"Politisch korrekte" Neuauflagen

Es gibt 275 Antworten in diesem Thema, welches 48.382 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Anubis.

  • ich fürchte auch, dass die Debatte an der Grundeinstellung der allermeisten Leute nichts ändern wird.


    Was jetzt durchaus etwas zweideutig ist, denn ist nicht vielleicht auch die Einstellung von uns allen damit gemeint? :zwinker:

    Rechtsextremismus ist wieder salonfähig gemacht worden, durch CDU/CSU und FDP.

  • illy
    dafür daß du deine Meinung nicht richtig formulieren kannst hast du es aber ganz gut hingekriegt ;)


    Was die Verkleidungsszene betrifft bin ich ganz deiner Meinung, genau das ist es, worauf ich angesprochen hatte mit meinem Vergleich.


    Ich frage mich schon lange, wer diese Debatte angeworfen hat und was der Aufruhr soll...


    Als Gegenmittel für deine Bauchschmerzen würde ich den betreffenden Artikel auf der Webseite von Thienemann
    vorschlagen, auf welchen ich dank JL's Linksammlung zum Thema gekommen bin. Danach sieht es nämlich genau umgekehrt aus...

    Einmal editiert, zuletzt von ChinaGirl ()

  • Diese Form der PC greift zumindest in Europa gerade um sich wie es scheint (wenn diese Beispiele auch nicht aus der Literatur kommen sind sie doch ähnlich):


    BBC zensiert Kultserie


    Viele Zuschauer sind darüber sehr empört. Ich kenne die Serie und das politisch inkorrekte ist Teil der Figur. Aber nunja.


    In Schweden gab es zur Weihnachtszeit einen ähnlichen Fall, der auch hohe Wellen schlug. Da wurde eine alte Donald Duck Folge, die traditionell an Weihnachten ausgestrahlt wird, gekürzt. Die Folge zeigt den Weihnachtsmann in seiner Werkstatt, mit einer kleinen dunkelhäutigen Puppe. Diese Szene wurde rausgeschnitten. Leider finde ich dazu keinen deutschen Artikel.

    Die Literatur gibt der Seele Nahrung,<br />sie bessert und tröstet sie.<br /><br />:lesen:<br />Alfred Kerr: Die Biographie

    Einmal editiert, zuletzt von Madicken ()


  • Natürlich nicht. Wenn du Kinder fragst, ob ein Wort in einer Geschichte, das abgewandelt wird, ein Problem ist, sagen bestimmt fast 100% nein. Kindern - gerade darum geht es hier doch, oder? - fehlt aber noch so viel Wissen über die Welt. Was kümmert es ein Kind, ob es solche Texte liest oder, gehen wir einen Schritt weiter, wirklich zensierte Texte, die immer noch spannende Geschichten erzählen?


    Welche Art von Zensur ist hier eigentlich gemeint? Die eines Lektorats, die meiner Meinung nach durchaus unglückliche Formulierungen anpassen sollte (Schwulette hätte meiner Meinung nach nicht das Lektorat passieren dürfen - und dieser Fall ist für mich keine Zensur)? Oder die, dass in Kinderbüchern keine gewaltverherrlichenden Szenen geschildert werden sollten? Oder die politische Zensur, die in europäischen Büchern wohl nicht in der dramatischen Form wie von einigen befürchtet stattfindet? Eigentlich bräuchte man dann keinerlei Altersempfehlungen oder FSK, denn die Eltern passen ja auf und erklären? Vielleicht wäre es auch eine Möglichkeit gewesen, das Buch mit einem an Zigarettenschachteln erinnernden Aufkleber zu versehen: "Vorsicht! Dieses Buch beinhaltet rassistische, diskriminierende und sprachlich veraltete Ausdrücke. Lesen unter 15 Jahren auf eigene Gefahr!" Aber das hätte auch wieder einen Aufschrei gegeben (man erinnere sich nur an die ganzen empörten Raucher, die auf das Krebsrisiko nun so offensichtlich hingewiesen wurden). Ich dagegen halte das für einen guten Kompromiss, denn hier wüssten die Eltern direkt Bescheid und könnten sich darauf einstellen. Außerdem stören keine Fußnoten den kindlichen Lesefluß (Fußnoten sind ja schon Erwachsenen lästig - was soll ein Kind, das ein Buch liest, damit anfangen?)

