Je suis Charlie

Es gibt 81 Antworten in diesem Thema, welches 13.424 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Jaqui.


  • Religiöse Menschen - egal welcher Couleur - werden immer auch Vorstellungen davon entwickeln, wohin sich eine Gesellschaft bewegen soll und welche Wege dazu zu beschreiten sind.


    Und ich behaupte: nicht-religiöse Menschen entwickeln das auch.

    “Grown-ups don't look like grown-ups on the inside either. Outside, they're big and thoughtless and they always know what they're doing. Inside, they look just like they always have. Like they did when they were your age. Truth is, there aren't any grown-ups. Not one, in the whole wide world.” N.G.

  • @Tomke
    Dabei geht es nicht um den Ausschluss von Religion, sondern auch um die Frage von Diskriminierung und wie der Staat Religionsfreiheit gewährleistet. Die Forderung von z.B. Laizistischen Vereinigungen geht also nicht dagegen Religion abzulehnen, sondern Religionsfreiheit im Blick zu haben.
    Z.B haben die christlichen Kirchen sehr viele Sonderrechte, die anderen Religionsgemeinschaften nicht zuerkannt wird - und zwar automatisch, wärend alle anderen Religonen/Gemeinschaften sich diesen Status hart erkämpfen müssen. Als Körperschaft des öffentlichen Rechts hat man sehr viele Rechte und vor allem auch die Anerkennung als Religion, die sonst fehlt. Und dies zu erreichen ist sehr sehr schwer, auch deshalb weil die Frage nach einem bestimmten Aufbau innerhalb der Gemeinschaft auf viele gar nicht passt. Der Staat ist neutral, muss sogar neutral sein um eben Religionsfreiheit zu schützen. Es geht also nicht darum Religion abzuschaffen, sondern vielmehr darum Religionsfreiheit zu wahren. Und momentan ist die Macht die z.B den Kirchen zugestanden wird - z.B in Fragen des Religionsunterrichts, eigener Gerichtsbarkeit die zum Teil gravierend gegen das Grundgesetz verstößt, so hoch das man das definitiv kritisieren darf. Und sich fragen darf wie man dieses Machtgefüge verändern kann und zwar so dass dies unsere Gesellschaft besser wiederspiegelt.


    Ja Religion ist nicht Privatsache, aber der Staat muss aufpassen wie er dies dann umsetzt. Denn er muss schon allein deshalb neutral sein um nicht selbst Gefahr zu laufen sich bewusst auf nur eine Seite zu stellen.


    tári
    Unsere Moralvorstellungen sind schon christlich geprägt, das kann man ja historisch nach verfolgen.
    Aber ich gebe Dir Recht, auch als nicht-religiöser Mensch positioniert man sich. Allein schon Nicht-Religion selbst *g* ist eine Positionierung innerhalb dieser Fragestellungen. Und radikale Antireligiöse gibt es schließlich auch.

  • Und ich behaupte: nicht-religiöse Menschen entwickeln das auch.


    Ähm, ja natürlich. Die Quellen und Maßstäbe ihrer Vorstellungen sind dann bloß eben andere. Es geht mir ja darum, dass wir die Religion als (mögliche) Quelle dieser Vorstellungen wieder ernster nehmen.


  • @Tomke
    Dabei geht es nicht um den Ausschluss von Religion, sondern auch um die Frage von Diskriminierung und wie der Staat Religionsfreiheit gewährleistet. Die Forderung von z.B. Laizistischen Vereinigungen geht also nicht dagegen Religion abzulehnen, sondern Religionsfreiheit im Blick zu haben.


    Ich bin da etwas kritischer. Ich glaube, dass es sehr vielen Menschen hinter diesen laizistischen Vereinigungen im Kern wirklich darum geht, Religion insgesamt zurückzudrängen. Die Religionsfreiheit wird da eher als Freiheit von Religion verstanden denn als Freiheit für alle Religionen. Das ist aber sicher auch eine Frage der persönlichen Einschätzung. Nach außen hin wird das mitunter anders dargestellt.


