Gekaufte Amazon-Rezensionen: Von der Leichtigkeit des Betrugs am Leser

Es gibt 51 Antworten in diesem Thema, welches 9.040 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von goat.

  • Weil es sich für 20Ct nicht lohnt, ungerechtfertigte Lobhudeleien zu verfassen? :breitgrins:

    LG, Dani


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  • Nichts scheint so leicht, wie Internet-Bewertungen zu manipulieren. Das müssen ja nicht immer gekaufte positive Bewertungen wie im o.g. Beitrag sein. Das System der Nutzerbewertungen wird z.B. auch von Leuten missbraucht, die ihre Urlaubshotels erpressen und mit Aussichten auf schlechten Bewertungen auf Reiseportalen bedrohen, sollte es kein teureres Zimmer ohne Aufpreis oder Bargeld geben, wie die Berliner Zeitung neulich schrieb:


    [url=http://www.berliner-zeitung.de/wirtschaft/hotel-bewertungsportale-erpressung-im-foyer,10808230,23323648.html]Berliner Zeitung 14.6.2013: Hotel-Bewertungsportale - Erpressung im Foyer[/url]


    Was ich besonders erschreckend finde:

    Zitat

    (...) die von Bewertungsportalen wie Holiday Check oder Tripadvisor veröffentlichten Gäste-Noten spielen in der Reiseplanung der Deutschen eine immer größere Rolle. Neun von zehn Urlaubern informieren sich vor der Buchung im Internet, wie die ins Auge gefasste Ferien-Unterkunft zuvor bei anderen Touristen ankam. 95 Prozent messen den Online-Urteilen hohe Glaubwürdigkeit bei, weshalb sich ebenso viele bei der Wahl ihres Urlaubsdomizils von den Bewertungen leiten lassen.


    95 Prozent...! Dabei sollte sich doch eigentlich allmählich herumgesprochen haben, dass den meisten Internetbewertungen nicht zu trauen ist.


  • 95 Prozent...! Dabei sollte sich doch eigentlich allmählich herumgesprochen haben, dass den meisten Internetbewertungen nicht zu trauen ist.


    Das stimmt schon und das wissen die meisten Leute wohl auch. Dennoch kann man aus einer Vielzahl von Bewertungen nützliche Informationen über Bücher oder Hotels am Urlaubsort etc. gewinnen. Vor allem wenn man sich nicht auf die 5*-Bewertungen konzentriert, sondern auch die mit 3* eines Blickes würdigt.


    VG Helmut

  • Hier im Forum werden auch kostenlos Bücher angeboten mit der Bitte diese dann bei Amazon zu rezensieren. Ist es dann nicht auch so, dass man einer kostenlosen Gabe etwas positiver gegenübersteht als wenn man sich das Buch hätte kaufen müssen? Natürlich sind das keine gekauften Rezensionen, aber Lobbyisten kaufen auch keine Politiker, und Autofirmen auch keine Autojournalisten. Das läuft subtiler ab. Ein Journalist kann natürlich dennoch immer unabhängig schreiben.


    Gruß, Thomas


  • Das läuft subtiler ab. Ein Journalist kann natürlich dennoch immer unabhängig schreiben.


    Journalisten bezahlen auch nicht für die Bücher, die sie rezensieren. Weshalb sollten sie deshalb dann unabhängiger schreiben?


    Es wurde auch schon die gegenteilige Beobachtung gemacht im Sinne von "Was nichts kostet, ist nichts wert" und so wurden "geschenkte" Bücher strenger rezensiert als die teuer erkauften.

    Rechtsextremismus ist wieder salonfähig gemacht worden, durch CDU/CSU und FDP.

  • Journalisten bezahlen auch nicht für die Bücher, die sie rezensieren. Weshalb sollten sie deshalb dann unabhängiger schreiben?


    Mein _kann_ ist theoretisch gemeint, er kann faktisch etwas Beliebiges schreiben, aber man darf Zweifel haben, dass er es tut. Die letzte Party auf der Buchmesse war doch so nett... da ist die Versuchung schon da.


    Gruß, Thomas


  • Mein _kann_ ist theoretisch gemeint, er kann faktisch etwas Beliebiges schreiben, aber man darf Zweifel haben, dass er es tut. Die letzte Party auf der Buchmesse war doch so nett... da ist die Versuchung schon da.


    Um mal mit Deinen Worten zu antworten: Du unterstellst dem Hobby-Rezensenten, dass er sich kaufen lässt.

    Rechtsextremismus ist wieder salonfähig gemacht worden, durch CDU/CSU und FDP.

  • Um mal mit Deinen Worten zu antworten: Du unterstellst dem Hobby-Rezensenten, dass er sich kaufen lässt.


