David Foster Wallace - Unendlicher Spaß

Es gibt 58 Antworten in diesem Thema, welches 15.322 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von b.a.t..


  • Kann man es denn auf Englisch lesen, wenn man zwar ENglisch kann, jedoch Vokabeltechnisch nicht auf dem höchsten Level ist und trotzdem etwas verstehen? Weil dann kauf ich mir es auf Englisch, da kostet es als Paperback sehr wenig.


    Hi cori,


    eigentlich nicht, aber es kommt darauf an, wie dünn der Gesamtkontext sein soll oder darf, den du verstehen möchtest. Das ist auf einer sehr subjektiven Ebene immer eine Sache der persönlichen Einschätzung. Wenn, wie an anderer Stelle geschehen, jemand mit guten Schulenglischkenntnissen behauptet, Paradise Lost im Original verstanden zu haben, wo es Anglisten nicht einmal ohne Sekundärliteratur und spezielle Dictionaries schaffen, dann ist dies ein gutes Beispiel dafür, was ich meine.


    LG, mohan :winken:


  • Kann man es denn auf Englisch lesen, wenn man zwar ENglisch kann, jedoch Vokabeltechnisch nicht auf dem höchsten Level ist und trotzdem etwas verstehen? Weil dann kauf ich mir es auf Englisch, da kostet es als Paperback sehr wenig.


    "Etwas" verstehen kann man jedenfalls - die Frage ist nur, was dieses Etwas prozentual am Gesamtwerk ausmacht und wie viel Freude man dann noch dabei hat.


    Also um das wirklich verlässlich sagen zu können, hab ich dann doch nicht weit genug gelesen, aber bei 1100 Seiten sollte es, meiner englischen Leseerfahrung gemäß zumindest, nicht zu häufig vorkommen, dass man seitenlang so gut wie nichts mitkriegt. :smile:


    Mach auf jeden Fall nicht denselben Fehler wie ich, der sich das englische Original bestellt hat, nur weil es 12,70 € oder so gekostet hat und die deutsche Übersetzung noch nicht erhältlich gewesen ist, wenn du nicht wirklich vor hast, das Ganze anzugehen.

  • Danke, Ihr Lieben, das überzeugt mich es nicht zu tun. Es ist ja ein Unterschied, ob Du leichte Lektüre wie "A widow for one year" liest oder dieses Buch... es macht ja wirklich keinen Spaß,w enn man den Faden verliert.
    Ja, ich möchte es wirklich lesen, ich meine ernsthaft.

  • Ich bin ja kein wirklicher Fan von ellenlangen Sätzen, darum hab' ich "Infinite Jest" mal verschoben und versuch' mich zuerst an "A Supposedly Fun Thing I'll Never Do Again".
    Aber was ganz anderes: Habt ihr den von Klassikfreund eingestellten Link zum Spielonline - Artikel verfolgt und den auch gelesen? So etwas Trauriges... :heul:

    Auch ungelebtes Leben<br />geht zu Ende<br />- Erich Fried

  • Oh, ich mag lange Sätze gern, naturgemäß ein Thomas Bernhard Fan...grins.

  • So, nachdem ich heute mit meiner Mutter die schwere Menge Schuhe kaufen war - ich hab es getan: halbhohe Leder"stiefel" - hab ich es dann nunmehr doch vollzogen, mir Unendlicher Spass zu besorgen, die englische Ausgabe stiert mich jetzt womöglich nicht weniger vorwurfsvoll, am Ende sogar siegesbewusst, an, aber immerhin muss ich mir nicht die immer wieder an mich selbst gerichtete Frage gefallen lassen, ob ich es vertreten kann, mir dieses Opus magnum eines doch aussergewöhnlichen Schriftstellers entgehen zu lassen und dabei die Antwort doch zu kennen, nein, gekannt zu haben.

  • Sehr schön. :smile: Wir werden immer mehr. :breitgrins:
    Wobei ich ja gestehen muss, dass ich in den vergangenen zwei Wochen kein Stück vom "Unendlichen Spaß" gelesen und immer wieder was anderes dazwischen geschoben habe, was handlicher und weniger beschwerlich für die Oberarmmuskulatur ist... :rollen:

  • MacOss das heißt also man braucht eine guten Buchhalter wenn man sich dieses Werk zulegt :breitgrins: Hmm mal überlegen ob ich da einen finde...

