Andreas Brandhorst - Das Kosmotop

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    Nur der letzte Mensch kann das Geheimnis lüften


    Die ferne Zukunft: Die Galaxis wird von intelligenten außerirdischen Zivilisationen regiert – und die Menschheit steht kurz vor dem Aussterben. Einer der letzten Menschen, ein Mann, der sich schon seit Jahrhunderten selbst immer wieder geklont hat, ist inzwischen zum Berater der galaktischen Regierung aufgestiegen. Als auf der alten Erde ein seltsames Artefakt gefunden wird, soll er ermitteln, was es damit auf sich hat. Es birgt, das wird bald klar, das Geheimnis der Zukunft des Universums …
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    Autorenbegleitete Leserunde ab 11. Juli! Noch bis Freitag kann man sich für ein Freiexemplar bewerben!

    LG, Dani


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  • So also sieht Science Fiction aktuell aus...


    Zu Beginn von Andreas Brandhorsts neuestem Science-Fiction-Roman wohnen wir der Beerdigung von Corwain 17 Tallmaster bei. Zusammen mit dem Toten, bzw. mit Corwain 18 Tallmaster. Die Menschen nämlich sind in einer fernen Zukunft de facto unsterblich geworden: Sie altern zwar und ihr Körper stirbt, aber ihre Erinnerungen und ihr Wesen werden aufgezeichnet und in einen Klon ihres alten Körpers transferiert.


    Zwei Kapitel später befindet sich der Leser an Bord von einer Art riesigem Raumschiff, dem titelgebenden <em>Kosmotop</em>. Das <em>Kosmotop</em> ist so gross wie mehrere Planetensysteme zusammen genommen, greift willkürlich Welten an und vernichtet sie. Der Leser lernt es gleich von innen kennen, in einem Dialog zwischen einer (noch nicht identifizierbaren Stimme) und einem sog. <em>Lenker</em> - offenbar dem Piloten der Maschine.


    Es ist für Brandhorsts Vorgehen typisch, dem Leser zunächst einmal Namen von Personen und Völkern um die Ohren zu hauen - einen verbalen Dschungel zu errichten, der sich nur langsam lichtet. So haben wir auch hier in kürzester Zeit verschiedene Völker der Milchstrasse versammelt, verschiedene Personen mit verschiedenen Namen (Brandhorst, wie die alten Russen oder Chinesen, verwendet verschiedene Bezeichnungen für Personen - je nachdem, wer da gerade mit wem spricht).


    Corwain 18 Tallmaster ist <em>Pazifikator</em> - Friedensstifter, d.h. er vermittelt von Berufs wegen in grossen Konfliktfällen. Sein letzter Auftrag allerdings geht in die Hosen: Er muss zur Selbstverteidigung zur Waffe greifen. Von Freund und Feind gleichermassen geächtet, verliert er seinen Job. Um seine Unschuld zu beweisen, macht er sich auf eine intergalaktische Reise. Diese Reise wird unsern <em>Dr. Kimble auf der Flucht</em> schliesslich ins Kosmotop führen.


    Es ist ja nun nicht der erste Brandhorst, den ich gelesen habe, und vor allem seine im sog. <em>Kantaki</em>-Universum spielende Hexalogie (oder besser eigentlich: Doppel-Trilogie) <em>Diamant</em>, <em>Der Metamorph</em>, <em>Der Zeitkrieg</em> (zusammen die <em>Diamant</em>-Trilogie), <em>Feuervögel</em>, <em>Feuerstürme</em>, <em>Feuerträume</em> (= die sog. <em>Graken</em>-Trilogie) habe ich in guter Erinnerung. Auch wenn die beiden Trilogien an der üblichen Trilogien-Krankheit leiden, dass der Mittelteil einen im Verhältnis zum vorhergehenden und zum nachfolgenden Teil schwächelnden Übergangs-Teil darstellt, so gelingt es Brandhorst doch in diesen Space Operas stimmige und interessante Bilder im Leser zu evozieren. <em>Das Artefakt</em> und <em>Der letzte Regent</em> von 2012 und 2013 respektive habe ich in meinem Blog schon besprochen. Schon diese beiden liessen mich das Atmosphärische der Kantaki-Hexalogie etwas vermissen.


