04 - Kapitel XII bis Ende (ab Seite 175)

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  • Hier könnt ihr über Kapitel XII bis Ende (ab Seite 175) schreiben.
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    LG, Dani


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  • Ich habe das Buch vorhin beendet und es hat mir wirklich richtig gut gefallen. Ich würde mal sagen: ein modernes Märchen für Erwachsene.


    Allerdings war der Ausgang der Geschichte auch wieder nicht so leicht nachvollziehbar und lässt viel Raum für Spekulationen.


    Unser Erzähler hockt also im Feenreif und alle möglichen Menschen wollen ihn da raus locken. Ich hatte das ja bereits erahnt, aber er bleibt standhaft und lässt sich nicht locken, guter Junge.


    Mein liebstes Bild aus dem letzten Abschnitt: wie Lettie den Ozean zu ihm bringt, in einem Eimer. Genial.


    Er steigt in den Eimer und taucht im Teich wieder auf, also wenn das nicht Fantasy ist, dann weiß ich auch nicht.


    Am Ende war ich dann aber doch traurig, denn scheinbar hat sich Lettie für unseren Jungen geopfert. Der Ozean hat sie aufgenommen und wird sie irgendwann und nur vielleicht wieder frei lassen.


    Bei dem Kätzchen am Schluss, welches er Ozean tauft, da habe ich mir gedacht, dass das doch Lettie sein könnte, was meint ihr?


    Wirklich ein tolles Buch. :klatschen:

    &WCF_AMPERSAND"Das Buch als Betriebssystem ist noch lange nicht am Ende&WCF_AMPERSAND" (H.M. Enzensberger)

  • Ich habe nun auch den letzten Rest gelesen und weiß noch nicht so richtig, was ich von all dem halten soll....


    Allerdings war der Ausgang der Geschichte auch wieder nicht so leicht nachvollziehbar und lässt viel Raum für Spekulationen.


    Das stört mich wohl gerade am meisten. Ich hatte gehofft, dass doch noch mehr aufgeklärt wird und es eine andere Art von "Happy End" gibt. Es blieb mir einfach doch zu vieles offen.


    Ich hätte zum Beispiel gerne noch mehr über diesen Ozean erfahren. Als der Erzähler in dem Kreis warten muss und Lettie dann mit dem Eimer Wasser kommt, sagt sie ja, dass der Ozean erst nicht helfen wollte. Das hat mich mindestens so ratlos gemacht wie den Jungen. Und natürlich die Tatsache, dass Lettie schließlich darin verschwunden ist, irgendwie.


    Schlimm war ja auch wieder "Showdown" mit den immer noch extrem gruseligen Hungervögeln. Vor allem habe ich es nicht verstanden, warum der Erzähler Lettie loslässt und wegrennt. Er hat ja die ganze Zeit immer mehr gemerkt, dass er sich auf Lettie verlassen kann und bereut es ja schon einmal sie losgelassen zu haben. Er muss doch wissen, dass er gar keine Chance hat, wenn er einfach wegrennt... Aber da war er dann wohl doch nicht so "reif", wie er uns bis dahin immer erschien.


    Ja, das waren so ein paar Punkte, die mich zum Schluss doch irgendwie gestört haben, oder wo ich halt einfach gerne mehr erfahren hätte.
    Aber wir wissen endlich, dass seitdem 40 Jahre vergangen sind!


    nicigirl85
    Ah, dass das Kätzchen am Schluss Lettie sein könnte, daran hatte ich noch gar nicht gedacht. Für mich war es einfach das Kätzchen, das ihn auch schon vorher begleitet und ich dachte, dass wir da nun spätestens wissen, dass es ein übernatürliches Kätzchen ist, weil es ja nach all den Jahren noch lebt... aber die andere Version kann auch sein.

    ~ The world is quiet here ~

  • Puh, während der Junge im Feenkreis gewartet hat, hatte ich wirklich Angst um ihn, vor allem, als die falsche Lettie aufgetaucht ist. Und dass der Vater - der ja echt war - ihm seinen Willen gelassen hat, war auch nicht unbedingt zu erwarten. Das hätte ins Auge gehen können.


    Die "Reinigung" im Ozean, der in einen Eimer passt, war auf surreale Weise wunderschön. Und wirft wieder Fragen auf - wenn die Hempstocks einmal in diesem Zustand der Allwissenheit waren, den der Jungen da gerade erlebt hat, warum haben sie ihn dann zugunsten eines Erdendaseins aufgegeben?