    Ich würde das nicht grundsätzlich unterstellen, ich will vielmehr auf einen anderen Punkt hinaus: Wenn hier in diesem Thread über gekaufte Amazon-Rezensionen diskutiert wird, dann müssen wir uns mal selber kritisch fragen, ob wir mit kostenlosen Buchgaben positiven Rezensionen nicht Vorschub leisten. Ich glaube gar, dass der Hobby-Rezensent das Buch durchaus als positiv empfunden hat, er hätte es aber nie gelesen und auch nicht rezensiert, wenn es nicht kostenlos zur Verfügung gestellt worden wäre. Ein neutraler Leser auf Amazon weiß aber von dieser kostenlosen Zurverfügungstellung nichts. Und wenn er es nicht so positiv empfunden hat, wird er aufgrund der kostenlosen Gabe evtl. auf eine Rezension verzichten. All das sehe ich als durchaus legitim an. Es ist eben auch eine Form von Marketing des Autors / Verlags, auf die ich hinweisen wollte. Oft ist es gar nicht notwendig, Rezensionen zu "kaufen".


    Auf Amazon gibt es einige Anbieter (nicht Bücher), die einen Gutschein nur dann verrechnen, wenn eine 5-Sterne-Rezension veröffentlicht wird. Es gibt dann glücklicherweise doch einige, die diese Machenschaften aufdecken und dort beschreiben. Man muss dann aber schon etwas intensiver die Rezensionen lesen, was ja nicht alle tun.


    Gruß, Thomas

  • Um mal mit Deinen Worten zu antworten: Du unterstellst dem Hobby-Rezensenten, dass er sich kaufen lässt.


    Das Gefühl habe ich zumindest vor Kurzem bei einer Hobbyrezensentin (die regelmäßig Rezensionbücher liest) gehabt. Da ging es um das Buch "Eine Studie in Angst" von David Gray. Die Rezensentin hatte das Buch kostenlos bekommen, ich hatte es mir auf ihre enthusiastische Meinung hin gekauft, da ich gerade auf "Fangeschichten" über Sherlock Holmes auf der Suche war.
    Der reinste Reinfall. Die Seiten verkehrt gebunden und gespickt mit Rechtschreibfehlern, von denen ich in der Rezi nichts gelesen habe. Und so neugierig ich auf die Geschichte war, ich habe das Buch entsorgt.
    Das Büchlein kostete mich 4,95 Euro

  • Ich glaube gar, dass der Hobby-Rezensent das Buch durchaus als positiv empfunden hat, er hätte es aber nie gelesen und auch nicht rezensiert, wenn es nicht kostenlos zur Verfügung gestellt worden wäre.


    Ich hatte Dir mal ein Buch kostenlos zur Rezension zugeschickt. Hast Du es positiver bewertet als wenn Du es gekauft hättest?


    Ich selbst bewerte ehrlich und komme deshalb auch gar nicht auf die Idee, dass andere die zur Rezension zur Verfügung gestellten Bücher, unehrlich bewerten könnten. Mir ist nur bekannt, dass es Gefälligkeitsrezensionen gibt (z.B. Rezensionen von Familienangehörigen und Freunden). Diese finden sich massig auf Amazon. Bitte werfe aber nicht das Angebot von Literaturschock mit dem von Amazon in einen Topf. Hättest Du die Rezensionen gelesen, dann hättest Du gesehen, dass es auch zu den kostenlosen E-Books viele kritische Stimmen hier gibt.

    Rechtsextremismus ist wieder salonfähig gemacht worden, durch CDU/CSU und FDP.

  • Ich hatte Dir mal ein Buch kostenlos zur Rezension zugeschickt. Hast Du es positiver bewertet als wenn Du es gekauft hättest?


    Ich glaube schon.


    Gruß, Thomas


  • Bitte werfe aber nicht das Angebot von Literaturschock mit dem von Amazon in einen Topf.


    Nein. Das sind unterschiedliche Dinge. Man sollte nur nicht auf einem Auge blind werden.


  • komme deshalb auch gar nicht auf die Idee, dass andere die zur Rezension zur Verfügung gestellten Bücher, unehrlich bewerten könnten.


    Unehrlich ist halt wieder so ein harter Begriff. Auch die Profi-Rezensenten sind nicht unbedingt unehrlich. Reich-Ranicki sagte jedoch häufig, sie seien nicht sehr klar im Urteil. Bei den Profis entdeckt man so etwas oft.


    Gruß, Thomas


  • Auf Amazon gibt es einige Anbieter (nicht Bücher), die einen Gutschein nur dann verrechnen, wenn eine 5-Sterne-Rezension veröffentlicht wird.


    Solche oder ähnliche Machenschaften darfst du im Bereich Bücher nicht so schnell ausschließen.
    Ich erinnere mich an das Gewinnspiel einer Autorin aus dem Selfpublisher-Bereich, an dem die Verfasser _positiver_ Rezensionen zur Teilnahme berechtigt waren.


    Meiner Meinung nach fließen in eine Rezension so viele subjektive Faktoren ein, daß man die Auswirkung des kostenlosen Erhalts eines Buches gar nicht messen kann.
    Das sage ich in Bezug auf unabhängige Rezensionen, nicht auf Gefälligkeits- oder Rezensionen aus ähnlicher Motivation.