    Der neueste Brandhorst nun ist mehr ein Space Thriller denn eine Space Opera. Brandhorst fährt auch hier in grossem Stil mit Raumschiffen, Völkern und intergalaktischen Kriegen auf, für mich in allzu grossem Stil. Vor Jahren schon bin ich aus Solschenizyns <em>Der erste Kreis der Hölle</em> ausgestiegen, weil mir da zu viele Personen waren. Eine ähnliche Irritation habe ich auch bei Brandhorsts neuestem Roman jetzt wieder verspürt. Zwar habe ich <em>Das Kosmotop</em> zu Ende gelesen, denn spannend ist das Buch geschrieben. Aber ich habe mich rasch im Gewirr der Namen und Ereignisse verloren. Ich bin nun mal auch kein Leser von Krimis oder gar Thrillern - jedenfalls nicht im grossen Stil. Mich langweilt es rasch, darüber zu spekulieren, wer denn nun der Täter sein könnte; mich langweilt es ebenfalls sehr rasch, darüber zu spekulieren, wer denn nun Freund oder Feind ist, und meinem Helden helfen könnte. Hingegen faszinieren mich (neben Gedankenexperimenten verschiedenster Art, für die mir Science Fiction prädestiniert zu sein scheint) Landschafts- und Objektbeschreibungen; und so wird es nicht erstaunen, dass zu meinen Lieblingsautoren Brockes gehört oder Thoreau - und nicht zuletzt Adalbert Stifter, dessen Personen unsäglich steif charakterisiert sind und dessen Dialoge womöglich noch steifer sind, steif bis zur Lächerlichkeit, aber dessen Landschaften und Objekt präzise und liebevoll ins Detail geschildert werden.


    Andreas Brandhorst hat - mutatis mutandis - diese meine Vorliebe in seinen bisherigen Space Operas durchaus bedient. <em>Das Kosmotop</em> ist die erste, bei der ich das Gefühl habe, hier ist nur noch rasante Handlung wichtig. Diese wird vorwärts gepeitscht (und zwar gut! - Brandhorst weiss, wie er solche Dinge schreiben muss!), aber mir blieb zum Schluss nur ein buntes Flimmern von Personen und Ereignissen im Kopf, die ich oft nicht mehr richtig zuordnen konnte. Schlimmer: nicht mehr wollte.


    Es leben in Brandhorst Universum keine 15'000 Menschen mehr. Die Incera, eine feindliche Spezies, wollen auch diese 14'721 noch auslöschen. Warum? Nur, weil sie vor Jahrtausenden einmal drei Kriege gegen sie verloren haben? Die Begründung scheint mir auf schwachen Füssen zu stehen. Selbst der (gegenseitige! - hier ist er einseitig bei den Incera!) deutsch-französische Hass nach den napoleonischen Kriegen dauerte nur knapp anderthalb Jahrhunderte, der englisch-französische zwar ein bisschen länger, aber auch der schweigt heute. Religiöse Gründe für die Menschen-Verfolgung scheint es keine zu geben - solche Gründe halten allenfalls über Jahrhunderte an.



    Dennoch weiss ich noch nicht, ob ich die nächste Space Opera Brandhorsts lesen werde...

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)

  • Science-Fiction mit Thriller-Qualitäten


    In der fernen Zukunft haben sich die Völker der höheren Entwicklungsstufen zur Kompetenz zusammengetan, die sich dem Frieden verpflichtet hat. Mit sogenannten Pazifikatoren versucht sie, mögliche Konflikte auf diplomatischem Weg zu lösen. Eines Tages erscheint ein riesiges Schiff, das Kosmotop, das sich ganze Städte und Planeten einverleibt. Kompetenz und Maschinenintelligenz versuchen mit Hilfe von Gesandten eine Einigung mit der Führung des Kosmotops zu erzielen.
    17 Jahre später: der Pazifikator und Mensch Corwain Tallmaster wird nach Harvinga geschickt, um dort einen Konflikt zwischen den Einheimischen und den Mahé beizulegen. Der Auftrag läuft nicht wie gewünscht und die Situation eskaliert – dabei wird eine Welle an Ereignissen losgetreten, die sich Corwain niemals hätte träumen lassen.