    Interessant war hier, dass die Großmutter im Original den Unterschied zwischen "essen" und "fressen" auf deutsch ausgedrückt hat, weil es das im Englischen ja so nicht gibt.


    Und auch in diesem Kapitel isst der Junge wieder mit größter Wonne seinen Nachtisch auf, gefolgt von dieser wunderschönen Beobachtung: "I do not miss childhood, but I miss the way I took pleasure in small things, even as greater things crumbled."


    Als die Ungeziefervögel im nächsten Kapitel Stücke aus der Realität herauspicken, an deren Stelle nur noch eine undeutliche Leere bleibt, hat mich das an das "Nichts" in der Unendlichen Geschichte erinnert. Das war wieder eine ganz schön gruselige Angelegenheit. Ich konnte es kaum glauben, als sich die Viecher auf den Jungen gestürzt haben ... und dann hat sich Lettie an seiner Stelle geopfert, weil sie, wie ich das verstanden habe, in gewisser Weise unsterblich ist.


    Und am Ende stellt sich heraus, dass der Erzähler schon öfter zum Haus der Hempstocks zurückgekehrt ist, und zwar immer zu Wendepunkten in seinem Leben, sich aber an nichts erinnern kann. Das fand ich auch noch mal interessant, und diskussionswürdig.


    Alles in allem hat das Buch mich sehr fasziniert. Widerwärtig, zauberhaft, geheimnisvoll und wunderschön geschrieben, beantwortet es lang nicht alle Fragen, die es aufwirft. Meistens stört mich das, aber hier gar nicht mal so sehr. Vielmehr habe ich jetzt schon Lust, das Buch irgendwann noch einmal zur Hand zu nehmen - einerseits wegen der großartigen Sprache und des tollen Einfühlungsvermögens in einen Siebenjährigen, und zum anderen, um zu schauen, was ich dann darin sehe.


    Für mich waren Ursula und die Ungeziefervögel nicht nur gruselige Monster, sondern die personifizierten Ängste des Erzählers ...

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen






  • Puh, während der Junge im Feenkreis gewartet hat, hatte ich wirklich Angst um ihn, vor allem, als die falsche Lettie aufgetaucht ist.


    Ja, da habe ich auch einige Male um den Jungen gezittert. Aber er lässt sich weder von dem toten Minenarbeiter, seinem Vater (ist der wirklich echt? Dann hätte er doch den Feenkreis betreten und den Jungen einfach mitnehmen können) oder der falschen Lettie dazu bringen, den Kreis zu verlassen. Da sieht man auch wieder, wie sehr er Lettie vertraut. Auch als es schon unwahrscheinlich wird, dass sie noch zurückkommt, glaubt er an sie.


    Ich hatte ja bei der schrecklichen Badewannenszene schon gedacht, dass der Junge im Ozean auftauchen wird, aber nun geschieht es durch einen Eimer mit Teichwasser. Ich fand die Szene im Ozean und die wahre Gestalt von Lettie wunderschön :herz:. Leider kann der Junge dort nicht bleiben, da er zwar im Ozean nicht sterben würde, aber sein Ich in zu viele Teile verlieren würde. Bei Lettie ist das anscheinend nicht der Fall, sie wird ja nach dem Angriff der Hunger Birds von ihrer Mutter in den Ozean gelegt, um dort zu heilen und vielleicht, irgendwann mal, wieder zurückzukommen.



    Als die Ungeziefervögel im nächsten Kapitel Stücke aus der Realität herauspicken, an deren Stelle nur noch eine undeutliche Leere bleibt, hat mich das an das "Nichts" in der Unendlichen Geschichte erinnert.


    Das war auch mein erster Gedanke. Ich fand das Nichts in der Unendlichen Geschichte schon so unheimlich, und hier nicht weniger.


    Der Junge reißt sich am Ende von Lettie los, ich vermute, weil er sich selbst als Ursache für die Vernichtung der Welt sieht? Lettie schützt ihn und wird von den Vögeln attackiert. Sterben tut sie nicht, aber ob sie jemals geheilt werden kann, ist auch nicht sicher.


    Im Epilog erfährt man, dass der Junge auch noch als Erwachsener schon oft die Farm besucht hat und es aber jedes Mal wieder vergisst. Wenn man die Hempstock Frauen nun kennt, kann man sich denken, warum das so ist und auch, warum er sich an die traumatischen Erlebnisse aus seiner Kindheit nicht mehr erinnern kann.