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    Einmal editiert, zuletzt von nimue ()

  • [quote author=illy]


    Ich kann auch nicht nachvollziehen, weshalb die Änderungen für "die kleine Hexe" auf so viel Ablehnung stoßen, wenn es doch explizit Preußler bzw. seine Familie war, die die Textänderung wünschte?


    Das ist der Punkt, der bei mir anders ankommt und mir die Bauchschmerzen bei der Änderung bereitet. Für mich sieht es eher so aus als ob der Verlag auf Familie Preussler zugegangen ist und gesagt hat: "Neuauflage (=weiter Tantiemen!) nur mit Änderungen".
    [/quote]


    Bei mir ist das auch so rübergekommen wie bei illy, nämlich aufgrund von dem Artikel http://www.focus.de/kultur/bue…inderbuch_aid_892351.html Hört sich nicht so an, als wäre das von ihm ausgegangen. Hat natürlich aber mit der Grundproblematik nichts zu tun, aber der Verlag wird schon einen Grund darin gesehen haben, es so publik zu machen.

    Das Leben besteht aus vielen kleinen Münzen, und wer sie aufzuheben versteht, hat ein Vermögen.<br />Jean Anouilh

  • Was ich auch nochmal anmerken möchte. Es geht um das Voraussetzen, den logischen Menschenverstand den nimue ja in Frage gestellt hat, also dass sich Eltern ja mit ihrem Kind und der Thematik auseinandersetzen (werden/sollen/müssten - was auch immer).


    Ich habe nochmal nachgedacht, ich habe ja keine Kinder, aber dann bin ich einige Menschen, die ich kenne, die Kinder haben, durchgegangen und ich befürchte, dass da doch welche dabei sind, die das Wort nicht mal durch ein anderes ersetzen würden. Somit (haben sich nicht schon die alten Griechen beschwert, dass alle immer dümmer werden, also spare ich mir den Hinweis) ist es vielleicht doch besser, das Wort generell und ersatzlos zu streichen, zumindest, wenn es absolut unrelevant ist bzgl. der Handlung.

    Das Leben besteht aus vielen kleinen Münzen, und wer sie aufzuheben versteht, hat ein Vermögen.<br />Jean Anouilh


  • Ich habe nochmal nachgedacht, ich habe ja keine Kinder, aber dann bin ich einige Menschen, die ich kenne, die Kinder haben, durchgegangen und ich befürchte, dass da doch welche dabei sind, die das Wort nicht mal durch ein anderes ersetzen würden.


    Das ist ja auch kein böser Wille und wenn wir ehrlich sind: Die meisten, die an dieser Diskussion teilgenommen hätten, wären auch nicht auf die Idee gekommen - und schon alleine deshalb war es sehr wertvoll, sich darüber zu unterhalten, denn jeder von uns wurde nochmal mehr sensibilisiert (auch ich!), was vorher mit Sicherheit weniger der Fall war. Außerdem muss man immer bedenken, dass viele Kinder das Buch alleine lesen. Sie rennen kaum bei dem Wort direkt zu den Eltern, sondern nehmen es auf und es verankert sich in ihrem Kopf. Völlig unerklärt. Natürlich ist es ideal, wenn man mit den Kindern über diese Problematik spricht. Dann aber am besten gezielt mit einem dafür geeigneten Buch, oder?

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  • Ich habe vorhin mit meiner Mutter darüber gesprochen und sie explizit gefragt wie sie das mit meinen Geschwistern gehandhabt hat - und ja ich bin ehrlich gesagt schon davon ausgegangen das sie dieses Wort damals in Frage gestellt hat und war erschrocken als sie zugegeben hat das sie es damals nie reflektiert hat. Ich weiß aber selbst das ich das Wort nicht benutzen sollte. Muss aber ehrlich zugeben das ich einfach nicht mehr weiß wie das dann bei mir war. Ich bin ja jünger als meine Geschwister (beide sind über 30). Meine Mutter hat auch selbst gesagt das sie das heute anders machen würde. Das zeigt schon auch das hier die Zeit und die Diskussion um einen Verwendung eines Begriffes eine Rolle spielt ob man ihn reflektiert oder nicht - meine Mutter hat mir jedenfalls erklärt das es schon normal war das Wort "Neger" zu benutzen. Sie hat obwohl sie zwei Kinder hat mit anderer Hautfarbe, damals das weniger reflektiert als heute.