    Liebe Grüße JaneEyre

    Bücher haben Ehrgefühl. Wenn man sie verleiht, kommen sie nicht zurück.

    Theodor Fontane

  • Och, ich find so total schwer wie bspw. so manche Ein-Band-Anthologien, wie diese Suhrkamp-Quarto-Ausgaben etwa, ist es nicht, aber da meine rechte Hand, seit dem ich sie mir vor mittlerweile zwei Jahren ca. gebrochen hab, auch wirklich nicht mehr das ist, was sie mal war, werd ich damit im Bus etwa doch meinen Spaß haben.

  • So, habs gerade fertig gelesen und bin gleichauf zufrieden mit mir selbst und dem Buch. Hab, trotz deutscher Uebersetzung, so einiges nicht verstanden. Einerseits ob der Komplexitaet des Werkes (habe z. B. manche der hanebuechenen Fussnoten frustriert ueberlesen) und andererseits wohl auch ob meiner Herangehensweise das Buch ohne akribischer Woerterbuchrecherche durchzulesen und einfach auf mich wirken zu lassen. Doch auch mit einem solchen Zugang wird man bei der Lektuere von Wortgewalt und Intelligenz vieler Passagen, dem Humor und der Schoenheit der Collage aus den eingearbeiteten Textsorten erfreut. In weiten Teilen des Buches wird die Lektuere allerdings auch, wegen der Dichte an Fremdwoertern und Wortkreationen, ausschweifenden Szenenbeschreibungen und teilweise unversteandlichen Satzbauwerken zur Qual und ich war nie in der Lage, mehr als 50 Seiten am Stueck (eigentlich meist so 20-30 pro Tag) zu lesen (allerdings kann ich die oftmalge Kritik an der Laenge der Beschreibungen der Tennisszenen nicht nachvollziehen).


    Ich kann im Buch anhand der gefuehlten "Laengen" aber trotzdem kein substrahierbares Fuellwerk identifizieren und das Gesamtwerk auf so etwas wie zentrale Straenge (Orte, Personen) herunterbrechen. Es bleibt trotz des Fehlens einer konkreten Handlung (btw. keine falschen Hoffnungen auf eine solche!) wegen der vielen (indirekten) Kontaktpunkte der Personen unzerteilbar. Es ist eine Zustandsbeschreibung... (eines Menschen?)... (eines Milieus?)... (einer Gesellschaft?)... fuer was auch immer.


    5ratten fuer die schriftstellerische Leistung dieses Autors.

    Remember, remember the Fifth of November, / The Gunpowder Treason and Plot, / I can think of no reason / Why the Gunpowder Treason / Should ever be forgot.

  • Das liegt auch bei mir angefangen herum und derzeit komme ich nicht dazu, es weiter zu lesen. Für die Bahn ist es einfach zu schwer. :sauer:


  • [...]


    Derartige Wälzer wären wirklich was für einen E-Book-Reader - auch wenn sich alles in mir dagegen sträubt... :rollen:


    Nicht nur in dir. :zwinker:


  • Derartige Wälzer wären wirklich was für einen E-Book-Reader - auch wenn sich alles in mir dagegen sträubt... :rollen:


    Einen Reader kann man allerdings nicht so dekorativ auf der Couchlehne platzieren (die dadurch irgendwie klein wirkt :gruebel:). :zwinker:
    Ich reihe mich mal ein; ich komme mit dem Spaß momentan auch nicht weiter, obwohl mir der Einstieg gut gefallen hat. Hoffentlich komme ich über die Feiertage wieder mehr zum Lesen...