    Wie von dem Autor gewohnt, läßt er auch bei diesem Roman gigantische Universen, Lebensräume und komplexe Technologien entstehen. Zusätzlich werden mehrere Handlungsstränge eröffnet, deren Zusammenhänge sich anfangs noch nicht erschließen, aber schlußendlich raffiniert miteinander verknüpft werden. Auf den ersten Seiten war ich – mal wieder – etwas verwirrt wegen der Komplexität und der vielen fremdartigen Begriffe, aber man muß die Lektüre einfach auf sich wirken lassen, vieles wird im Laufe des Buches geklärt; zusätzlich kann der Leser aber auch das umfangreiche Glossar am Ende des Buches zurate ziehen. Aufmerksames und konzentriertes Lesen ist aber in jedem Fall angebracht.


    Was mir sehr gut gefallen hat, ist die Vermischung von Science-Fiction mit Thrillerelementen, die die Handlung immer spannender werden und die Seiten nur so dahin fliegen läßt. Wie von Andreas Brandhorst gewohnt, nimmt die Handlung einige sehr überraschende Wendungen und auch das Ende, das für mich alle offenen Fragen beantwortet, konnte mich wieder voll überzeugen, da es eine gelungene Mischung aus actionreichem Showdown mit ruhiger und nachdenklicher Komponente ist.


    Eine aus meiner Sicht weitere Stärke des Autors sind seine Charaktere, egal, ob organischer Natur oder Maschinenintelligenzen, die niemals eindimensional beschrieben und damit schwer einzuordnen sind. Überhaupt gefällt es mir sehr gut, daß es keine eindeutige Einteilung in Gut und Böse gibt, es ist immer eine Frage der Perspektive und der Notwendigkeit.


    Corwain Tallmaster als Pazifikator und einer der wenigen Letzten Menschen ist ein Mann des Friedens und überzeugt von seiner Arbeit, der durch die Geschehnisse auf Harvinga zwischen die Fronten gerät. Auf der Flucht vor der Rache der Mahé und von seinem Arbeitgeber fallen gelassen, wird er gezwungen, sich mit Waffengewalt seinem eigenen Schicksal zu stellen. Begleitet wird er von der Sirmionerin Solace, die ein Hybrid aus Mensch und Vogel ist und über ausgeprägte kognitive Fähigkeiten verfügt.


    Dennoch ist „Das Kosmotop“ kein reines Weltraumspektakel, es verbirgt sich auch hier eine Botschaft hinter dem Buch, dich mich wieder hat nachdenken lassen. Außerdem lassen sich einige Parallelen zu unserer heutigen Zeit und Welt ziehen.


    5ratten

    Liebe Grüße

    Karin

  • Inhalt
    In der Zukunft haben sich 29 hochentwickelte unterschiedliche Zivilisationen zu einem gemeinsamen Bund, der Kompetenz, zusammengeschlossen und versuchen den Frieden in der Galaxis durch den Einsatz von sogenannten Pazifikatoren auf diplomatische Weise aufrecht zu erhalten. Unterstützung finden sie durch die einst von den Menschen erschaffenen Maschinenintelligenzen, Koryphäen genannt, die besonderes Wissen und die neueste Technik besitzen, allerdings nicht alle dem organischen Leben wohlgensonnen gegenüberstehen. Die Menschen selbst spielen zahlenmäßig nur noch eine kleine Rolle und existieren nur noch durch regelmäßige Bewusstseinsübertragungen auf neue Klone und leben in abgeschotteten Residenzen. Gefahr droht ihnen durch das Volk der Incera, die einst von den Menschen in einem großen Krieg besiegt wurden und seitdem auf Rache aus sind. Mit diesen zusammengeschlossen hat sich das Volk der Mahé, die sich von der Kompetenz abgespalten haben und eigene Ziele verfolgen. Eines Tages erscheint ein gewaltiges Weltenschiff, das aus riesigen Habitaten und Raumstationen besteht und Proben von allen Zivilisationen der Milchstraße sammelt. Dabei hinterlässt es eine Spur der Verwüstung und weckt gleichzeitig Begehrlichkeiten bei den Völkern der Galaxie.


    Einer der Pazifikatoren der Kompetenz ist Corwain, er ist ein Mensch und bereits sein 18. Klon. Er wird zur Konfliktbekämpfung auf einen Planeten geschickt und gerät dort in eine Intrige, die seine bisherigen Wertvorstellungen und damit sein ganzes Leben auf den Kopf stellt. Um seine Unschuld zu beweisen und die Bedrohung für die ganze Galaxis abzuwenden, muss er neue Wege gehen – und einer führt genau ins Kosmotop ...