    Und ja das hat mich zugebender Maßen erschreckt weil ich schon erwartet hätte das darüber geredet wurde. Andererseits habe ich ja bei mir selbst gemerkt das diese Frage irgendwie nie aufkam, sonst hätte ich mit meinen Geschwistern ja darüber geredet. Das finde ich traurig. Vor allem weil ich jedem der gegen die Hautfarbe meiner Geschwister etwas gesagt hat derb meine Meinung entgegen gepfeffert habe ;) aber irgendwie gerade in einer Familie mit einer solchen Konstellation hätte ich irgendwie mehr erwartet. Das mir das vorher kaum auffiel ist für mich dabei genauso erschreckend.
    Einerseits war die Hautfarbe kein Thema, weil ich sie eigentlich kaum wahrnehme aber das heißt ja nicht das sie verschwunden ist und nicht vorhanden. Für andere ist sie sichtbar. Übrigens genauso auch umgekehrt - wenn wir auf der Straße sind kommt nie irgend jemand auf den Gedanken das wir verwandt sein könnten.

  • Ich finde die Diskussion auch gut. Nicht alle Teile, nicht alle Meinungen, aber das Sensibilisieren für das Thema.

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  • Erstens möchte ich Danke sagen, dass der Thread doch wieder geöffnet wurde. Ihn nämlich zu schließen - mit dem Unterton, dass jede Meinung außer der von ein paar Personen hier - sowieso nicht richtig ist und wir uns doch bitte besser informieren sollen, fand ich nicht besonders rücksichtsvoll oder höflich. Das ist zwar nicht rassistisch, sehr wohl aber unterdrückend anderen Meinungen gegenüber. Die sollen am bestern gar nicht mehr geäußert werden, denn wir sind entweder ungebildet oder Unmenschen.


    Danke. :smile: Das war auch das erste, das ich dachte. :rollen:


    Nichts. Aber für mich stellt sich die Frage: Wo fange ich an, wo höre ich auf?


    Zu dieser Frage hat sich Mely Kiyak (übrigens eine Journalistin mit Migrationshintergrund und in Rassismusfragen nicht ganz unbewandert :zwinker:) vor kurzem in ihrem klugen Kommentar in der Berliner Zeitung bzw. Frankfurter Rundschau geäußert.


    Zitat:
    "Was wird als nächstes umgedichtet? Darf man in einer demokratischen Gesellschaft Kindern Geschichten über Prinzessinnen und Könige erzählen? Der Adel wurde mit der Vorstellung begründet, er sei eine von Gott gegebene Gruppe mit exklusivem Blut. Jahrhunderte hindurch wurden Privilegien mit Abstammung begründet. Wir sind uns ja einig, dass Menschengruppen nach Blutstämmen zu unterteilen, rassistisch ist. Aber deshalb die Literatur umschreiben? Die Sachbearbeiterin auf der Erbse? Des Investmentbankers neue Kleider? Mandatsträger Drosselbart?"
    (Quelle: http://www.berliner-zeitung.de…r-,10808020,21497890.html)



    Lest die Links, seht euch die Videos an, informiert euch zu dem Thema. Es ist viel zu komplex und wichtig um es aus dem Bauchgefühl heraus diskutieren zu können :winken:


    Und da isses wieder - dieses "Ihr, die Ihr nicht meiner Meinung seid, habt ja doch keine Ahnung..."


    Und tschüss ... :winken:

  • Und da isses wieder - dieses "Ihr, die Ihr nicht meiner Meinung seid, habt ja doch keine Ahnung..."


    Ich kann beim besten Willen nicht nachvollziehen, wie man nimues Worten diese Bedeutung zulegen kann. Und Uninformiertheit, das kann ich nur bestätigen, ist tatsächlich ein großes Problem in dieser Debatte (leider auch nicht das einzige). Zum Beispiel die Frage, wie die ganze Geschichte ihren Ausgang nahm:



    Für mich sieht es eher so aus als ob der Verlag auf Familie Preussler zugegangen ist und gesagt hat: "Neuauflage (=weiter Tantiemen!) nur mit Änderungen". Da mögen die Absichten ja womöglich noch so lauter gewesen sein, das Ergebnis gefällt mir prinzipiell nicht, auch wenn die Szene durch die Änderungen noch nicht mal den Charakter des Buches verändern wird.