    Alles in allem hat das Buch mich sehr fasziniert. Widerwärtig, zauberhaft, geheimnisvoll und wunderschön geschrieben, beantwortet es lang nicht alle Fragen, die es aufwirft. Meistens stört mich das, aber hier gar nicht mal so sehr. Vielmehr habe ich jetzt schon Lust, das Buch irgendwann noch einmal zur Hand zu nehmen - einerseits wegen der großartigen Sprache und des tollen Einfühlungsvermögens in einen Siebenjährigen, und zum anderen, um zu schauen, was ich dann darin sehe.


    Besser hätte ich meine Eindrücke zu dem Buch nicht ausdrücken können :smile:. Es bleiben tatsächlich viele Fragen offen, aber hier kann ich das einfach so hinnehmen und mich einfach an der tollen Sprache und den oft wunderbar weisen Gedanken des Jungen und Letties erfreuen.

    :lesen: Anthony Powell - The Kindly Ones <br /><br />Mein SUB<br />Meine [URL=https://literaturschock.de/literaturforum/forum/index.php?thread/32348.msg763362.html#msg763362]Listen

  • So, dann werde ich mich auch mal an den letzten Beitrag wagen.


    Der Erzähler hatte ja ordentlich zu tun, um die Schutzzone nicht zu verlassen, die Gegenseite hat ja ordentlich versucht ihn aus diesem Feenreif herauszulocken. Und dann rennt er auch noch los, ist damit eine gute Zielscheibe für die Vögel, wollte er so etwa alles beenden, damit die Vögel ihren Willen bekommen und wieder Ruhe einkehrt?
    Aber Letti lässt das nicht zu und opfert sich, indem sie sich über den Erzähler wirft.


    Mir kam auch schon die Idee wie Valentine, dass diese Leere, die diese Vögel in die Realität picken Ähnlichkeit mit dem Nichts in der Unendlichen Geschichte hat, ob der Autor sich davon wohl hat inspirieren lassen?


    Der Erzähler war also schon mehrmals an diesem Teich, warum kann er sich nicht daran erinnern?



    nicigirl85
    Ah, dass das Kätzchen am Schluss Lettie sein könnte, daran hatte ich noch gar nicht gedacht. Für mich war es einfach das Kätzchen, das ihn auch schon vorher begleitet und ich dachte, dass wir da nun spätestens wissen, dass es ein übernatürliches Kätzchen ist, weil es ja nach all den Jahren noch lebt... aber die andere Version kann auch sein.


    Ich dachte auch, dass es sich bei der Katze um das Tier handelt, welches eher schon mal auftauchte.

  • Die Szene in dem Feenreif war super geschrieben. Ich hatte richtig Gänsehaut. Als die falsche Lettie auftauchte, dachte ich schon, jetzt ist es vorbei. Mit den Gedichten, die er da die ganze Zeit rezitiert, konnte ich leider nichts anfangen.
    Dass die Vaterfigur ihn beim pieseln erwischt hat, fand ich lustig. Und als er ihm die Meinung sagt ("Fühlst Du Dich toll, wenn du einen kleinen Jungen zum Heulen bringst?") fand ich ihn unglaublich mutig.


    Der Ozean im Eimer war auch mein Highlight in diesem Abschnitt. Er hat auch gezeigt, wieviel Macht Gramma hat, denn ohne ihre Hilfe wäre der Ozean nicht in den Eimer gegangen. Einfach toll.


    Dass der Junge - mal wieder - Letties Hand losließ, konnte ich nicht so ganz nachvollziehen. Hätte ich ihm gar nicht zugetraut, sich einfach so zu opfern. Ich fand es total traurig, als Lettie dann in den Ozean ging. Auch wenn sie nicht gestorben ist, so ist sie nun doch eben weg.


    Mir bleiben ein bißchen zu viele Fragen offen. Aber die Geschichte und die Sprache hat mich verzaubert.




    Bei dem Kätzchen am Schluss, welches er Ozean tauft, da habe ich mir gedacht, dass das doch Lettie sein könnte, was meint ihr?


    Hm für mich war das einfach nur die Katze, die er gepflückt hat. Aber wahrscheinlich ist jetzt ein Stück von Lettie in allem, seit sie in den Ozean gegangen ist :smile:




    Die "Reinigung" im Ozean, der in einen Eimer passt, war auf surreale Weise wunderschön. Und wirft wieder Fragen auf - wenn die Hempstocks einmal in diesem Zustand der Allwissenheit waren, den der Jungen da gerade erlebt hat, warum haben sie ihn dann zugunsten eines Erdendaseins aufgegeben?