    Meine Meinung
    Andreas Brandhorst hat wieder eine spannende und komplexe Geschichte erschaffen, die, wie auch seine anderen Bücher, nicht einfach so nebenher gelesen werden sollte. Es empfiehlt sich auch hier, langsam zu lesen, um die vielen Details, Gedanken und Gespräche aufzunehmen und auf sich wirken zu lassen. Nach und nach hat sich so bei mir alles erschlossen und am Ende führten alle Fäden zusammen. Ich bin immer wieder fasziniert von den Welten, die der Autor schafft und den Bildern und Filmen, die bei den Beschreibungen in meinem Kopf entstehen, so z. B. hier der spektakuläre Raub einer ganzen Stadt. Das sind Bilder, die mir immer noch lange nachhängen und dazu Entfernungen und Geschwindigkeiten, die ich kaum noch greifen kann. Hier in der Geschichte beeindruckt natürlich ganz besonders das Kosmotop, ein riesiges System aus Habitaten, Raumstationen und vielem mehr, das von einer Energiebarriere umschlossen wird und bis zum Ende eine mysteriöse Erscheinung bleibt, von der man nicht weiß, ob sie gute oder böse Absichten hat.


    Aber Gut und Böse, Richtig und Falsch sowie Wahrheit und Lüge sind in den Büchern des Autors sowieso nie eindeutig definiert, sondern es gibt viele Graustufen. Die Vielschichtigkeit der Figuren gefällt mir sehr gut und bietet viel Raum für Spekulationen. Ich habe bis zum Ende eigentlich keiner Seite wirklich getraut, nur dem Menschen Corwain und seiner Freundin Solace, einem liebevollen Geschöpf halb Frau halb Vogel. Dies war auch vom Autor geschickt gemacht, denn als Leser folgt man emotional diesen beiden am meisten, da man die Geschehnisse und die Informationen überwiegend auch aus deren Perspektive erlebt. Ihre Emotionen, Gedanken und Gespräche waren dem Leser besonders nah. Entsprechend wurde ich auch oft überrascht und erlebte einige unerwartete Wendungen, gleichzeitig konnte ich aber immer besonders gut mit Corwain und Solace mitfühlen und ihre Handlungen verstehen, auch wenn sie manchmal extrem und unerwartet waren. Aber wie würde man sich selbst verhalten, wenn man fallengelassen und das Liebste bedroht wird?


    Im Gegensatz zu anderen Science-Fiction-Romanen des Autors, die langsamer und noch bildgewaltiger daher kommen, sind hier ein paar Thriller-Elemente eingebaut, die mehr Tempo und Action bringen. Ich persönlich liebe ja die „gemächlicheren“, atmosphärisch noch dichteren Romane besonders, die Mischung aus Science-Fiction und Thriller hat mir aber auch sehr gut gefallen. Und es gibt zwischendurch immer wieder ruhige Szenen, in denen Gespräche und Gedanken zum Nachdenken anregen. Zudem findet sich eine erschreckende Ähnlichkeit zu einigen der momentan in unserer realen Welt stattfindenden Auseinandersetzungen.


    So unglaublich und fern die beschriebenen Welten in den Romanen meist wirken, so erschreckend gut vorstellbar sind mir oft die Entwicklungen der Menschheit und die beschriebenen Konsequenzen für deren Existenz. Warum sollte es z. B. nicht möglich sein, das Bewusstsein per Datenspeicher immer wieder zu kopieren und in neue Körper einzupflanzen? Irgendwann bestimmt. Nur ob man sich dabei immer sicher sein, kann, dass niemand dieses Bewusstsein manipuliert oder Emotionen steuert? Wenn es mich erst mal zwanzig Mal gegeben hat, bin ich dann noch dieselbe? Diese Frage stellt sich auch Corwain hier im Roman. Es wirkt zudem mittlerweile fast normal auf mich, dass Maschinenintelligenzen mir so real erscheinen und es wirkt auch normal auf mich, wenn ich das Gefühl habe, dass diese Maschinenintelligenzen den besten oder gar einzigen Überblick über das Geschehen haben und die richtigen Pläne, um sich um ein Häufchen Menschen zu kümmern. Irgendwie auch völlig normal für mich, wenn ich dahinter nicht nur Datenströme, sondern auch eigene Interessen vermute ...