    Meines Wissens gibt es keine Hinweise darauf, dass der Verlag die Familie Preußler vor die Wahl gestellt hätte, entweder den Änderungen zuzustimmen oder die Neuausgabe platzen zu lassen. Das käme mir auch ziemlich abwegig vor bei einem Verlag, dessen Renommée zu einem großen Teil auf der Herausgabe von Preußlers Büchern beruht. Zumal der Verlag gerade diverse Werke Preußlers in neuen Ausgaben veröffentlicht und angesichts des bevorstehenden 90. Geburtstags des Autors wohl kaum auf eine Neuausgabe der Kleinen Hexe verzichtet hätte.


    Wie es zu der Verlagsentscheidung kam, ist eigentlich ziemlich genau bekannt und wird z.B. in diesem Artikel geschildert: Ein Vater ist beim Vorlesen des Buches auf die rassistische Passage gestoßen und hat daraufhin den Verlag kontaktiert, der wiederum (wohl nach einem längeren Diskussionsprozess) das Einverständnis des Autors und seiner Familie erwirkt hat. Verschiedentlich wurde die Sache so dargestellt, als sei die Initiative vom Arbeitgeber des besagten Vaters (der Heinrich-Böll-Stiftung) ausgegangen, u.a. in der bejubelten „Trottelsprache“-Kolumne von Jan Fleischhauer. Irgendwelche Belege dafür, dass eine Institution sich an den Verlag gewandt habe (und keine Privatperson) hat bislang niemand genannt.

  • Ich kann beim besten Willen nicht nachvollziehen, wie man nimues Worten diese Bedeutung zulegen kann. Und Uninformiertheit, das kann ich nur bestätigen, ist tatsächlich ein großes Problem in dieser Debatte (leider auch nicht das einzige). Zum Beispiel die Frage, wie die ganze Geschichte ihren Ausgang nahm:


    :schulterzuck: Das ist in Diskussionen oft so, ich nehme davon inzwischen fast keine Notiz mehr. Problematisch finde ich übrigens nicht die Unwissenheit, sondern eher, wenn man sie verleugnet. Ich weiß auch nicht alles und von den meisten Dingen habe ich null Ahnung. Aber dann senfe ich halt auch nicht mit oder lese mich ein, wenn ich es dennoch tun will. Und ich habe auch nie geschrieben, dass hier jemand ungebildet ist (wie mir das teilweise in den Mund gelegt wurde). Meine Güte, ich weiß nicht, wie man Reifen wechselt oder Steaks zum Schwitzen bekommt - deshalb halte ich mich trotzdem nicht für ungebildet, sondern in diesem Bereich für uninformiert :zwinker:


    Den Thread habe ich vor einigen Tagen geschlossen, weil ich das Gefühl hatte, dass sich 1. die Diskussion im Kreise dreht und sie 2. eskaliert durch die beiden letzten Postings von JL und Wendy. Deshalb fand ich eine Pause einfach notwendig. Sollte sich die Diskussion erneut im Kreise drehen oder eskalieren, wird sie auch wieder geschlossen. Dabei empfinde ich keinerlei Schmerzen :zwinker:

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    Einmal editiert, zuletzt von nimue ()

  • Meines Wissens gibt es keine Hinweise darauf, dass der Verlag die Familie Preußler vor die Wahl gestellt hätte, entweder den Änderungen zuzustimmen oder die Neuausgabe platzen zu lassen. Das käme mir auch ziemlich abwegig vor bei einem Verlag, dessen Renommée zu einem großen Teil auf der Herausgabe von Preußlers Büchern beruht. Zumal der Verlag gerade diverse Werke Preußlers in neuen Ausgaben veröffentlicht und angesichts des bevorstehenden 90. Geburtstags des Autors wohl kaum auf eine Neuausgabe der Kleinen Hexe verzichtet hätte.