    Ich hatte es so verstanden, dass man im Ozean zwar allwissend ist, sich dann aber "verteilt" und nicht mehr eine Person ist. Man hat noch sein Bewusstsein, aber keinen Körper. Bringt einem dann das viele Wissen etwas? Außerdem ist es doch langweilig, allwissend zu sein :zwinker:


    Mein größtes Fragezeichen ist aber: Warum soll sich der Protagonist nicht daran erinnern, dass er die Farm besucht hat? Und wer wurde eigentlich beerdigt? (ich weiß, das ist für die Geschichte völlig egal).

    Pessimisten stehen im Regen, Optimisten duschen unter den Wolken.

    Einmal editiert, zuletzt von Zara ()

  • Da war ja nochmal viel los im letzten Teil der Geschichte. Ich muss ganz ehrlich sagen, ich wäre nie auf die Idee gekommen, dass die erste Lettie, die am Feenring erschien, nicht die echte ist. Und danach hätte ich an der Stelle des Jungen keiner anderen Lettie mehr über den Weg getraut.


    Der Ozean im Eimer löst das Rätsel, warum der Eimer in meinem Buch mehrfach abgebildet ist. Die Idee finde ich wunderschön, den Ozean auf diese Weise zu transportieren. Es zeigt, wie viel Kraft und Magie selbst in so wenig von diesem mysteriösen Gewässer steckt. Der Junge verlässt sich ganz auf Lettie, taucht darin unter und kann ohne Probleme atmen. Er wundert sich zwar, nimmt diese Tatsache aber als selbstverständlich Thin und macht sich nicht lange Gedanken darüber, wie nur Kinder es vermögen. So wie er diese Szene beschreibt, diese Wahrnehmung im Wasser, stelle ich mir einen Trip auf Drogen vor. Richtig berauschend.


    Als Lettie sich geopfert hatte und (vorübergehend) tot war, war ich ziemlich betroffen. Damit hatte ich nicht gerechnet. Sie wird zwar irgendwann zurückkehren, aber wann, bleibt offen. Für mich ein trauriges Ende. Der Gedanke, dass Lettie in der Katze zurückkommt, kam mir auch. Ich hatte schon am Anfang kurzzeitig die Idee, ob die Hempstocks alle nur eine Person in verschiedenen Körpern sind, aber sie traten ja auch gleichzeitig auf, also konnte es das nicht gewesen sein. Aber die Katze als Lettie, also ein vergleichweise harmloses Individuum bis zu ihrer Genesung, erscheint plausibel.


  • Ich hatte es so verstanden, dass man im Ozean zwar allwissend ist, sich dann aber "verteilt" und nicht mehr eine Person ist. Man hat noch sein Bewusstsein, aber keinen Körper.


    Stimmt, das hatte ich schon wieder vergessen (ich hatte das Buch schon vor Weihnachten durch, kam dann aber nicht mehr zum Posten). Das ist natürlich eine plausible Erklärung.


    Zitat

    Mein größtes Fragezeichen ist aber: Warum soll sich der Protagonist nicht daran erinnern, dass er die Farm besucht hat?


    Vielleicht, weil nicht bekannt werden darf, dass die Grenzen zwischen den Welten/Dimensionen/whatever dort fließend sind?


    Zitat

    Und wer wurde eigentlich beerdigt? (ich weiß, das ist für die Geschichte völlig egal).


    Das hätte ich auch gerne noch erfahren. Ich tippe auf den letzten verbliebenen Elternteil. Ich glaube nicht, dass der Erzähler zur Beerdigung eines entfernteren Verwandten zurückgekommen wäre.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Mir hat das Ende des Buches sehr gut gefallen - der ringförmige Schluss, der einen zum Ausgangspunkt und zum erwachsenen Protagonisten zurückbringt. Und gerade der "Raum für Spekulationen", der einige von Euch gestört hat, gibt ja jedem die Freiheit, seine eigene Geschichte daraus zu machen?! (Ich wird übrigens ganz am Ende interessehalber mal das vorne erwähnte Interview zum Buch mal anhören, um mich ausnahmsweise mal zu vergewissern, ob meine eigenen Ideen mit denen des Autors irgendeine Ähnlichkeit haben; wenn Interesse besteht, fass ich gerne hier zusammen, aber wenn, dann wirklich erst, wenn jeder die Möglichkeit hatte, seine eigenen Vorstellungen auszudrücken, oder?)