    Ein Beispiel: In manchen Einrichtungen (Schulen, Kitas etc.) wird es heute problematisch, dezidiert christliche Feste (Ostern, Weihnachten) als solche zu feiern. Ich sprach neulich mit einem Geistlichen aus England, in dessen Pfarrei es einige Schulen gibt. Eine dieser Schulen hat jegliche offizielle Weihnachtsfeier bzw. einen Weihnachtsgottesdienst abgelehnt. Man könne das nicht anbieten, weil sonst muslimisch und andersgläubige Schüler ausgeschlossen wären.


    Zwei andere Schulen in der Nachbarschaft haben einen klassischen Weihnachtsschulgottesdienst angeboten (Service of Lessons and Carols). Die Schüler, die gerne die Lesungen im Gottesdienst übernehmen wollten, waren überwiegend muslimische Kinder. Deren Eltern nahmen an dem Gottesdienst teil und bedankten sich hinterher ausdrücklich beim Pfarrer für den schönen Gottesdienst.


    Da fragt man sich doch: wer hat denn nun ein Problem mit Weihnachten? Die Muslime offenbar nicht, aber die 'Ungläubigen' der eigenen Religion offenbar schon . :zwinker:

    Zitat

    Z.B haben die christlichen Kirchen sehr viele Sonderrechte, die anderen Religionsgemeinschaften nicht zuerkannt wird - und zwar automatisch, wärend alle anderen Religonen/Gemeinschaften sich diesen Status hart erkämpfen müssen. Als Körperschaft des öffentlichen Rechts hat man sehr viele Rechte und vor allem auch die Anerkennung als Religion, die sonst fehlt. Und dies zu erreichen ist sehr sehr schwer, auch deshalb weil die Frage nach einem bestimmten Aufbau innerhalb der Gemeinschaft auf viele gar nicht passt. Der Staat ist neutral, muss sogar neutral sein um eben Religionsfreiheit zu schützen. Es geht also nicht darum Religion abzuschaffen, sondern vielmehr darum Religionsfreiheit zu wahren. Und momentan ist die Macht die z.B den Kirchen zugestanden wird - z.B in Fragen des Religionsunterrichts, eigener Gerichtsbarkeit die zum Teil gravierend gegen das Grundgesetz verstößt, so hoch das man das definitiv kritisieren darf. Und sich fragen darf wie man dieses Machtgefüge verändern kann und zwar so dass dies unsere Gesellschaft besser wiederspiegelt.


    Gerade das Beispiel, das Du nennst, ist m. E. anders zu bewerten. Grundsätzlich steht es JEDER Religionsgemeinschaft in Deutschland frei, die Körperschaftsrechte zu beantragen. Nicht nur den christlichen Kirchen. Auch die jüdischen Gemeinden haben diese Rechte, sogar die Zeugen Jehovas haben sie zum Teil (m. W. in Berlin). D.h. jede Religion kann die damit verbundenen Privilegien (z. B. Erteilung von Reliunterricht in den Schulen) erlangen und damit rechtlich den großen Kirchen gleichgestellt werden. Das Problem ist, dass die muslimischen Gemeinden in Deutschland so dezentral strukturiert sind, dass sie keine Struktur finden, die es ihnen ermöglicht, sich als KdöR registrieren zu lassen. Das ist aber ganz grundsätzlich ein Strukturproblem, keines der rechtlichen Vorraussetzungen. Privilegien bestehen m. W. für die großen Kirchen vor allem in der Frage der Finanzierung, was einfach noch eine 'Altlast' der Säkularisierung von Kirchengut im frühen 19. Jhdt. ist.


    Also: Ich habe kein Problem damit, dass den christlichen Kirchen in Deutschland aufgrund historischer Entwicklungen gewisse Privilegien zugestanden werden, solange andere Religionsgemeinschaften eine vergleichbare rechtliche Stellung erlangen können. Das ist m. E. in Deutschland gegenwärtig der Fall.

  • @Holden: dass wir in einer christlich geprägten Kultur leben, stimmt natürlich. Daran habe ich jetzt tatsächlich nicht gedacht.