    Für mich haben die Romane von Andreas Brandhorst immer etwas ganz Besonderes. Sie bieten mir ein ganz besonderes Kopfkino, eine besondere Atmosphäre , eine besondere Spannung und einen besonderen Anreiz fürs Nachdenken und Spekulieren. :smile:


    5ratten

  • Mein Ankündigungsthread war erster :breitgrins:

    LG, Dani


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  • In ferner Zukunft haben sich die Völker der Galaxie zu einer gemeinsamen Regierung - der Kompetenz - zusammen geschlossen. Corwain Tallmaster ist in ihrem Auftrag unterwegs, um Konflikte diplomatisch zu lösen. Corwain gehört zu den letzten Menschen bzw. die 18. Kopie seines Selbst. Er ist also sterblich, kann jedoch Erinnerungen auf einen Klon übertragen. Das ist ziemlich praktisch, hat jedoch auch seinen Preis: die Fortpflanzung ist nicht mehr möglich. Die Menschen gehören damit zu den Minderheiten im Universum. Bei einer seiner Missionen wird Corwain zu Unrecht des Mordes beschuldigt. Er verliert seinen Status als Pazifikator und die Berechtigungen der Kompetenz. Nun liegt es an ihm allein, sein Unschuld zu beweisen. Der Weg führt dabei mitten in das Weltenschiff Kosmotop. Es sammelt seit vielen Sternenzeiten Proben ein und lässt ganze Planeten zerstört zurück. Und es gibt ein weiteres Problem... aus dem Ereignishorizont des Schiffes gibt es kein zurück mehr.


    "Wenn ich mich selbst begrabe, habe ich die Kostbarkeit des Lebens vor Augen."


    Science Fiction von Andreas Brandhorst ist immer sehr anspruchsvoll. Ich habe bereits die Kantaki Romane gelesen und irgendwann die Kurve bekommen. Hier jedoch fiel es mir wirklich schwer. In vielen Phasen der Geschichte war ich einfach nur planlos. Ich klammerte mich also an den Hauptcharakter Corwain und versuchte, wenigstens seine Sicht der Dinge zu begreifen. So waren es die kleinen Momente des Pazifikators, die für meine Highlights sorgten. Denn eins ist klar: Andreas Brandhorst kann atmosphärisch schreiben und für Kopfkino sorgen.


    "Das Kosmotop" bietet neben den typischen Science Fiction Szenen auch einige Thrillerelemente. Die Mischung sorgt für Spannung, weil man automatisch der Aufklärung dieses Mordfalles in der Öffentlichkeit folgen möchte. Das Weltenschiff war parallel dazu das große Rätsel. Seine Existenz wurde früh eingeführt und die Verwüstung beschrieben. Dabei schaltet die Handlung immer mal wieder direkt in das Kosmotop, um die verknoteten Hirnzellen erneut auf die Probe zu stellen.


    Zusammenfassend kann ich sagen, dass dieser Roman sehr komplex ist und sich nicht mal eben nebenbei lesen lässt. Das Ende gelingt Andreas Brandhorst gut, es befreit mich irgendwie.


    3ratten

  • Die Welt in der fernen Zukunft - ein paar Letzte Menschen, die unsterblich sein wollten und nun doch vor ihrer Ausrottung zu stehen scheinen; eine gemeinsame Regierung, die Kompetenz, die den Frieden wahren will und es doch nicht mehr schafft, die Galaxie von Kämpfereien frei zu halten; einst von Menschen geschaffene Maschinenintelligenzen, die Koryphäen, die die Menschheit allerdings längst überholt haben. Und mittendrin unser Pazifikator Corwain Tallmaster, der zusammen mit seiner Gefährtin Solace, ein Hybrid aus Mensch und Vogel, seine siebzehnten Klon zu Grabe trägt. Mit seinem achtzehnten Körper ist er weiterhin dabei, den Frieden zusammen mit der Kompetenz zu wahren. Diese Aufgabe scheint gar nicht mehr so einfach zu sein, denn zum einen ist das Kosmotop aufgetaucht, von dem niemand so richtig weiß, was es ist, was es vorhat und warum es sammelt und niemanden mehr freilässt. Zum anderen scheint das Volk der Incera die restlichen doch nicht so unsterblichen 14.722 Letzten Menschen vollständig ausrotten zu wollen.


