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Andrew Harrington, Sohn eines angesehenen reichen Londoner Bürgers, hat sich nach jahrelangem Leiden dazu entschlossen, sich das Leben zu nehmen und dafür den Jahrestag des Mordes an seiner Geliebte gewählt, die als letzte Frau Jack the Ripper zum Opfer fiel, bevor er gefasst und hingerichtet werden konnte. Doch sein Cousin Charles hat gute Neuigkeiten für ihn: seit dem Erscheinen von H.G. Wells Roman „Die Zeitmaschine“ sind Zeitreisen ein großes Thema in der Londoner High Society und nun hat „Zeitreisen Murray“ seine Tore geöffnet und bietet Reisen ins Jahr 2000 an, um dort dem Sieg der letzten Überlebenden gegen die übermächtigen Maschinenmenschen mitzuerleben. Wenn Zeitreisen in die Zukunft möglich sind, warum dann nicht einige Jahre in die Vergangenheit reisen und den Mord an Andrews Geliebter verhindern?
Um das ungewöhnliche Angebot von „Zeitreisen Murray“ dreht sich auch der zweite Handlungsstrang um die junge Miss Haggerty, die von ihrer Freundin Lucy dorthin mitgenommen wird. Angeödet von den Einschränkungen, denen Frauen ihrer Zeit unterliegen, beschließt sie, im Jahr 2000 zu bleiben und dort dem siegreichen Hauptmann Shackleton beim Wiederaufbau zu helfen. Leider scheitert ihr Fluchtplan jedoch und sie muss zusammen mit den anderen Zeitreisenden ins London am Ende des 19. Jahrhunderts zurückkehren, wo sie eines Tages unvermutet wieder Hauptmann Shackleton gegenüber steht.
Im dritten Handlungsstrang schließlich wird die Verbindung zwischen H.G. Wells als Autor des Romans, der Mr. Murray erst die Idee zu seinem Unternehmen eingab, und der Umsetzung in „Zeitreisen Murray“ dargestellt. Leider besteht zwischen den beiden Herren eine Antipathie, die bei ihrer Begegnung zu spürbaren Spannungen führt. Unglücklicherweise benötigt Murray aber Wells Hilfe, denn es wurde eine Leiche gefunden, die mit einer Waffe umgebracht wurde, die es noch gar nicht gibt – und der ermittelnde Detectiv von Scotland Yard hat daraus nun die Schlussfolgerung gezogen, dass der Mörder mittels einer der von Murray durchgeführten Zeitreisen zu ihnen gelangt ist.
Obwohl alle drei Handlungsstränge durch einige Personen, Orte und Begebenheiten miteinander verknüpft sind, werden sie streng voneinander getrennt in den drei Teilen erzählt, aus denen der Roman besteht. Im Ergebnis kann man daher auch sagen, dass drei von einander unabhängige abgeschlossene Erzählungen in diesem Buch vereint sind, die jedoch einige Gemeinsamkeiten haben. Von daher gibt es keinen durchgehenden roten Faden oder sogar eine stringente Spannungskurve. Das einzige, was den Leser durch alle Seiten hinweg begleitet ist die Frage, was er glauben kann und was nicht. Ist dies eine Alternativweltgeschichte, in der Zeitreisen tatsächlich möglich sein sollten? Oder ist alles nur ein geschickt errichtetes Lügengebäude?
Für Zweifel sorgt zusätzlich der Erzähler, der die meiste Zeit über unsichtbar bleibt, sich zu manchen Gelegenheiten aber direkt an die Leser wendet und mit seinem allumfassenden Wissen prahlt. Diese Einschübe haben mich allerdings immer wieder aus der Geschichte geholt und damit nur für genervtes Augenrollen gesorgt. Zum Glück sind diese Stellen aber relativ selten.
Ansonsten hat Palma hier ein recht solides Buch geschrieben, dessen Charaktere zwar stellenweise sehr einfältig waren, aber ansonsten lebensnah dargestellt wurden, ohne dass ihr Schicksal mir dabei besonders nahe ging. Die Handlung(en) an sich weisen zwar eine interessante Grundidee auf, die in meinen Augen aber noch mehr hätte genutzt werden können. Zusätzlich hat es sich der Autor recht einfach gemacht, die Akzeptanz von Zeitreisen in seiner Gesellschaft zu erklären. Einen Pluspunkt hingegen gibt es für die Gedanken, die er sich um die möglichen Verwicklungen gemacht hat, die aus seinen Prämissen entstehen können. Insbesondere der letzte Abschnitt des Buches hat mich noch mal ziemlich ins Grübeln gebracht.
Fazit: Trotz der angeführten Schwächen hat mir die Lektüre dieses Buches einige Stunden Bahnfahrt versüßt und ich kann es denjenigen Lesern weiterempfehlen, die eher ruhig erzählte Geschichten mögen, welche versuchen, ihre Leser hinters Licht zu führen und zu verwirren, so lange sie sich nicht zu viel versprechen. Für mich persönlich lag der stärkste Effekt des Romans darin, dass ich auf „Die Zeitmaschine“ von H.G. Wells neugierig geworden bin, die hier für so viel Verwirrungen gesorgt hat.
P.S. Mit der Genreeinordnung habe ich mich schwer getan. Ein Teil Science Fiction ist auch dabei, aber meiner Meinung nach überwiegen die historischen Stellen, deswegen habe ich dieses Board gewählt.