    @Tomke: ich wollte damit nur aussagen, dass eine Radikalisierung unabhängig von Religion geschehen kann und genauso ernst genommen werden muss.
    Ich bin aber trotzdem der Meinung, dass Religion Privatsache sein muss! Ich bin für religiöse Bildung, aber interreligiös und mit Bedacht auf die kritische Meinungsbildung junger Menschen. Ich bin für ein tolerantes und respektvolles Zusammenleben unterschiedlichster Lebensanschauungen, ich möchte jetzt bewusst nicht den Begriff "Religion" verwenden, denn ich denke viele Menschen fühlen sich dadurch ausgeschlossen, ich auch :zwinker:
    Ich kann mir nicht ganz vorstellen, was du damit meinst, dass der Staat nicht so tun darf, als ginge ihn die Religion seiner Bürger nichts an. Was heißt das für dich in der Praxis? Vielleicht verstehe ich dich einfach nur falsch :zwinker:


    Persönlich sehe ich zwar eine Tendenz zur Säkularisierung, aber insbesondere in Österreich gehört es immer noch zum guten Ton, römisch-katholisch zu sein. Vor allem in ländlichen Gegenden ist man ein Außenseiter, wenn man sonntäglich eben nicht in der Kirche erscheint und ich spreche hier aus Erfahrung. Wobei es fast noch akzeptierter ist, wenn man einer anderen Religion angehört, als wenn man einfach nicht religiös ist. Das gilt übrigens nicht nur für Religiösität, es fehlt an allen Ecken und Enden an Toleranz für andere Lebensweisen und Einstellungen. In meinem Heimatdorf bin ich seltsam angesehen worden, weil ich nicht mit Anfang 20 Kinder haben wollte, das macht man doch so :rollen:

    “Grown-ups don't look like grown-ups on the inside either. Outside, they're big and thoughtless and they always know what they're doing. Inside, they look just like they always have. Like they did when they were your age. Truth is, there aren't any grown-ups. Not one, in the whole wide world.” N.G.

  • @Tomke: ich wollte damit nur aussagen, dass eine Radikalisierung unabhängig von Religion geschehen kann und genauso ernst genommen werden muss.
    Ich bin aber trotzdem der Meinung, dass Religion Privatsache sein muss! Ich bin für religiöse Bildung, aber interreligiös und mit Bedacht auf die kritische Meinungsbildung junger Menschen. Ich bin für ein tolerantes und respektvolles Zusammenleben unterschiedlichster Lebensanschauungen, ich möchte jetzt bewusst nicht den Begriff "Religion" verwenden, denn ich denke viele Menschen fühlen sich dadurch ausgeschlossen, ich auch :zwinker:
    Ich kann mir nicht ganz vorstellen, was du damit meinst, dass der Staat nicht so tun darf, als ginge ihn die Religion seiner Bürger nichts an. Was heißt das für dich in der Praxis? Vielleicht verstehe ich dich einfach nur falsch :zwinker:



    Ach so, jetzt sehe ich, wo wir uns nicht verstehen.


    Mir geht es natürlich nicht darum, dass der Staat eine Religion vorgibt oder sich direkt in die Belange von Religionsgemeinschaften einmischt. Da sollte und muss der Staat weitestgehend neutral sein. Auch wenn ich eben anerkenne, dass bei uns die christlichen Kirchen aufgrund der Geschichte eine gewisse Sonderstellung genießen.


    Nur bedeutet für mich die Formel von der 'Religion als Privatsache', dass niemand hinguckt, was Menschen glauben und in ihrer Religion machen, solange sie mit den geltenden Gesetzen nicht in Konflikt geraten. Gerade dieses 'Nichtwissenwollen' halte ich für gefährlich. Denn wir waren ja alle entsetzt, als sich einige der Attentäter vom 11. September bzw. ihre Helfer als Studenten aus Hamburg-Harburg entpuppten.


