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"Skippy stirbt" - der Titel des Buches sagt unverblümt, was Dreh- und Angelpunkt des Buches ist. Es passiert gleich in den ersten Zeilen: Daniel "Skippy" Juster fällt beim Doughnutwettessen mit einem Schulfreund von seinem Schnellrestaurantstuhl und ist beinahe auf der Stelle tot.
Nicht nur für Skippys Familie und Freunde, sondern auch für seine ganze Schule, das altehrwürdige katholische Internat Seabrook in der Nähe von Dublin, zerfällt die Welt an diesem Punkt in ein "Davor" und ein "Danach".
"Davor" waren Skippy und seine Schulkameraden ein Haufen stinknormaler vierzehnjähriger Jungs, die die Pubertät fest im Griff hat. Zynisch, unflätig, sexbesessen (bzw. besessen vom Gedanken daran), am Unterricht völlig desinteressiert, sofern nicht die hübsche Aushilfslehrerin gerade Erdkunde gibt. Die einen experimentieren mit Drogen herum, Skippys Zimmergenosse Ruprecht bastelt derweil an skurrilen Apparaturen, mit denen er Teile der Stringtheorie beweisen will, und Skippy selbst verliebt sich unerwartet in eine umwerfende frisbeewerfende Schülerin der benachbarten Mädchenschule.
"Danach", das ist Trauer, Wut, Ratlosigkeit und die quälende Frage Warum. "Danach" zerfallen plötzlich alte Freundschaften, verliert sich die Begeisterung für einstige Leidenschaften, gerät das ganze Gefüge der Schule ins Wanken.
Ich weiß gar nicht so recht, wo ich anfangen soll. Vielleicht einfach damit, dass ich restlos begeistert war von diesem großartigen Roman, der prallvoll ist mit Leben in all seinen Facetten, eigentlich so ein bisschen wie die Pubertät selbst - todtraurig, brüllkomisch, verrückt, anrührend, gescheit, wahr, authentisch.
Nach der titelgebenden Tragödie kehrt Murray erst einmal zurück zu dem, was vorher war. Auch wenn die Jungs aus Skippys Klasse im wirklichen Leben wahrscheinlich irre nervig sein können, sind mir die meisten blitzschnell ans Herz gewachsen, diese sperrigen Kerle mit den großen Mäulern und krassen Sprüchen, stets um die ultimative Coolness bemüht und hinter dieser Fassade unsicher und ein wenig verwirrt - kurz, so richtig lebensechte Pubertäter, die permanent auf einer Achterbahn der wildgewordenen Hormone unterwegs sind, manchmal richtig ekelhaft sein können, bescheuerte Streiche aushecken, sich mehr schlecht als recht durch den Unterricht lavieren und angesichts des anstehenden Kostümballs mit Teilnahme der Mädchen von der Nachbarschule in größte Aufregung geraten.
Daneben porträtiert Murray auch wunderbar die Lehrer, vor allem Howard Fallon, selbst ehemaliger Seabrook-Schüler, dessen Leben sich auf einmal in einer unaufhaltsamen Abwärtsspirale zu befinden scheint, noch bevor Skippys Tod alles bisher Dagewesene durcheinanderbringt. Die Rivalitäten und Ränkeleien im Lehrerzimmer sind großartig eingefangen, ebenso die Auseinandersetzungen zwischen den Überbleibseln aus der "guten alten Zeit", als die Lehrer noch alle Priester waren, und dem fortschrittlichen, wirtschaftlich denkenden Interimsschulleiter, der hofft, erster weltlicher Rektor von Seabrook zu werden.
Genauso treffend beschreibt er dann, wie nach Skippys Tod vielleicht nicht alles, aber ziemlich viel den Bach runter geht. Es tut schon beinahe weh zu lesen, wie auf einmal überhaupt nichts mehr ist wie früher, wie scheinbar Unerschütterliches plötzlich zu bröckeln beginnt und anderes, das zuvor schon labil war, endgültig ins Rutschen gerät.
Es lässt sich einfach schlecht erklären, WIE toll ich das Buch fand. Es gab so viele Stellen, die mich aus den unterschiedlichsten Gründen berührt haben, ich habe laut gelacht, ich hatte Herzklopfen vor Aufregung, wie sich bestimmte Dinge entwickeln und hatte trotz der großen Fülle an Personen und Perspektiven keinerlei Probleme, mich mit dem Personal zu identifizieren. Bis zur allerletzten Seite habe ich regelrecht mitgefiebert. Und auch wenn sich eine Sache nicht ganz zu meiner Zufriedenheit aufgeklärt hat, macht es andererseits auch Spaß zu spekulieren, was tatsächlich passiert ist.
Ein verdammt gutes Buch!