    Daß bei den Rezensionen auf Amazon viel Schmu getrieben wird, von Gefälligkeitsrezensionen über Lobhudeleien vom Autor selbst bis zu Verrissen aus Mißgunst sollte aber doch mittlerweile jedem Nutzer aufgefallen sein?!
    Ebenso beim schon genannten Holidaycheck.

  • Meiner Meinung nach fließen in eine Rezension so viele subjektive Faktoren ein, daß man die Auswirkung des kostenlosen Erhalts eines Buches gar nicht messen kann.
    Das sage ich in Bezug auf unabhängige Rezensionen, nicht auf Gefälligkeits- oder Rezensionen aus ähnlicher Motivation.


    Exakt.

    Rechtsextremismus ist wieder salonfähig gemacht worden, durch CDU/CSU und FDP.

  • Solche oder ähnliche Machenschaften darfst du im Bereich Bücher nicht so schnell ausschließen.
    Ich erinnere mich an das Gewinnspiel einer Autorin aus dem Selfpublisher-Bereich, an dem die Verfasser _positiver_ Rezensionen zur Teilnahme berechtigt waren.


    So etwas kenne ich auch.
    Da wurden nicht nur Rezensionen mit Gewinnspielen etc. belohnt, sondern auch noch Leser im eigenen Forum zur Rezension gedrängt, mit der Begründung, dass die Autorin sich ja dazu herabgelassen hatte, ihre wertvolle Zeit mit Antworten auf die Leserfragen zu verschwenden und somit die Leser und Fragesteller im Forum der Autorin mindestens eine 5-Sterne Rezension schuldeten.


    Als Krönung hat sie dann noch nicht 5-Sterne-Rezensionen in ihrer wertvollen Freizeit kommentiert mit "stimmt nicht"/ "ist Blödsinn", "glauben Sie nicht, was X hier geschrieben hat", und sogar andere Leser sind in die gleiche Bresche gesprungen.


    Die Autorin hat unter ihrem Autorennamen bei amazon nur diese "bösen" Kommentare geschrieben, das dafür aber prompt, wenn eine "weniger-als-5-Sterne-Rezension" auf amazon de oder com erschien.
    Dafür hatte sie Zeit, die ihr keiner bezahlen musste!


    Wie fühlt man sich, wenn man lauter positive Kommentare von Menschen bekommt, die man dazu "genötigt" hat?
    Glaubt man dann noch an ehrliche positive Kommentare oder ist man so verblendet (mein Verdacht bei besagter Dame nach dem, was ich von ihr gelesen habe), dass man wirklich glaubt, man wäre die Größte? :rollen:



    Schade, eine andere Autorin (AS Byatt) hat mal in einem Interview gesagt, dass sie die amazon-Rezis toll findet, weil da fast schon Literaturkritik und intensive Diskussionen über die Bücher zusammen kommen - und alles von "Laien".
    Dem ist heute wohl nicht mehr immer so; hoffentlich nicht nur noch ausnahmsweise.



    Liebe Grüße von
    Keshia

    Ich sammele Kochbücher, Foodfotos und Zitate.


    <3 Aktuelle Lieblingsbücher: "The good people" von Hannah Kent, "Plate to pixel" von Hélène Dujardin und "The elegance of the hedgehog" von Muriel Barbery.


  • Schade, eine andere Autorin (AS Byatt) hat mal in einem Interview gesagt, dass sie die amazon-Rezis toll findet, weil da fast schon Literaturkritik und intensive Diskussionen über die Bücher zusammen kommen - und alles von "Laien".
    Dem ist heute wohl nicht mehr immer so; hoffentlich nicht nur noch ausnahmsweise.


    So bedauerlich gewisse Einzelfälle auch sind sollte man sie m.E. nicht überbewerten. Wir sind doch alle nicht wirklich davon überrascht,
    dass Produktbewertungen im Internet zum Teil fingiert und von der Herstellern beauftragt sind, ob die Produkte nun Staubsauger, DVD-Spieler oder LCD-Fernseher sind. Wieso sollte das bei Verlags- oder Indie-Büchern anders sein? Dass dieser genannte Fall aufgekommen ist heißt doch nur, dass die genannte Dame sich eben ganz besonders dilettantisch und naiv angestellt hat.


    Ich finde die Amazon-Rezis nicht unbedingt toll, aber wünschenswert und informativ. Nur am Rande bemerkt: ich habe mir auch schon vom Hoch-Feuilleton bejubelte Bücher gekauft (also nach einer richtigen(!) Rezension) und dann sind mir bei der Lektüre die Füße eingeschlafen. Viele der Leute, die bei Amazon "rezensieren", sind sicher Laien, aber eben nicht nur. Dort trifft man auf die ganze Bandbreite an Lesern, von denen manche mehr, manche weniger erfahren sind. In Summe haben für mich diese Bewertungen deshalb mehr Aussagekraft als so manche Rezension im Feuilleton.


    VG Helmut