    Dieses Buch war mein erster “richtiger” Science Fiction-Roman. Meine erste richtige Space Opera. Um es vorwegzunehmen: Nach dieser Lektüre bin ich mehr als gewillt, noch mehr aus diesem Genre zu lesen. Der Einstieg in die Geschichte war für mich nicht ganz so einfach, aber das könnte natürlich sein, weil die Dimensionen und der Hintergrund so riesig sind. Trotzdem wird die Atmosphäre anschaulich und glaubwürdig beschrieben und Andreas Brandhorst hat es hier echt geschafft, das Unmögliche so gut darzustellen, dass ich mir vorstellen kann, dass es möglich wäre.


    Die Geschichte bleibt von vorne bis hinten spannend. Schnell stellt sich heraus, dass der Konflikt noch viel weiter geht als es ursprünglich schien, alles verzwickt und verzweigt sich immer mehr. Als Leser konnte ich teilweise den Überblick über all die politischen Machenschaften kaum behalten. Dazu kamen natürlich auch noch die bereits erwähnten riesigen Dimensionen. Zum einen fand ich die Beschreibungen immer noch so toll, dass ich mir alles vorstellen konnte, zum anderen schritt die Handlung so rasant voran, dass ich manchmal geradezu hinterherhecheln musste. Action-Fans kommen hier also voll auf ihre Kosten. Die ganzen Verwicklungen, die wir ja nur aus Corwains Sicht sehen, wirken zunächst natürlich verwirrend, weil weder wir noch Corwain sie zur Gänze verstehen können und das Abenteuer so lange bestreiten müssen, bis wir das Rätsel zusammengesetzt haben. Ich habe es schnell wie in einem Abenteuerbuch empfunden: Technische Begriffe, neue Welten, Völker, politische Verwicklungen machen es ein wenig kompliziert, aber das liegt natürlich daran, dass unser "Abenteurer" Corwain mit seinem eigenen Blickwinkel durch die Welt stolpert, selbst so wenig weiß und im Verlauf der Reise sich sein Fokus immer wieder verschiebt. Je nachdem, was zum Beispiel durch seine Emotionen gerade in den Vordergrund gerückt wird. Erreicht er eine neue Station des "Abenteuers", lernt er neue Dinge kennen und sammelt so nach und nach den Gesamtzusammenhang.


    Der größte Teil der Geschichte ist aus der Sicht von Corwain geschrieben. Einzelne Kapitel zwischendurch zeigen auch noch andere Perspektiven, zum Beispiel aus dem Kosmotop, die natürlich zunächst dazu beitragen, alles noch mehr zu verwursteln, bis dann irgendwann Teile eine Auflösung aufzutauchen scheinen. Corwain ist ein sehr angenehmer Protagonist. Er fängt als Pazifikator, als Friedensbringer, an und macht insgesamt eine rasante Entwicklung durch. Den Umständen entsprechend war diese Entwicklung auch immer glaubwürdig und nachvollziehbar. Ein weiterer sehr angenehmer Charakter war Corwains Gefährtin Solace. Von Anfang bis Ende hat sie sich immer mehr in mein Herz geschlichen, weil sie ein besonderer und sehr liebenswerter Halb-Vogel-Halb-Mensch ist. Ein Wiedersehen mit ihr war immer ein kleines Highlight.


    Insgesamt war diese Geschichte wohl nicht die einfachste für einen SF-Neuling und vor allem kein Buch, das man mal liest, wenn man mal 10 Minuten Zeit hat. Aber es hat es verdient, dass man ihm ein Stück seiner Zeit schenkt und sich reinfallen lässt.