    Wie es zu der Verlagsentscheidung kam, ist eigentlich ziemlich genau bekannt und wird z.B. in diesem Artikel geschildert:


    Nö, eben nicht "Genau bekannt". Was denn nun? Der von Anubis zitierte Artikel erklärt, dass der Verlag auf die Familie zugegangen sei, während die von ChinaGirl verlinkte Verlagsseite erklärt, es wäre von der Familie ausgegangen. Ich habe Variante 1 zuerst gelesen und daraus meine Schlussfolgerungen gezogen, auch wenn der finanziell-erpresserische Gedanke eine Unterstellung/private Wahrnehmung von mir ganz alleine war. Vielleicht ja auch einfach nur in der Variante, dass man mit einer bereinigten Neuauflage deutlich mehr neue Käufer finden würden...

  • Ich habe gerade auf Anubis' Blog gestöbert und dabei den aktuellen Artikel gefunden: Links vom Gutmenschen - im unteren Bereich sind sehr interessante Links, überwiegend von Betroffenen. Lesenswert!


    Eines muss ich von dieser Seite zitieren:


    Zitat

    »Eine antirassistische Haltung bedeutet nicht, eine Kerze auf einer Lichterkette anzuzünden um ›ein Zeichen zu setzen‹ und sich dabei gut zu fühlen. Sie bedeutet, eigene Weltbilder und Gewohnheiten zu hinterfragen und gegebenenfalls auf Zeichen zu verzichten. Auch wenn es weh tut.«


    Ich habe selbst erfahren, wie schmerzhaft so etwas sein kann. Vor einigen Jahren hätte ich vermutlich auf der anderen Seite der Debatte gestanden.

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    Einmal editiert, zuletzt von nimue ()


  • Zu dieser Frage hat sich Mely Kiyak (übrigens eine Journalistin mit Migrationshintergrund und in Rassismusfragen nicht ganz unbewandert :zwinker:) vor kurzem in ihrem klugen Kommentar in der Berliner Zeitung bzw. Frankfurter Rundschau geäußert.


    Ebenfalls ein Zitat aus dem gleichen Text, von der gleichen Journalistin mit Migrationshintergrund und Erfahrung in Integrationspolitik:


    Zitat

    Üblicherweise werden selten „Neger und Zigeuner“ gefragt, wie sie es finden, dass Millionen Kinder auf der Welt diese Begriffe im Rahmen ihrer Kinderbildung verinnerlichen. Ich besitze aus dem Unrast Verlag folgendes Buch: „Wie Rassismus aus Wörtern spricht“. Darin heißt es: „Fremddefinition ist Fremdbestimmung“. Da die Anzahl farbiger Feuilletonisten und Politiker sehr begrenzt ist, zeigt die Debatte das grundsätzliche Problem, wenn es, egal in welchem Kontext, um Neger, Zigeuner, Kanaken, Fidschi und so weiter geht. Die Weißen benennen Menschen so, wie es ihrem Weltbild entspricht, und die Weißen schaffen es wieder ab, wenn es ihnen nicht mehr in den Kram passt. Es folgt den Regeln der Weißen, nicht den Wünschen der Diskriminierten, denn die wären schon früher für die gesellschaftliche Sensibilität bereit gewesen. Womöglich bereits 1944, als Astrid Lindgren das Wort Neger verwendete, das auch damals lediglich zur Rassentrennung taugte .


    Hmmm... tut mir leid, aber das spricht für mich viel mehr für eine Anpassung, denn es wurden ja mehrfach Betroffene gefragt (wie aus den zahlreichen Links von JL, Anubis und mir zu entnehmen ist). Und ich bin mehr und mehr begeistert von der Entscheidung des Verlages und der daraus entstandenen Debatte, denn sie erzeugte definitiv eine gewisse zusätzliche Sensibilisierung der Gesellschaft.

    Rechtsextremismus ist wieder salonfähig gemacht worden, durch CDU/CSU und FDP.

  • Und hier noch eine ganz wunderbare Stellungnahme auf ScienceBlogs:


    Zitat

    Ich liebe die Bücher von Otfried Preußler. Ich habe sie als Kind alle mit Begeisterung gelesen; mehrmals. Und ich wünsche mir, dass auch die Kinder der Zukunft diese wunderbaren Bücher noch lesen können. Und ich hoffe, dass sie dazu dann kein dickes Begleitheft brauchen, das ihnen erklärt, was die ganzen veralteten Ausdrücke bedeuten…


    So, und jetzt brauche ich eine Pause, weil mein Kopf seit zwei Tagen schmerzt (was eher mit dem Wetter als dieser Diskussion zu tun hat) :winken:

    Rechtsextremismus ist wieder salonfähig gemacht worden, durch CDU/CSU und FDP.


