Carsten Henn - Der Buchspazierer

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    REZENSION – „Der Buchspazierer“, der neue Roman von Autor Carsten Henn (47), im November erschienen im Pendo Verlag, liest sich wie ein modernes Märchen und ist eine Hommage an die Welt der Bücher. Doch ist das Buch nicht nur eine Liebeserklärung an die bunte Vielfalt der Literatur, denn deutlich wird in der Geschichte auch die Kritik an der Kommerzialisierung des Buchhandels und dem gelegentlich zu vermissenden Fachwissen dortiger Mitarbeiter.

    Im Zentrum der Handlung steht die alte Buchhandlung am Stadttor in einer kleinen Altstadt, Hauptperson ist deren langjähriger, inzwischen im Ruhestand lebender Fachhändler Kollhoff – ein Buchhändler aus vergangener Zeit. Er kannte nicht nur den Inhalt der Bücher, die zum Verkauf standen, sondern auch die literarischen Vorlieben seiner Stammkunden. „Ist Herr Kollhoff vielleicht da? Er weiß immer, was mir gefällt. Er weiß immer, was allen gefällt.“ Doch diese Zeiten sind längst vorbei. Kohlhoffs einstiger Chef und Freund lebt im Seniorenheim, die Tochter – sicher eine gute Kauffrau, aber offensichtlich keine Fachfrau – führt jetzt die Buchhandlung, deren Sortiment nicht nur um DVDs und CDs, sondern zum Entsetzen Kohlhoffs auch um Gesellschaftsspiele, Tee und Schokolade erweitert wurde. Der altgediente Buchhändler genießt bei der jungen Inhaberin nur noch sein „Gnadenbrot“: Er darf langjährigen Stammkunden die bestellten Bücher ins Haus bringen. „Auf dem Rücken trug er einen abgescheuerten alten Lederrucksack, prall gefüllt mit Büchern, jedes davon in Packpapier und Kordel gehüllt, damit es keinen Schaden nahm, als wäre es ein Geschenk. Alle nannten ihn nur den Buchspazierer.“

    Im weiteren Verlauf der Handlung lernen wir die neunjährige, sehr aufgeweckte Charlotte kennen, die in den kommenden Tagen den Buchspazierer zu seinen Kunden begleiten und ihm später nach Verlust dieser letzten Aufgabe aus seiner Not heraushelfen wird. Es waren „Menschen, die …. ihre Augen gerne über die Buchrücken streifen ließen, weil in den Büchern Menschen lebten, denen sie sich verbunden fühlen, weil sich dort Schicksale ereigneten, die sie teilten.“ Beiläufig charakterisiert der Autor auch uns Leser. Er kennt die Hasen, die Bücher mit Rekordgeschwindigkeit lesen, dass sie zwar Wörter, nicht aber den Gehalt eines Buches aufnehmen. Da ist der Kiebitz, der immer erst das Ende eines Romans kennen muss, bevor er vorn zu lesen beginnt, oder auch der Schildkröten-Typ, der allabendlich vor Müdigkeit nicht über ein Kapitel hinauskommt und dieses am nächsten Abend nochmals liest, weil er das Gelesene schon wieder vergessen hat.

    „Der Buchspazierer“ ist nicht nur eine warmherzige, fast poetische Geschichte über den Zauber der Literatur. Henn beschreibt seine Figuren voller Zuneigung. Es geht in seinem Roman nicht nur um Bücher und ihre Leser, sondern auch um Freundschaft und Achtsamkeit und um die kleinen Dinge des Lebens. Mag sich unsere Gesellschaft auch ständig wandeln, tröstet der Autor uns Bücherfreunde: „Das geschriebene Wort wird immer bleiben, weil es Dinge gibt, die auf keine Art besser ausgedrückt werden können.Und der Buchdruck ist die beste Konservierungsmethode für Gedanken und Geschichten.“

    Der zauberhafte Roman „Der Buchspazierer“ mag vielleicht nicht höchsten literarischen Ansprüchen genügen. Die kleine Geschichte ist dafür doch zu märchenhaft und die Figuren sind zu seicht gezeichnet. Eher scheint es, als hätte sich der Autor hier etwas von der Seele geschrieben: seine sehr persönliche Meinung über den Wandel des deutschen Buchmarktes und Buchhandels. Dennoch – oder gerade deshalb! – ist „Der Buchspazierer“ ein charmanter, empathischer Wohlfühlroman für Buchliebhaber und ein ideales Geschenk für jeden Bücherfreund.

  • Der Buchspazierer war das erste Buch für mich in 2021 und es war ein mehr als guter Start ins Lesejahr.