    An kritischen Punkten seines Lebens scheint der Protagonist immer wieder auf die Hilfe, die Lettie und seine Familie für ihn bedeuten, zurückzugreifen - allerdings inzwischen auf einer Art "unbewussten Ebene"; nur ein Kind kann so unbefangen zwischen Realität und Magie hin- und herwechseln; von einem "normalen" Erwachsenen erwartet man das einfach nicht (mehr).
    Solch ein kritischer Punkt war wohl das anfangs erwähnte Begräbnis - ja, für mich auch zeitlich sicher das eines Elternteils.
    " You wanted to get away from everyone and be on your own. So first of all you drove back to the place you'd lived in as a Boy, and when that didn't give you what you missed, you drove to the end of the lane and you came here, like you always do. "


    Für mich ist die Quintessenz des Buches, dass jeder in sich selbst oder woanders etwas finden muss, dass ihm im Leben zusätzliche/besondere Kraft verleiht, wenn's mal kritisch wird. Bei einem Kind sind das in den ersten Jahren die Eltern, früher oder später (im Falle des Protagonisten wohl ziemlich früh..) muss jeder einsehen, dass auch diese "nur menschlich" sind und man zusätzlich auch selbst Verantwortung für sich übernehmen muss. Die Quelle dieser Kraft ist wohl ziemlich individuell: Es können z.B. andere Menschen sein, die Religion oder etwas, das man tief in sich selbst in seiner Imagination oder seiner Persönlichkeit verborgen trägt. Und weil dies so individuell ist, gefällt mir eben gerade der Interpretationsspielraum : Jeder kann das Buch so lesen, wie es für ihn passt..


    Der Ichfigur des Romans wird jedenfalls bestätigt (ob durch eigene Kontemplation oder durch ein echtes Gegenüber, ist eigentlich nicht wichtig?), dass seine "Sinnsuche" prinzipiell erfolgreich ist/war:
    " You're growing a new heart, for a start. "
    ( " A story only matters, I suspect, to the extent that the people in the story change. " wie es vorher heißt.. )


    __________________________


    Der Showdown in den Kapiteln vorher und das Bedrohliche von mehreren anderen Ebenen her erinnert fast schon an Multiversen. Sehr schön finde ich den finalen Hinweis von Lettie darauf, dass man all das Wissen darum eigentlich beiseite schieben muss, um das Hier und Jetzt richtig genießen und leben zu können.


    " So you used to know everything? - ..you really have to give it all up if you want to play. - To play what? - This. "


    " I do not miss childhood, but I miss the way I took pleasure in small things, even as greater things crumbled. "


    (Passt übrigens doch auch sehr gut zu den wirklich immer wieder sehr genießerischen "Essensbeschreibungen" - die sind wirklich sehr im Hier und Jetzt.. ;) )

    Einmal editiert, zuletzt von Alice ()


  • Er muss doch wissen, dass er gar keine Chance hat, wenn er einfach wegrennt... Aber da war er dann wohl doch nicht so "reif", wie er uns bis dahin immer erschien.


    Ich hatte das so verstanden, dass ihm der Preis für seine Rettung als zu hoch erschien und er sich daher ganz bewusst opfern wollte - also eben gerade sehr reif. Passt auch dazu, dass er nach seiner Rettung meint, er muss den dann gezahlten Preis iwie "rechtfertigen". Muss vielleicht aber auch noch mal nachlesen..

  • Ich wollte da nochmal eine Frage an meine Mitleser loswerden: Stört es euch eigentlich, dass ihr nicht wisst wie nun der Junge heißt?


    Fragt mich nicht wieso, aber ich würde es zu gern wissen wollen, aber wir erfahren es ja leider nicht. Er könnte jeder sein...

    &WCF_AMPERSAND"Das Buch als Betriebssystem ist noch lange nicht am Ende&WCF_AMPERSAND" (H.M. Enzensberger)


  • Fragt mich nicht wieso, aber ich würde es zu gern wissen wollen, aber wir erfahren es ja leider nicht. Er könnte jeder sein...


    Ich habe mich auch oft gefrag, wie der Junge heißt, aber da es ja eine Rückschau des Erzählers ist, fand ich es ok.


    Vielleicht soll es auch so sein, dass es jeder sein kann, somit könnten wir es auch sein, die diese Abenteuer erleben :zwinker:

  • So ich habe das Buch nun auch beendet. Es war zwischen den Feiertagen dann doch stressiger als ich dachte.