    Viele Grüße
    Breña

    "Natürlich kann man sein ohne zu lesen, ohne Bücher, aber ich nicht, ich nicht." J. L. Borges

  • Ich habe den dicken Schinken mittlerweile endlich mal im englischen Original angefangen (als Amerikanistik Student im Endeffekt Pflicht :-)) und der wird wohl trotz aller anderen Bücher, die es auch zu lesen gilt für die Uni, wohl mein Langzeitprojekt in nächster Zeit werden. Ich bin grade mal bei der Anfangsszene in der Tennisakademie angelangt bzw. habe diese beendet und muss feststellen: "Cool" ist genau das Wort, was für mich bisher auf Infinite Jest zutrifft. Selten in letzter Zeit so Spaß gehabt auf den ersten Seiten, v.a. bei einem doch nicht ganz so trivialen Buch :-). Wenn das so weiter geht, wird das Buch nicht nur unendlich, sondern auch spaßig und erfüllt damit seine Versprechen des Titeks perfekt :anbet:

    [i]Some books are to be tasted, others to be swallowed, and some few to be chewed and digested: that is, some books are to be read only in parts, others to be read, but not curiously, and some few to

  • So, ich hab's jetzt auch mal gelesen.
    Erstens: Es ist beeindruckend und enthält viele brillante Szenen und Dialoge. Es ist ohne grössere Schwierigkeiten lesbar (!), wenn man akzeptiert, dass man nicht jedes Detail und Fremdwort versteht (oder eben alles nachschlägt).
    Zweitens: Die von der Kritik teilweise gezogenen Vergleiche mit Joyce und Musil sind meiner Meinung nach dann doch arg übertrieben. Leider gibt es in der Literaturkritik so eine Art Hype-Kultur, so dass in jeder Saison irgend ein Jahrhundertbuch erscheinen muss (woher die Jahrhunderte nehmen?).
    Drittens: Es ist zu viel. In dem Buch steckt ein wirklich grandioser etwa 500seitiger Roman - was ich aber halb und halb gleich wieder zurück nehme, weil auch das, was mich genervt oder gelangweilt hat, irgendwie da sein muss. Es gehört alles dazu. Es ist ein in jeder Hinsicht exzessives Buch.
    Viertens: Der Roman ist nicht nur deprimierend. Er macht streckenweise richtig Spass. Man sollte ihn wahrscheinlich nicht zu sehr im Kontext von Wallaces Suizid lesen, immerhin ist das Buch zwölf Jahre vorher geschrieben worden.


    Das Thema von Unendlicher Spass ist m.E. die Performanz von Spass. Spass ist hier nicht ein empfundenes Vergnügen, ist überhaupt kein Gefühl, sondern etwas "Materiales", das man tut oder hat (eine Figur nennt ihre Droge "Zuviel Spass"). Die Kids an der Tennis-Akademie schwurbeln zwar über alles Mögliche daher, sind in zahllosen Diskursen zu Hause, spielen neben dem Training auf den Tenniscourts mitten im Winter bis zum Umkippen oder Ausrasten ein stark mathematisiertes Strategiespiel namens "Eschaton" (nachzulesen auf dutzenden von Seiten); nur eines reflektieren sie überhaupt nicht: ihr eigenes Leben, den Sinn, das Unglück ihrer Existenz. Dass viele von ihnen morgens ein wenig weinen, bevor sie fit werden, wird beobachtet, registriert, aber nicht analysiert. Überhaupt fällt der statische Charakter des ganzen Romans auf. Nicht einmal die politisch-terroristisch-absurde Rahmenhandlung (?) kommt so richtig voran, es gibt weder Anfang noch Ende.


    Kurzum: es ist ein etwas monströses und immer wieder beeindruckendes Buch; dennoch bin ich mir nicht sicher, ob es sich wirklich gelohnt hat, mich zehn Tage lang mit fast nichts anderem zu beschäftigen.
    4ratten

    Tell all of my friends, I don&#039;t have too many: just some rain-coated lovers&#039; puny brothers. Dallow, Spicer, Pinkie, Cubitt - rush to danger, wind up nowhere.<br />Patric Doonan - raised to wait. I&#039;m tired again, I&#039;ve tried again...<br />and now my heart is full. Now my heart is full and I just can&#039;t explain, so I won&#039;t even try to.<br />(Morrissey)

    Einmal editiert, zuletzt von Rydal ()