    Ich fand das Buch auch ganz zauberhaft, bereits das erste Kapitel hatte mich überzeugt. Vor allem natürlich für Buchliebhaber ist es eine Geschichte, die zu einem spricht und die man nachvollziehen kann, die aber auch ans Herz geht. Auch Buchhandlungen müssen sich heutzutage immer mehr verändern und da treffen oftmals zwei Welten aufeinander. Gut dargestellt in unserer Hauptfigur und der Besitzerin des Buchladens. Aber zum Glück gibt es ja auch noch die Kinder mit ihrer Fantasie.

    Eine große Empfehlung auf jeden Fall.


    5ratten

  • Ich habe das Buch heute Abend zugeklappt - und Carl, Schascha und einige andere vermisse ich jetzt schon ein bisschen.

    Ein wenig "zauberhaft und auch märchenhaft", aber vieles auch real dargestellt; die sich verändernde Buchwelt, die Wegrationalisierung eines vielleicht wirklich überholten Buchausträgers, verkörpert von dem skurrilen, belesenen und äußerst sympathischen Carl Kollhoff.... Zum Ende auch eine dramatische Wendung, die mich etwas melancholisch werden ließ (da durch den Inhaberwechsel sich für Carl sein ganzes Leben änderte) und natürlich ein positiver Ausgang - dem kleinen Mädchen sei's gedankt ;)


    Ich habe noch kein Buch von Carsten Henn gelesen, doch dieses ist ihm wirklich fabelhaft gelungen: Ich fand es nicht kitschig oder klischeehaft; sondern bezaubernd für jeden Buchliebhaber. Zuweilen auch etwas wehmütig, da auch ich oftmals spüre, wie sich Dinge verändern - nicht immer zum Guten, wie ich finde


    (z.B. in der Bibliothek keinen Menschen mehr vorzufinden, dem ich die Rückgabebücher geben kann und ein paar Worte wechsle; nun gibt es ein Fließband und keinen Grund mehr, mit den Mitarbeitern ins Gespräch zu kommen).


    Im Grunde werden im Buch auch viele gesellschaftskritischen Problemstellungen angesprochen (Analphabetismus, häusliche Gewalt, Einsamkeit etc.) und die Herausarbeitung der literarischen Apotheke fand ich schon genial; ebenso wie die Namen der KundInnen, die Carl und Schascha beliefert...


    Ich schließe mich Mungo 's absoluter Empfehlung an; ein kleines "trouvaille" - wenn auch sicher kein Buch für den Deutschen Buchpreis in literarischer Hinsicht; aber auf jeden Fall eines für Bibliophile; warmherzig, nostalgisch, menschlich.


    5ratten

    "Bücher sind meine Leuchttürme" (Dorothy E. Stevenson)

  • Eigenartig - vielleicht hat mich dieses Buch ja auf dem falschen Fuß erwischt.. :/

    Ich hatte es aus der Bib, sogar selbst auf die Liste gesetzt - aber irgendwie konnte es mich nicht "mitnehmen", irgendwas war.. schief oder zu konstruiert für mich.. (?), sodass ich es abgebrochen habe.

    Vielleicht probier ich's ja später noch mal..

  • Alice Mir ist es auch schon passiert, dass ich mit einem hochgelobten Buch nichts anfangen konnte, obwohl sich manchmal mein Buchgeschmack sonst mit den begeisterten Stimmen gedeckt hat. Manchmal ist es eben so.

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Das Buch habe ich letztes Jahr auf den Reader geladen - offenbar sollte es jetzt gelesen werden.


    Die Rezensionen machen auf jeden Fall Lust darauf.

    Früherer Nutzername "Alexa" :)

  • Ich kann mich den durchaus nur positiven Rezensionen leider nicht anschließen. Ja, der Anfang war super und ich bin gerne mit Herrn Kollhoff, dem Buchspazierer, von Haus zu Haus spaziert und habe die Menschen kennen gelernt.

    Aber der Schluss hat alles verdorben finde ich. Das hat überhaupt nicht zum Rest gepasst.


    Zudem ist mir keiner der Figuren wirklich nahe gekommen. Weder Herr Kollhoff noch die quirlige Schascha, die ihn begleitet oder die anderen Figuren, die nach und nach auftauchen.

    Die Hälfte des Buches habe ich heute in einem Rutsch gelesen. Vor allem die letzten 40 Seiten fand ich dann echt nur mehr schrecklich.


    Das Buch beginnt als Wohlfühlbuch, definitiv, aber was der Autor daraus macht, ist einfach nicht meins.


    3ratten

  • Das Buch habe ich letztes Jahr auf den Reader geladen - offenbar sollte es jetzt gelesen werden.


    Die Rezensionen machen auf jeden Fall Lust darauf.