    Als der Junge im Feenkreis warten sollte, hätte ich nicht gedacht, dass er das so gut aushält. Dass er bei den ollen Kreaturen standhaft bleibt, dachte ich mir schon. Aber als er dann von seiner Schwester, Vater und sogar Letti fast rausgelockt wird, wäre ich vermutlich irgendwann mit einem davon mitgegangen. Spätestens bei Letti, ich hab im ersten Moment gedacht das wäre die echte Letti. Ich denke mal, dass ich drauf reingefallen wäre :gruebel:
    Aber unser kleiner Junge ist echt super schlau und lässt sich nicht so leicht austricksen. Das hat mich sehr gefreut!


    Die Scene mit dem Ozean im Eimer fand ich auch super. Eine ganz tolle Idee von Neil Gaiman.

    Zitat von Doris

    Es zeigt, wie viel Kraft und Magie selbst in so wenig von diesem mysteriösen Gewässer steckt.

    Das stimmt, das zeigt es in der Tat und ist sehr bewundernswert. Mir gefällt diese Szene im Buch mit am besten!


    Als der Junge am Ende denkt, dass Letti tot ist, war ich zu tiefst traurig. Ich habe sehr sehr gehofft, dass er sich irrt. Ein Glück, ich hoffe Letti wird bald vom Ozean zurückgegeben und ihr gehts wieder gut. Aber richtig sterben können sie ja anscheinend eh nicht.


    Dass der Junge aber schon des öfteren wieder die Farm besucht hat, finde ich auch sehr schön. Er vergisst es anscheinend immer wieder, doch dort fühlt er sich wohl und wird davon angezogen.


    Insgesamt ein sehr sehr schönes Buch, von dem ich mich ein bisschen verzaubert fühle.
    Ich habe mir das Cover eben nochmal genauer angeguckt. Wie wunderschön passend es einfach ist. Es spiegelt einfach den Zauber und das magische von dieser Geschichte wieder.


  • Ich wollte da nochmal eine Frage an meine Mitleser loswerden: Stört es euch eigentlich, dass ihr nicht wisst wie nun der Junge heißt?


    Fragt mich nicht wieso, aber ich würde es zu gern wissen wollen, aber wir erfahren es ja leider nicht. Er könnte jeder sein...


    Also super doll hat es mich nicht gestört. Ich finde es nur manchmal schade, wenn man immer nur von "dem Jungen" reden kann. Das wirkt so, als wenn man noch gar nicht richtig in der Geschichte drinne ist und noch am Anfang steckt.
    Ich würde den Namen zwar gerne wissen, aber hier in diesem Fall ist es auch irgedwie passend, wenn er "namenlos" bleibt.

    Einmal editiert, zuletzt von pankratz ()

  • Ich mag es auch nicht so gerne, wenn ich nicht weiß, wie die Protagonisten heißen. Allerdings hat es mich in diesem Buch weniger gestört als neulich bei "The Perks of Being a Wallflower". Da kannte man zwar den Namen des Erzählers, aber seine Geschwister, die häufig vorkamen, blieben namenlos. Das hat mich total genervt, während ich es hier nicht sooo schlimm fand, auch wenn ich natürlich neugierig gewesen wäre.


    Es kann natürlich gut sein, dass Gaiman ihm absichtlich keinen Namen gegeben hat, weil es theoretisch jeder hätte sein können.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Ich glaube ich hätte das Buch nachdem vorletzten Abschnitt nicht mehr aus der Hand nehmen sollen. Ich bin in den letzten jetzt etwas schwerer reingekommen und konnte mich dann auch nur deutlich schwerer auf die Sprache des Autors einlassen. Also, noch ein Grund mehr, daß Buch einmal im Orginal zu lesen :zwinker:.


    Für mich fast mit die schönste Szene in diesem Abschnitt war, als Lettie mit ihrem bewußtlosen Körper auf den Wellen geritten ist. Das hatte so etwas friedlich schönes.




    Allerdings war der Ausgang der Geschichte auch wieder nicht so leicht nachvollziehbar und lässt viel Raum für Spekulationen.