  • Eine Beschreibung dieses Buches ist sicher nicht ganz einfach. Es entwickelt keine Handlung im eigentlichen Sinne, stattdessen bekommt man eine schier riesige Menge an Anekdoten, Beschreibungen etc. vorgesetzt, aus denen sich aber nach und nach ein Gesamtbild herausbildet, wie eine gewaltige Collage. Es imitiert damit für mich besser als jedes andere Buch unsere Wahrnehmung, bei der wir die Dinge ja nicht als stringent ablaufende Geschichten erleben, sondern nur als Bruchstücke, die wir dann hinterher zu Geschichten verdichten.
    Bei dem großen Figurenarsenal stechen zwei Figuren als eine Art Hauptfigur heraus (wobei die zweite davon erst nach 200 Seiten oder so auftaucht^^) Hal Incandenza ist ein 17jähriger Schüler, Tennisass, extrem sprachenbegabt und lernt in windeseile ganze Enzyklopädien auswendig. Er ist gefangen zwischen dem Stress als angehender Tennisprofi, seiner Sucht, Dinge hinzubekommen und für die Erwachsenen zu erledigen sowie seinen eigenen Wünschen, die er hart unterdrückt und daraus resultierend einer beginnenden Sucht nach Gras.
    Die zweite ist Don Gately, ehemaliger Drogensüchtiger und Einbrecher, der seit ner Weile clean ist, in seiner ehemaligen Therapieanstalt nun Betreuer ist und zu jeder Menge Anonymen Alkoholiker treffen geht.
    Wenn ich mich recht erinnere, gibt es nie halbwegs direkten Kontak zwischen den beiden, dennoch hängen ihre Leben irgendwie zusammen. Zu einem durch die Rahmenhandlung (eine Filmpatrone (quasi DFW Variante der DVD) auf der ein Film ist, der in einem nur noch den Wunsch nach einer Wiederholung des selben übrig lässt, der wiederum vermutlich von Hal Vater gedreht wurde und in dem die Ex seines Bruders mitspielt, die nun bei Gately in der Anstalt sitzt) zum anderen durch das generelle Thema der Sucht und des selbst findens.
    Zwei Sachen machen für mich dieses Buch zum Meisterwerk und möglicherweise größtem amerikanischem Roman seit den Enden der Parabel von Pynchon: Die großartige, extrem variantenreiche Sprache von David Foster Wallace, dazu zählt auch dessen experimentelle Freude. Ewig viele Fußnoten und hartes Fachwissen gehört da genauso dazu, wie ironisch-lustige oder einfach spannend, schnell erzähltee Textpassagen. Die zweite ist, dessen Empathie für seine Fguren. Es wird extrem viel gelitten in diesem Buch, Drogen konsumiert, Unglücke passieren ohne Ende und dennoch herrscht eine große Sympathie in diesem Buch für all diese total gescheiterten Figuren vor. Irgendwo nannte es einer christliche Nächstenliebe, die dort durchdringt und ich (als Atheist) würde das durchaus so unterschreiben. Verhandelt werden alle menschlichen Abgründe, daneben gibt es noch eine ünergeordnete politische Handlung, die auch treffend in ihrer satirik und Kritik ist, aber alleine sicher nicht zu genial ist.
    Am Ende bleibt eine komplexe Beschreibung einer Gesellschaft, die nur noch nach Spaß in allen seine Auswüchsen aber sonst nach nichts mehr strebt. Ich sagte es ja schon, ein Meisterwerk :)
    5ratten

    Einmal editiert, zuletzt von Garfield ()

  • Sehr interessant die ganzen unterschiedlichen Meinungen dazu. ich hab es auch noch ungelesen zu Hause stehen... puh wann ich mich dazu mal aufraffe.. :breitgrins:

    Liebe Grüße JaneEyre

    Bücher haben Ehrgefühl. Wenn man sie verleiht, kommen sie nicht zurück.

    Theodor Fontane


  • Sehr interessant die ganzen unterschiedlichen Meinungen dazu. ich hab es auch noch ungelesen zu Hause stehen... puh wann ich mich dazu mal aufraffe.. :breitgrins:


    Vielleicht wenn du es mit anderen in einer Leserunde in Angriff nimmst? :breitgrins:

  • Ich habe es noch gar nicht zu Hause stehen, aber man ist ja nach dem Eingangsartikel versucht, sich Original und Übersetzung zu kaufen und dann beim Lesen mal zu vergleichen.




    Liebe Grüße von
    Keshia

    Ich sammele Kochbücher, Foodfotos und Zitate.


    <3 Aktuelle Lieblingsbücher: "The good people" von Hannah Kent, "Plate to pixel" von Hélène Dujardin und "The elegance of the hedgehog" von Muriel Barbery.