    Hast du das Buch mittlerweile gelesen?

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Carl liefert Bücher aus: er hat eine Reihe von Stammkund*innen, die er täglich zu Fuß mit ihren Bestellungen beliefert. Doch sein alter Chef, der Inhaber des Buchladens liegt im Altersheim, seine Tochter hat das Geschäft übernommen und sieht Carl und seine Liefertradition kritisch. Eines Tages bekommt Carl eine Begleitung, ein Mädchen Shasha schließt sich ihm an und begleitet ihn auf seiner Tour. Mit ihrer offenen Art bringt sie frischen Wind in die Leben Carls und der Kunden, doch das finden nicht alle gut.


    Schade. Mir gefiel das Buch deutlich weniger als erwartet. Ich hatte mir das sehr schön und gemütlich vorgestellt, aber letztlich empfand ich es leider hauptsächlich als kitschig und konstruiert und gerade das Ende hat sich noch mal negativ auf meine Bewertung ausgewirkt.


    2ratten

  • Ging mir ähnlich, und ich hab mich beim Lesen öfters gefragt, ob ich eventuell unbarmherzig mit dem Buch bin - also herzlichen Dank für Deine Bestätigung illy . Eines der wenigen Bücher, das ich abgebrochen habe - das Ende hab ich also gar nicht mehr mitgekriegt..

  • Carl Kollhoff arbeitet schon sein ganzes Leben in einer kleinen Buchhandlung. Er liefert Bücher an die Kunden aus, die ihr Haus nicht verlassen können oder wollen. Für ihn ist das nicht bloß Arbeit, es ist eine Berufung. Doch die Zeiten ändern sich, der alte Buchhändler stirbt und seine Tochter übernimmt den Laden. Sie würde Kollhoff am liebsten sofort loswerden, denn die Kunden sollen gefälligst selber in die Buchhandlung kommen. Das Auslieferermodell ist in ihren Augen veraltet und nicht wirtschaftlich.

    Derweil lernt Kollhoff ein kleines Mädchen kennen, Schascha. Es hängt sich an ihn wie eine Klette und will ihn zu seinen Kunden begleiten.


    Als ich zuerst von diesem Buch hörte, sagte ich mir, dass es für mich nicht in Frage kommt. Ein Roman über einen alten Mann und ein nerviges Gör muss schon mindestens auf einem anderen Planeten und unter dem Beschuss von Alienkanonen spielen. Das Buch landete irgendwann eher zufällig als Hörbuch in meiner Sammlung und blieb dort eine ganze Weile unangetastet. Schließlich nahm ich es mir doch vor.


    Es war nicht so schlimm, wie ich erwartet habe. Selbst das nervige Gör Schascha war zu ertragen.

    Den ganzen Lobeshymnen auf das Buch kann ich mich nicht anschließen. Es ist nett. Zum Einmal-Lesen. Sehr (sehr!) vorhersehbar. Wenn mal etwas Schlimmes passiert, dann nur, damit es danach gleich um den Faktor 100 besser wird. Mich haben nicht einmal die Gespräche über Bücher sonderlich begeistert, denn Werke über die Liebe zu Büchern habe ich schon zuhauf gelesen, ich kann kaum noch Neues entdecken. Die Charaktere im Roman sind allesamt etwas schrullig geraten, was sie wohl charmant machen soll, und es vielleicht auch tut, nur war es mir egal.


    Bei all dem Gemotze entsteht vermutlich der Eindruck, dass dieses Buch für mich ein Flop war, aber dem ist nicht so. Wie gesagt, es ist nett. Leicht. Unaufgeregt. Stellenweise recht putzig. Im Vergleich zu manch einem anderen Buch im vergangenen Jahr geradezu ein Meisterwerk. Ich könnte mir vorstellen, auch andere Romane des Autors Carsten Henn zu lesen bzw. hören. Nur nicht so bald. Den ganzen Zuckerguss aus "Der Buchspazierer" muss ich erst einmal verdauen, was sicherlich noch dauern wird.


    Empfehle ich dieses Buch? Ja. Es ist dünn, kann an einem Tag gelesen werden. Es belastet nicht, sofern man das Thema Altwerden nicht als furchtbaren Trigger empfindet. Es ist wie ein Salatblatt - belastet nicht, macht aber auch nicht satt.


    3ratten


    ***
    Aeria

  • Ich glaube für mich hat dieses Buch einfach zur damaligen Zeit gepasst, es war das, was ich gebraucht habe. Frage mich hin und wieder, was ich heute davon halten würde. Das Folgebuch, den Geschichtenbäcker, fand ich dann auch eher kitschig.


    Der Buchspazierer wird übrigens auch verfilmt.