    Also meine ich konkret: Der Staat bzw. die Gesellschaft muss wahrnehmen, dass es Menschen mit religiösen Überzeugungen unterschiedlichster Couleur gibt und versuchen, mit dieser Vielfalt konstruktiv umzugehen. Er muss über seine Organe, öffentlich-rechtliche Medien, Bildungsangebote etc. versuchen, mit möglichst vielen dieser Menschen in einen offenen Dialog zu treten. Er muss auch im Blick behalten, wo sich innerhalb dieser religiösen Gruppen radikale Tendenzen bilden (möglichst nicht erst beim Verfassunsgsschutz). Er muss diesen Gruppen (allen von ihnen) auch die Möglichkeit bieten, sich am politischen und gesamtgesellschaftlichen Diskurs zu beteiligen. Das passiert in den letzten Jahren im Ansatz, es wäre aber noch viel zu tun in dieser Richtung.


    Zitat

    Persönlich sehe ich zwar eine Tendenz zur Säkularisierung, aber insbesondere in Österreich gehört es immer noch zum guten Ton, römisch-katholisch zu sein. Vor allem in ländlichen Gegenden ist man ein Außenseiter, wenn man sonntäglich eben nicht in der Kirche erscheint und ich spreche hier aus Erfahrung.


    Echt? Bei uns ist das mittlerweile andersherum. Da ist der Normalfall, nicht zur Kirche zu gehen. Da muss man sich regelrecht rechtfertigen, wenn man mal hingeht. :zwinker:

  • @Tomke
    Das stimmt, aber genau die Vorraussetzungen die gegeben sind machen es den muslimischen Vereinigungen schwer den Status überhaupt zu erreichen. Und das liegt daran das die Strukturen vorgeben sind die eben von christlicher Seite bekannt sind. Das diese nicht auf sie passen ist also kein Wunder und sorgt eben nicht für die Gleichberechtigung die damit einhergehen soll. Meiner Meinung nach wäre hier dringend eine Überarbeitung nötig. Übrigens ist der Schulunterricht prinzipiell auch Religionen die nicht als Körperschaft angemeldet sind gestattet. In der Praxis ist das natürlich schwieriger weil ja für die Lehre ein Staatsexamen gebunden ist, aber rein prinzipiell ist dieses Privileg eher das Geringste.


    Ich habe zur Zeit ein Seminar wo es genau um diese Fragen geht. Wir haben uns erst gestern mit genau diesen Fragen auseinandergesetzt. :)


    Ich bin persönlich übrigens durchaus gegen christliche Feste an staatlichen Schulen. Mag sein das alle involviert werden, aber andere religiöse Feste werden ja z.B auch nicht gefeiert. Aber ich bin auch grundsätzlich der Meinung, das der Religionsunterricht so wie er nun an Schulen stattfindet verändert werden müsste um der Pluralisierung unserer Gesellschaft Rechnung zu tragen und damit keine Religion auch an der Schule nicht, zu bevorzugen.


  • Also meine ich konkret: Der Staat bzw. die Gesellschaft muss wahrnehmen, dass es Menschen mit religiösen Überzeugungen unterschiedlichster Couleur gibt und versuchen, mit dieser Vielfalt konstruktiv umzugehen. Er muss über seine Organe, öffentlich-rechtliche Medien, Bildungsangebote etc. versuchen, mit möglichst vielen dieser Menschen in einen offenen Dialog zu treten. Er muss auch im Blick behalten, wo sich innerhalb dieser religiösen Gruppen radikale Tendenzen bilden (möglichst nicht erst beim Verfassunsgsschutz). Er muss diesen Gruppen (allen von ihnen) auch die Möglichkeit bieten, sich am politischen und gesamtgesellschaftlichen Diskurs zu beteiligen. Das passiert in den letzten Jahren im Ansatz, es wäre aber noch viel zu tun in dieser Richtung.


    Da treffen wir uns schon viel eher :zwinker:


    Aus Interesse habe ich mich informiert, ob sich seit meiner Schulzeit in Punkto Religionsunterricht etwas verändert hat. Tatsächlich dürfte das aber ziemlich gleich geblieben sein. Als Angehöriger einer anerkannten Religionsgemeinschaft ist - ohne explizite Abmeldung der Eltern bzw. ab 14 der Schüler - der Religionsunterricht dieser Religionsgemeinschaft Pflicht. Weiters ist es unzulässig, den Unterricht einer anderen anerkannten Religionsgemeinschaft zu besuchen. Hier findet also eine strikte Trennung statt und ein Dialog und Austausch kann gar nicht erst stattfinden.
    Konfessionslose Schüler oder jene, die einer eingetragenen Bekenntnisgemeinschaft angehören, dürfen freiwillige teilnehmen, der Leher kann eine Teilnahme dieser aber ablehnen.