    4ratten

  • Das Kosmotop
    Ich habe vor einiger Zeit an dieser Stelle eine Rezension zu Andreas‘ Buch „Der Regent“ geschrieben. Von diesem Buch war ich wirklich begeistert. Nun bin ich vermutlich mit falschen Vorstellungen an das neue Buch des Autors herangegangen und konnte mich nicht wirklich auf die Geschichte einlassen. Deshalb möchte ich dieser Rezension einen Gedanken des Autors voranstellen:
    „Bücher sind mehr als nur niedergeschriebene Worte. Bücher sind Welten, die wir betreten können, aber manche Leser stellen nur einen Fuß hinein, oder betrachten sie nur mit einem Auge. Wer sich die Mühe macht, ganz hineinzugehen, dem erschließt sich die ganze Vielfalt, die ganze Pracht. Es ist wie mit dem Betrachten eines Bilds: Man kann einen kurzen Blick darauf werfen, aber man kann sich auch hinsetzen und die Details auf sich wirken lassen. Wenn es ein gutes Bild ist, wird man immer mehr Details erkennen“
    Hauptperson des Romans ist Corwain Tallmaster, ein Pazifikator. Pazifikatoren sind nach dem Glossar: „Schlichter, die im Auftrag der Kompetenz bei Konflikten eingreifen, um den Frieden zu bewahren. Corwain Tallmaster gilt als bester Pazifikator der Kompetenz. „
    Ich stellte also nur ein Bein in die Geschichte und erwartete etwas Besonderes von dieser Person. Was unterscheidet einen Pazifikator von einem Diplomaten? Welche besonderen Eigenschaften machen Corwain zu dem besten von allen? Corwain hat zwischenzeitlich 17 Leben durchlebt und ist in seinem 18. Leben. Eine Nadel, die sich im Rückgrat befindet ist Kommunikationsmittel und Speichermedium für alles, was die Persönlichkeit ausmacht. Solange man die Nadel retten kann und eine rechtzeitige Speicherung geschafft wurde, kann der Mensch im Körper eines Clons weiter leben (so neu ist die Idee nicht, oder?). Das lange Leben sollte ihm auch etwas Weisheit ermöglichen, dachte ich. Damit war ich natürlich völlig voreingenommen.
    Der Leser steigt in die Geschichte ein, als ein Auftrag bereits völlig schief gegangen ist. wir wissen nicht warum, wir wissen nicht, was Corwain getan hat, ob er einen Fehler gemacht hat. Nein, er wird gleich in Kampfhandlungen hereingezogen und von da ab kämpft er. Die Kompetenz lässt ihren besten Mann sofort fallen, so dass der einsame Held agieren muss.
    Corwain hat eine Geliebte Solace, ein Vogelwesen, mit dieser führt er philosophische Gespräche hauptsächlich beim Sex. Auch hier offenbart sich meine Provinzialität, denn ich denke nicht an Philosophie beim Sex, normaler Weise denke ich da gar nicht.
    Diese Geliebte wird vom Gegner entführt und Corwain wird erpresst, sich dem Gegner zu stellen, um sie zu retten. Auf alle Fälle ist sie der Lockvogel.
    Die Geschichte ist damit erzählt. Es geht um die Rettungsaktion Corwains und diese hat nichts mit seinem Beruf zu tun, er bewaffnet sich. So eine Art Space Cowboy, dr mich sehr an Kapitän James T. Kirk erinnert. Solace ist wichtiger als alles andere, selbst als die letzten Menschen (die Menschen sind limitiert und am Aussterben). So richtig habe ich diese Wichtigkeit nicht verstanden, denn da das Gehirn nicht so viele Erfahrungen behalten kann, werden einige ausgefiltert. So kann sich Corwain an andere Geliebte aus vorhergehenden Leben kaum noch erinnern.
    Ansonsten punktet Andreas Brandhorst mit sehr verschlungenen gesellschaftlichen Ebenen, so dass es kompliziert ist, zu erfassen, wer wirklich worüber bestimmt, wo Freund und wo Feind steht und worum es im Großen, in der Hintergrundgeschichte geht. Zu dieser Hintergrundgeschichte gehört das titelgebende Kosmotop. „Ein sich über 14 Lichtstunden erstreckendes System aus riesigen Habitaten, Raumstationen und Dyson-Sphären, umgeben von einem Ereignishorizont“ (einer energetischen Barriere).
    Wer Gigantismus mag und eine kompliziert geschriebene einfache Geschichte lesen will ist hier richtig. Wenn man sich allerdings einiges beim Lesen vereinfacht und aufhört, zu versuchen, sich diese gigantischen Bilder vorzustellen (was ich nicht kann, das gebe ich unumwunden zu), dann liest sich die Geschichte gut weg.


    Fazit:
    Kein Buch, welches ich empfehlen würde, schon gar nicht Lesern, die dieses Buch lesen wollen, weil ihnen „Der Regent“ wegen seines sehr interessanten Protagonisten und seiner interessanten gesellschaftlichen Problematik gefallen hat.