  • Eines muss ich von dieser Seite zitieren:



    Ich habe selbst erfahren, wie schmerzhaft so etwas sein kann. Vor einigen Jahren hätte ich vermutlich auf der anderen Seite der Debatte gestanden.


    Aber natürlich! Dem stimme ich völlig zu. In meinem Familienkreis gibt es fast nur "gemischte" Leute. Ich selbst bin eine Viertel-Griechin, meine Großmutter damit "komplette" Griechin mit starkem Akzent. Herr Wendy ist Südafrikaner und somit seine gesamte Familie ein Mischmasch an verschiedenen Brauntönen. Mir wäre es, dank meiner aufgeschlossenen Mutter und ihrer Erziehung, nie im Traum eingefallen, ihn oder seine Eltern anders zu behandeln als "weiße" Menschen.


    Aber es schadet nie, auch Verhaltensmuster, die man für moralisch gut hält, öfter zu hinterfragen. Bin ich zu allen Menschen, die anders sind als ich, gleich freundlich? Es müssen ja nicht nur dunkelhäutige sein. Hier in Österreich gibt es etwa viele Türken, Kroaten, Bosnier, Serben - mit denen ich im täglichen Leben dauernd zu tun habe. Die sind in Österreich sicher von genauso stark von unterschwelligem Rassismus betroffen wie jemand mit ganz offensichtlich dunkler Haut.


    Und genau das halte ich für den richtigen Ansatz. Das ist es, was - so hoffe und wünsche ich mir zumindest - wirklich einen Unterschied macht. Sich selbst bewusst zu machen und dadurch automatisch auch seinen Kindern und dem Freundeskreis, wie man mit anderen Menschen umgeht. Und das im Alltag zu leben.


    Ach ja, etwas möchte ich noch zu dem Leserbrief des neunjährigen Mädchens sagen:
    Ich stimme zu, dass der eindeutig von Erwachsenen diktiert wurde - wenn auch von ihr selbst geschrieben und mit reichlich Rechtschreibfehlern versehen - und der Brief hat mich auch berührt. Aber die logische Seite meines Gehirnes sagt mir, dass das genau das ist, was Medien tun. Sie zielen auf unsere emotionale Seite ab, wir stellen uns das arme kleine Mädchen vor, wie es sich verletzt fühlt und natürlich fühlen wir mit ihr mit.


    Und weil der Brief so eindeutig nicht vom Kind selbst stammt, fühle ich mich hier auch ein bisschen verarscht. Denn wie soll man nach so einem Brief noch etwas Negatives zum Abändern der angesprochenen Begriffe sagen können? Dann stellt man sich praktisch selbst so dar, als wäre einem die Kleine egal, als würde man nicht wollen, dass sie sich akzeptiert fühlt.
    Ich mag es nicht, wenn man mich so in eine Ecke drängt und daher ändert sich auch meine Meinung zu den Kinderbüchern nicht. Ob nun ein Vater oder der Verlag die Idee hatten, wenn man hier anfängt, Dinge zu verändern, wer bestimmt dann, wo wir aufhören?


    P.S.: Soviel dazu, dass ich nix mehr sagen wollte. :rollen:

    Jahresziel: 2/52<br />SLW 2018: 1/10<br />Mein Blog

  • Dann möchte ich auch noch mal mein Mantra wiederholen:


    1. Niemand "verordnet" einem hier irgendwas. Zensur ist was anderes
    2. Änderungen an Texten sind ganz normal
    3. Ältere Ausgaben existieren weiterhin, die Editionsgeschichte bleibt nachvollziehbar
    4. Niemand glaubt, dass man damit alle Probleme lösen kann
    5. Die Vermeidung diskriminierender Ausdrücke ist einfach eine Frage des gesunden Menschenverstands.



    Frage und Antwort


    F: Aber sollten wir nicht besser die Einstellung ändern statt eines Worts?
    A: Es sind auch die Einstellungen zu ändern, nicht die Einstellungen anstelle des Wortes. Dasselbe gilt für sexistische und anderweitig diskriminierende Sprache.