    “Grown-ups don't look like grown-ups on the inside either. Outside, they're big and thoughtless and they always know what they're doing. Inside, they look just like they always have. Like they did when they were your age. Truth is, there aren't any grown-ups. Not one, in the whole wide world.” N.G.

  • @Tàri
    In Deutschland darfst Du ab 14 Jahren selbst entscheiden ob Du den Religionsuntericht in der Schule besuchen möchtest. Dieser ist hier im Normalfall christlich. Es gibt aber auch jüdischen und anscheinend inzwischen in seltenen Fällen auch islamischen alevitischer Prägung. Wenn Du den Religionsuntericht nicht besuchst, musst Du einen Ersatzunterricht besuchen. Das ist hier meistens Ethikunterricht, ich kenne aber auch Fälle beiden der Unterricht Philosophie hieß. Das ist aber hier auch so ein bissl Bundesländerssache, weshalb das auch in jedem Bundesland etwas anders geregelt ist. Wenn die Schule diesen Unterricht nicht anbietet bist Du aber nicht verpflichtet Religionsunterricht zu besuchen, zumindest nicht in Baden Würtemberg. Unter 14 brauchst Du aber die Erlaubnis der Eltern. Ab 14 ist man hier Religionsmündig und darf theoretisch selbst entscheiden. Ich persönlich durfte das auch schon vorher, weil meine Eltern mir da nie reingeredet haben. Aber im Normalfall entscheiden die Eltern ja oftmals sehr stark mit, sobald ihnen dieser Unterricht in irgendeiner Form wichtig ist (negativ und positiv).
    Wie das in anderen Ländern geregelt ist weiß ich allerdings gar nicht.

  • In Österreich ist das auch so, dass man ab 14 selbst entscheiden darf, und davor die Eltern. Ich habe damals selbst auch von diesem Recht Gebrauch gemacht, da fühlt man sich gleich so erwachsen :breitgrins:
    Wenn man sich aber nicht abmeldet, dann ist Religionsunterricht ein Pflichtfach und zwar eben derjenigen Gemeinschaft, der man angehört. Wird er nicht angeboten war es zu meiner Zeit zumindest auch kein Zwang, trotzdem in den Unterricht gehen zu müssen.
    Wie erwähnt werden die unterschiedlichen Schüler dadurch aber streng geteilt, was ich nicht sehr produktiv finde.
    Bei mir war es damals noch so, dass ich nicht in einen Ersatzunterricht gehen musste, mittlerweile ist das glaube ich aber an vielen Schulen der Fall. Schon damals hatte ich Freunde, die eben nur die Wahl hatten zwischen Ethik und Religion.
    Die Religionslehrerin meiner Mitschüler hat aber ohnehin sehr viel Ethik gemacht, das ist aber von Lehrer zu Lehrer sehr unterschiedlich gewesen.


    Philosophie hatte ich übrigens sowieso an der Oberstufe, ein Jahr Psychologie, ein Jahr Philosophie. Das war ein Pflichtfach für alle.

    “Grown-ups don't look like grown-ups on the inside either. Outside, they're big and thoughtless and they always know what they're doing. Inside, they look just like they always have. Like they did when they were your age. Truth is, there aren't any grown-ups. Not one, in the whole wide world.” N.G.

