hätte ich auch noch mehr Verständnis?

Zumindest das hat sich nun geändert, Tommy wehrt sich gegen Mario, sowohl verbal als auch körperlich.
Im bisherigen Verlauf der Geschichte habe ich mich daran auch gestört. Aber nun, da Tommy älter geworden ist, denke ich: er war eben damals noch ein Kind, 14, 15, sowieso verunsichert und mit der gesamten Situation wohl auch überfordert.

Gestern Abend habe ich das Buch beendet. Der letzte Teil bekam nicht mehr ganz den Zauber des ersten Teils, aber die Entwicklung zum Ende hin hat mich doch wieder versöhnlich gestimmt.

Allerdings verspüre ich nun, unmittelbar nach dem Lesen von "Trapez", eine Lese-Leere. Ich habe Schwierigkeiten, mir ein neues Buch zum
Lesen auszusuchen, da ich das Gefühl habe, das mich keines so ausfüllen kann, wie es Trapez getan hat. Außerdem denke ich oft an die Geschichte von Mario und Tommy.
Ich denke, das ich mich zumindest heute noch nicht auf ein neues Buch einlassen kann. Ich brauche erst noch ein wenig Abstand, um mich von Tommy, Mario, der Familie Santelli und dem Zirkus zu lösen.

Ich kann mich nicht erinnern, wann mir zuletzt ein Bich so nachgegangen ist und ich mich so in einer Geschichte verloren habe. Ich vermute, es war bei den ersten Waringham-Büchern von Rebecca Gablé, also schon ein ganze Weile her.

Am Ende noch eine kurze Zusammenfassung meines Leseeindrucks, damit man sich nicht alles aus den einzelnen Beiträgen zusammensuchen muß:
"Trapez" hat mich mit der Geschichte um die beiden Trapezflieger Mario und Tommy und die Familie Santelli völlig gefangen genommen.
Insgesamt war das Buch für mich - mit kleinen Ausnahmen, bei denen ich mir etwas mehr davon gewünscht hätte - sehr emotional.
Trotz kleiner Kritikpunkte und dem kurzen Tief zu Beginn des dritten Teils bin ich sehr beeindruckt von MZB´s Sprache und Ausdruck und vor allem von ihrer Fähigkeit, die Geschichte so dermaßen auf das Wesentliche zu konzentrieren, daß ich sie als sehr sehr intensiv wahrgenommen habe. Die Probleme der schwulen Männer, ihre Zerrissenheit und ihr Bemühen vorzugeben, nach außen ein ganz "normaler" Mensch zu sein, wurde gut dargestellt.
Die Hauptfiguren, bestehend aus der Santelli-Familie, waren alle umfassend ausgearbeitet. Bei jeder wurden die sie charakterisierenden Eigenschaften aufgezeigt und ein paar Hintergrundgeschichten aus früheren Zeiten erzählt. So lernte man als Leser jeden einzelnen, aber auch die Familie Santelli als Ganzes und als Artistentruppe sehr gut kennen.
Außerdem hat MZB viel Hintergrundwissen über Zirkusse, Artisten und besonders Trapezflieger einfließen lassen.
Es war einfach schön, die ganze Beziehung zwischen Tommy und Mario zu verfolgen, von den ersten verschämten Annäherungen bis zur tiefen Liebe und die Sehnsucht wenn sie sich nicht nahe sein konnten zu verfolgen und mitzuerleben.
Selten habe ich mich so in einem Buch verloren, mich mit der Geschichte so wohlgefühlt und mit den Protagonisten mitgefühlt.

Obwohl erst Februar ist, kann ich mit Sicherheit sagen, das "Trapez" eines meiner Lesehighlights 2012 sein wird. Vielleicht sogar DAS Lesehighlight