    Das stimmt, was ich erstaunlich finde ist, daß der Junge scheinbar direkt beim Eintreffen bei seinen Eltern seinen Erinnerungen beraubt worden ist. Irgendwie schade, aber auf der anderen Seite auch eine logische Handlung der Damen, oder?
    Eine tolle Idee fand ich es, daß scheinbar Lettie ihn immer wieder zu sich ruft, um zu sehen ob das was er aus seinem Leben gemacht hat es wert ist.
    Puuh, eine schwere Bürde, wenn man das wüßte das jemand das Leben eines Menschen quasi abschätzt und beobachtet. Da man doch häufig einfach so in den Tag hineinlebt und nicht denkt, daß damit irgendwann einmal Schluss sein könnte.



    Mein liebstes Bild aus dem letzten Abschnitt: wie Lettie den Ozean zu ihm bringt, in einem Eimer. Genial.


    Die Szene fand ich auch sehr schön. Lustig fand ich es aber auch, daß sie meinte er hätte sich ziemlich bitten lassen :lachen:.



    Am Ende war ich dann aber doch traurig, denn scheinbar hat sich Lettie für unseren Jungen geopfert. Der Ozean hat sie aufgenommen und wird sie irgendwann und nur vielleicht wieder frei lassen.


    Komischer Weise war ich das nicht. Vielleicht aber auch, weil ihre Familie so davon überzeugt gewesen ist, daß sie wiederkommt und nur einen kleinen Hauch von Trauer zeigten.



    Bei dem Kätzchen am Schluss, welches er Ozean tauft, da habe ich mir gedacht, dass das doch Lettie sein könnte, was meint ihr?


    Ich hatte eher gedacht, daß es sein totes Kätzchen war.



    Das stört mich wohl gerade am meisten. Ich hatte gehofft, dass doch noch mehr aufgeklärt wird und es eine andere Art von "Happy End" gibt. Es blieb mir einfach doch zu vieles offen.


    Normale Weise stört mich das auch. Aber ich finde die Geschichte hat schon irgendwie ein Ende. Zumindest wenn man sie als Geschichte des Jungen sieht. Er war in Gefahr und wurde gerettet und konnte "glücklich" weiterleben. Auch mit dem "Ende" von Lettie kann ich leben. Denn für mich ist sie nicht tot.


    Was ich i.ü. erstaunlich fand war, daß seine Eltern ihm scheinbar sehr wohl herzliche Zuneigung entgegen gebracht haben. Wenn man schon alleine an den Spitznamen denkt, den sein Vater ihm als kleines Kind gegeben hat. Vielleicht sind sie doch herzlicher als es zuerst den Anschein hatte.




    Schlimm war ja auch wieder "Showdown" mit den immer noch extrem gruseligen Hungervögeln. Vor allem habe ich es nicht verstanden, warum der Erzähler Lettie loslässt und wegrennt. Er hat ja die ganze Zeit immer mehr gemerkt, dass er sich auf Lettie verlassen kann und bereut es ja schon einmal sie losgelassen zu haben. Er muss doch wissen, dass er gar keine Chance hat, wenn er einfach wegrennt... Aber da war er dann wohl doch nicht so "reif", wie er uns bis dahin immer erschien.


    So wie ich das verstanden habe, wollte er sich opfern und das würde dann schon irgendwie passen. Er hat denke ich Angst, daß die Vögel die Welt und Alles was er liebt auffrisst und da wollte er quasi den Heldentot sterben.




    Ja, das waren so ein paar Punkte, die mich zum Schluss doch irgendwie gestört haben, oder wo ich halt einfach gerne mehr erfahren hätte.
    Aber wir wissen endlich, dass seitdem 40 Jahre vergangen sind!


    Das finde ich ist für Gaiman aber typisch. Er erwähnt viele nette Kleinigkeiten über die man gerne mehr wissen würde. Aber für mich ist es in seinen Romanen meist okay. Da ich die Geschichten an sich meist so schön finde.




    Puh, während der Junge im Feenkreis gewartet hat, hatte ich wirklich Angst um ihn, vor allem, als die falsche Lettie aufgetaucht ist. Und dass der Vater - der ja echt war - ihm seinen Willen gelassen hat, war auch nicht unbedingt zu erwarten. Das hätte ins Auge gehen können.


    Bist Du Dir sicher das der Vater echt war? Woher soll er denn gewusst haben, daß sein Sohn sich in dem Feenkreis versteckt hat. Als Vater wäre er doch zu ihm nah hingegangen.