  • tári
    Ah so meintest Du das. Ja soweit ich das weiß ist das in Deutschland ähnlich. Durch die Uni werd ich da bald mehr erfahren. Ich hab grad ein Seminar in dem es um Politik und Religion (Religionswissenschaftler in der Praxis) geht und dort werden wir auch über den Religionsunterricht Deutschland sprechen. Ein Schwerpunktthema von mir waren obige Körperschaften und ein weiteres ist das Arbeitsrecht in Deutschland, das den Kirchen bestimmte Rechte zugesteht (durch den Status als Körperschaft des öffentlichen Rechts).
    Momentan wird auch über Islamunterricht an Schulen stark diskutiert. Aber gerade weil es wie in vielen Religionsgemeinschaften verschiedenste Strömungen gibt, ist es schwer da einen Konsens zu finden. Zumal bestimmte Strömungen von anderen nicht zwingend anerkannt werden. In Nordrheinwestfahlen gab es ein Pilotprojekt über Islamkunde, der aber eben aus einer ganz anderen Richtung kam und Islamwissenschaftler mit einbezogen hat.
    Aus der Sicht der Religionswissenschaft, wäre natürlich ein Unterricht der religionswissenschaftliche Aspekte/Vorschläge mit einbaut wünschenswert. Gerade den Schulunterricht lassen sich die Kirchen aber denke ich mal nicht nehmen. Denn das wäre eine Einschränkung der Machtbefugnisse. Was mich dabei auch stört ist die Positivierung der eigenen Religion im Unterricht im Gegensatz zu anderen. Das ist für mich ein sehr einseitiger Blickwinkel und meiner Meinung nach sollte hier eben die Veränderung stattfinden. Ein gemeinsamer Unterricht für alle ohne die bisherige Trennung, wäre meiner Meinung nach für alle Positiv und würde die verschiedenen Strömungen (egal ob religiös, Atheist, Agnostiker usw.) näher zu einander bringen. Und das in einem Alter in dem man wichtige Grundsteine für spätere Ansichten legt.

  • Wenn man sich aber nicht abmeldet, dann ist Religionsunterricht ein Pflichtfach und zwar eben derjenigen Gemeinschaft, der man angehört.


    Würde mich interessieren, wie das jetzt in Deutschland ist.
    Ende der 70er habe ich im 11. Schuljahr ein halbes Jahr lang den katholischen Religionsunterricht besucht - den protestantischen Pfarrer konnte ich nicht ausstehen und ganz abmelden ging in der Oberstufe wegen der Mindeststundenzahl in dem Bereich nicht, bzw. hätte ich dann andere, noch ungeliebtere Fächer nehmen müssen. Es war aber keinerlei Problem, als Protestantin (auf dem Papier) zu den Katholen zu gehen. Andere Religionen hatten keinen eigenen Unterricht.
    In den letzten zwei Schuljahren war ich dann bei einem sehr fitten protestantischen Pfarrer, der Unterrichtseinheiten über die anderen großen Religionen und die vorchristlichen Philosophen anbot.

    Wir sind irre, also lesen wir!

  • Ich kenne das auch so das man nicht zwingend den evangelischen Unterricht besuchen muss, wenn einem der katholische lieber ist und umgekehrt.


    Was mich noch heute aufregt ist die Tatsache das wir im Kolping Kolleg gegen unseren Willen entweder den katholischen oder den evangelischen Unterricht besuchen mussten, die Einteilung erfolgte strickt aufgrund des Stundenplans ab Klasse 12. In Klasse elf war es der Zufall der das entschieden hat. Die Religionslehrer haben sich hier anscheinend abgewechselt. So habe ich gegen meinen Willen Religionsunterricht besucht. Und da war ich nicht die Einzige.
    Es wurde kein Ethikunterricht angeboten, weil es keinen Lehrer gab und unser Protest lief ebenfalls ins Leere.


  • Ich kenne das auch so das man nicht zwingend den evangelischen Unterricht besuchen muss, wenn einem der katholische lieber ist und umgekehrt.


    Was mich noch heute aufregt ist die Tatsache das wir im Kolping Kolleg gegen unseren Willen entweder den katholischen oder den evangelischen Unterricht besuchen mussten, die Einteilung erfolgte strickt aufgrund des Stundenplans ab Klasse 12. In Klasse elf war es der Zufall der das entschieden hat. Die Religionslehrer haben sich hier anscheinend abgewechselt. So habe ich gegen meinen Willen Religionsunterricht besucht. Und da war ich nicht die Einzige.
    Es wurde kein Ethikunterricht angeboten, weil es keinen Lehrer gab und unser Protest lief ebenfalls ins Leere.