    F: Wenn wir einen Begriff vermeiden, lenken wir dann nicht erst recht Aufmerksamkeit darauf?
    A: Nein, die Vermeidung des N-Worts lenkt keine zusätzliche Aufmerksamkeit auf den Umstand, dass ein Mensch andere Hautfarbe hat. Genauso wenig, wie die Vermeidung diskriminierender Ausdrücke für Frauen, Schwule, egal wen das tut. Genau hier setzt der Einstellungswandel an (oder denkt ihr die ganze Zeit "oh Gott, jetzt bloß nicht 'Fräulein' sagen", wenn ihr mit einer unverheirateten Frau redet?)


    F: Sind Kinderbücher nicht auch kulturhistorische Zeugnisse?
    A: Wer sich dafür interessiert, dass Rotkäppchen mal eine "Dirne" war, kann das immer noch in alten Ausgaben nachschlagen. Kinderbücher wollen aber in erster Linie auch gelesen und verstanden werden, nicht nur "Zeugnis" oder "Denkmal" sein. Solche Änderungen werden seit Jahrhunderten vorgenommen. Nicht erst seit der Globalisierung. Ich erinnere nur an die Einhörner in der Bibel.


    F: Wo ziehen wir denn dann die Grenze?
    A: Ganz einfach: Einzelfallentscheidung. Kein Grund für "wo kommen wir da hin?"-Panik.


    F: Warum ändern wir nicht einfach die Bedeutung des Worts?
    A: Weil wir als die Nicht-Betroffenen nicht entscheiden können, dass diskriminierende Sprache auf einmal nicht mehr diskriminierend ist. Das können nur die Betroffenen.



    Neue Links:


    Ein sehr guter Kommentar in der "Zeit": Von Zensur kann keine Rede sein


    Zitat

    Eigentlich eine literaturhistorische Fußnote, eine editorische Lappalie, über die man gar nicht lange reden müsste. Wäre sie nicht seit einigen Tagen unter medialer Hitzezufuhr zum Skandal aufgeschäumt worden [...] Es ist eine Debatte, die mit Literatur nicht mehr viel zu tun hat. Es geht schon längst um etwas ganz anderes. Um das, was man nicht mehr sagen und lesen darf, aber gerne will und dass irgendwann auch mal Schluss sei. Mit der Political Correctness, mit dem notorisch angeführten Tugendterror und dem Gouvernantenstaat, der uns erst das Rauchen und Rasen vermiesen möchte und nun auch noch ein Wort.


    Selbst die Titanic meint dazu nur noch:

    Zitat

    Nach dem Wort "Neger" hat der Stuttgarter Thienemann Verlag nun auch "wichsen" im Sinne von "putzen" oder "hauen" aus zwei von Otfried Preußlers Kinderbüchern entfernt. Wenn Sie an dieser Stelle eine satirische "Verlängerung" à la "Wird jetzt aus der 'Kleinen Hexe' die 'Kleine Alternativmedizinerin'?" erwarten, dann sind Sie leider falsch bei uns [...]


    Um aber auch noch einen "ernsthaften" und konstruktiven Beitrag zu bringen, nehmt euch mal zehn Minuten Zeit und schaut euch diesen TED-Talk an (auf Englisch):


    Aus dem Inhalt: Wieso Diskussionen über Rassismus immer so fürchterlich schief laufen; der Unterschied zwischen rassistisch argumentieren und Rassist sein; Rassismus ist nicht nur schwarz und weiß [no pun intended]; Antirassismus zu leben kein einmaliger Schritt, sondern ein Prozess.


    In genau diesem Prozess befinden wir uns gerade.

  • Zur Diskussion selbst habe ich nichts mehr zu sagen, aber hier ist ein Artikel ausder Zeit in dem die Kinderbuchautorin Christine Nöstlinger ihre Meinung zu dem Thema kundtut. Und ich muss sagen: Ich stimme ihr in vielen Passagen zu: Nöstlinger in der Zeit


    Katrin

  • Tut mir leid, da stieg ich gleich beim ersten Satz aus, als bei ihr der "Ostwind" von Deutschland Richtung Wien blies. Wenn es um ihr politisches Bewusstsein genauso gut bestellt ist wie um ihr geographisches, muss ich mir das nicht geben.