    Als die Ungeziefervögel im nächsten Kapitel Stücke aus der Realität herauspicken, an deren Stelle nur noch eine undeutliche Leere bleibt, hat mich das an das "Nichts" in der Unendlichen Geschichte erinnert. Das war wieder eine ganz schön gruselige Angelegenheit. Ich konnte es kaum glauben, als sich die Viecher auf den Jungen gestürzt haben ... und dann hat sich Lettie an seiner Stelle geopfert, weil sie, wie ich das verstanden habe, in gewisser Weise unsterblich ist.


    Kennt einer von Euch den Film "Die Braut des Prinzen"? Dabei musste ich bei der "Todsache" denken. Da kann "der grausame Pirat Roberts" ja auch nur wiederbelebt werden, weil er nur zum größten Teil Tod ist und so ähnlich habe ich mir das bei Lettie auch gedacht. Wobei ich schon glaube, daß sie sterben kann.
    Ich frage mich nur die ganze Zeit, wie "entstehen" denn Frauen in diesem Clan. Da scheinbar nur Männer "normal" entstehen.




    Alles in allem hat das Buch mich sehr fasziniert. Widerwärtig, zauberhaft, geheimnisvoll und wunderschön geschrieben, beantwortet es lang nicht alle Fragen, die es aufwirft. Meistens stört mich das, aber hier gar nicht mal so sehr. Vielmehr habe ich jetzt schon Lust, das Buch irgendwann noch einmal zur Hand zu nehmen - einerseits wegen der großartigen Sprache und des tollen Einfühlungsvermögens in einen Siebenjährigen, und zum anderen, um zu schauen, was ich dann darin sehe.


    Genauso geht es mir auch und vor allem würde es mich interessieren, was ich beim zweiten Lesen noch Alles so entdecke.



    Im Epilog erfährt man, dass der Junge auch noch als Erwachsener schon oft die Farm besucht hat und es aber jedes Mal wieder vergisst. Wenn man die Hempstock Frauen nun kennt, kann man sich denken, warum das so ist und auch, warum er sich an die traumatischen Erlebnisse aus seiner Kindheit nicht mehr erinnern kann.


    Wobei diese traumatischen Ereignisse doch auch einige schöne Momente beinahlten. Aber erleben wollte ich sie trotzdem nicht.


    Gestört hat es mir nur beim Schreiben in der LR, daß der Junge keinen Namen hatte. Im Buch selbst eigentlich nicht.

  • Zitat von Christine

    Was ich i.ü. erstaunlich fand war, daß seine Eltern ihm scheinbar sehr wohl herzliche Zuneigung entgegen gebracht haben. Wenn man schon alleine an den Spitznamen denkt, den sein Vater ihm als kleines Kind gegeben hat. Vielleicht sind sie doch herzlicher als es zuerst den Anschein hatte.


    Ich hatte an sich nicht den Eindruck, dass der Junge keine Liebe erfahren hat. Seine Familie hat zu Beginn des Buches sehr schwere Zeiten durchgemacht, daher kam vielleicht das Leichte, Spielerische zu kurz. Erst, als Ursula aufgetaucht ist und alle "behext" hat, wurde das Verhältnis zwischen Eltern (v.a. dem Vater) und Sohn so kalt und gemein.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen






  • Ich wollte da nochmal eine Frage an meine Mitleser loswerden: Stört es euch eigentlich, dass ihr nicht wisst wie nun der Junge heißt?


    Das stört mich nicht. Man weiß ja immer, wer gemeint ist.



    Ich hatte an sich nicht den Eindruck, dass der Junge keine Liebe erfahren hat. Seine Familie hat zu Beginn des Buches sehr schwere Zeiten durchgemacht, daher kam vielleicht das Leichte, Spielerische zu kurz. Erst, als Ursula aufgetaucht ist und alle "behext" hat, wurde das Verhältnis zwischen Eltern (v.a. dem Vater) und Sohn so kalt und gemein.


    Mir kam es auch nicht so vor, als wäre es ein schlechtes oder gar gewalttätiges Verhältnis. Es mag sein, es dass besonders liebevoll war, aber ich hatte nie den Eindruck, dass der Junge vor seinen Eltern Angst hatte.

  • Ich denke, dass der Junge darum keinen Namen hat, weil er eigentlich Neil Gaiman selbst ist.
    In dem vorne (2. oder 3. Abschnitt..) verlinkten kurzen Interview sagt er, dass die Gestalt ihm selber als Kind sehr ähnlich sei (speziell die Affinität zu Büchern..), irgendwo bezeichnet er sie auch als "me-ish" - und schließlich hat er das Buch ursprünglich für seine Frau geschrieben.