    Aber dann war das eine konfessionelle Privatschule, bei der Du bereits bei der Anmeldung wusstest, dass Religion ein Pflichtfach ist?


  • @Tomke
    Das stimmt, aber genau die Vorraussetzungen die gegeben sind machen es den muslimischen Vereinigungen schwer den Status überhaupt zu erreichen. Und das liegt daran das die Strukturen vorgeben sind die eben von christlicher Seite bekannt sind. Das diese nicht auf sie passen ist also kein Wunder und sorgt eben nicht für die Gleichberechtigung die damit einhergehen soll. Meiner Meinung nach wäre hier dringend eine Überarbeitung nötig.


    Wie könnte diese Überarbeitung aussehen?


    Wenn Du Dich mit dem Thema beschäftigt hast, dann sicher auch mit dem Ursprung dieses Körperschaftsrechts in der Weimarer Reichsverfassung. Damals war dieses Recht mit der Abschaffung des Staatskirchenwesens ja eine ziemliche revolutionäre Neuerung, die es endlich auch Religionsgemeinschaften neben der Evangelischen und Katholischen Kirche ermöglichte, überhaupt staatlich anerkannt zu sein.


    Dass der Staat allerdings bei diesen Verhandlungen ein greifbares 'Gegenüber' braucht, leuchtet mir ein. Das soll durch die Regelungen des Körperschaftsrechts ja gewährleistet werden, also konkret: die Religionsgemeinschaft muss eine gewisse Größe haben, eine gewisse Verbreitung und sie muss durch ihre Struktur und Verfassung die Gewähr der Dauer bieten. Gerade im christlichen Bereich gibt es eine Unzahl von freien Kirchen, die sich oft nur um einzelne charismatische Führerpersönlichkeiten bilden (und ebenso oft dann wieder verschwinden), keiner überregionalen Organisation angehören etc. Da wäre es aus meiner Sicht unklug, diesen Gruppen den KdöR-Status zu verleihen.


    Opfer dieser Regelung sind die Muslime. Aber warum ist es dort so schwer, eine (oder mehrere) Dachverbände zu gründen, die die Kriterien erfüllen?

  • @Tomke
    Weil man eben die christliche Struktur nicht einfach mal so übertragen kann. Und das sollte sich eigentlich auch im Gesetz wiederspiegeln.
    Die besonderen Rechte die den Kirchen zugestanden werden sind politisch erkämpft und haben mit Machtgefügen zu tun und nicht mit irgendeiner scheinbaren Sonderstellung von christlicher Religion in der Gesellschaft. Und diese Machtstellung wird gefestigt gegenüber anderen Gemeinschaften.


    Übrigens sollte auch nicht Kriterium sein das jemand sich um eine Führungsfigur schart. Religion ist nicht in ein Schema pressbar und die bisherige Regelung erkennt das meiner Einschätzung nach eben nicht an. Ich würde das strickt von den rechtlichen Regelungen trennen, denn das natürlich für alle die Gesetzte gelten ist ja sowieso klar. Aber das Kriterium sollte nicht eine Mischung aus Politik und religiösen Ansichten sein, nur weil einem z.B etwas fremd ist.

  • Ich fürchte aber doch, dass sich Religionen insofern grundsätzlich von Politik unterscheiden, dass ihre Regeln nur sehr begrenzt diskussionsfähig sind und logischen oder Fairness-Argumenten nicht standhalten müssen.
    Zusätzlich/andererseits soll man (und zwar alle!) aber Respekt vor diesen Regeln haben.
    Das birgt ein gewisses.. Explosionspotential ?!


    Die Religion ist andererseits im vorliegenden Fall wohl "nur" instrumentalisiert worden (daher ist die allgemeine "aber-nicht-alle-Moslems-sind-böse"-Diskussion sehr ehrenwert und natürlich sinnvoll, lenkt aber mMn auch leider die Diskussion ein wenig von der eigentlichen Tat ab..) und nicht Ursache der Morde - aber ein Mensch ohne Schusswaffe kann niemanden erschießen (erklärt bekanntlich einige Unterschiede in der Kriminalität USA/Europa..).

    Einmal editiert, zuletzt von Alice ()


  • @Tomke
    Weil man eben die christliche Struktur nicht einfach mal so übertragen kann. Und das sollte sich eigentlich auch im Gesetz wiederspiegeln.


    Ich habe noch ein bisschen Mühe damit, dass das Thema auf die christlichen Kirchen eingeengt wird. Wie gesagt, die Körperschaftsrechte stehen prinzipiell allen Religionen offen. So haben die jüdischen Gemeinden wie auch der Zentralrat der Juden diese Körperschaftsrechte und können - analog zur Kirchensteuer - Kultussteuer über den Staat einziehen. Auch die Religion der Bahai in Deutschland hat diesen Status. Auch wenn ich anerkenne, dass die gegenwärtige Rechtslage verfasste Religionen wie das Christentum strukturell bevorzugt, geht es m. E. hier nicht um eine einfache Trennung zwischen Christen und Nichtchristen.



    Die besonderen Rechte die den Kirchen zugestanden werden sind politisch erkämpft und haben mit Machtgefügen zu tun und nicht mit irgendeiner scheinbaren Sonderstellung von christlicher Religion in der Gesellschaft. Und diese Machtstellung wird gefestigt gegenüber anderen Gemeinschaften.


    Zitat

    Dem kann ich nur teilweise zustimmen. Sicher sind die besonderen Rechte der Kirchen auch das Ergebnis einer historischen Entwicklung. Und zu früheren Zeiten hatten die Kirchen Macht bzw. waren eng mit der Staatsmacht verbunden.


    Dass die Kirchen aber gesellschaftlich (noch) eine große Rolle spielen (wenn auch weitaus weniger als früher) zeigt sich daran, dass noch immer rund zwei Drittel aller Deutschen Mitglied einer christlichen Kirche sind. Das sagt zwar zunächst wenig über den Glauben aus, aber immerhin gibt es noch eine gewisse Verbundenheit. Dass die Kirche noch 'Macht' hätte, kann ich in meinem Umfeld nicht mehr erkennen. Geld ist noch da, und zwar nicht zu knapp. Aber Macht? Das setzt voraus, dass es Menschen gibt, die sich dieser Macht auch beugen - und aus diesen Zeiten sind wir im protestantischen Norddeutschland längst raus. :zwinker:


    Zitat

    Übrigens sollte auch nicht Kriterium sein das jemand sich um eine Führungsfigur schart. Religion ist nicht in ein Schema pressbar und die bisherige Regelung erkennt das meiner Einschätzung nach eben nicht an.


    Stimmt, das sollte nicht das Kriterium sein. Tun Katholiken ja gewissermaßen auch. :zwinker:
    Aber das Kriterium sollte m. E. durchaus sein, ob es sich um eine Gruppe handelt, die nur durch diese Führungsfigur besteht und bei der absehbar ist, dass sie mit dieser Person wieder verschwindet. Es sollte nicht jeder Gruppe, die irgendwo einem Guru hinterherläuft, gleich ein solcher Status verliehen werden. Das Kriterium der 'Gewähr der Dauer' halte ich da für sehr nachvollziehbar.


  • Ich kenne das auch so das man nicht zwingend den evangelischen Unterricht besuchen muss, wenn einem der katholische lieber ist und umgekehrt.


    Was mich noch heute aufregt ist die Tatsache das wir im Kolping Kolleg gegen unseren Willen entweder den katholischen oder den evangelischen Unterricht besuchen mussten, die Einteilung erfolgte strickt aufgrund des Stundenplans ab Klasse 12. In Klasse elf war es der Zufall der das entschieden hat. Die Religionslehrer haben sich hier anscheinend abgewechselt. So habe ich gegen meinen Willen Religionsunterricht besucht. Und da war ich nicht die Einzige.
    Es wurde kein Ethikunterricht angeboten, weil es keinen Lehrer gab und unser Protest lief ebenfalls ins Leere.


    Finde ich jetzt in einem Kolping Kolleg nicht sonderlich überraschend. :zwinker: Das wäre ein bißchen wie wenn ich mein Kind auf eine christliche Schule schicke, aber nicht will, dass es den Religionsunterricht besucht.

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