Andreas Eschbach - NSA. Nationales Sicherheitsamt

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    Gebundene Ausgabe: 800 Seiten

    Verlag: Bastei Lübbe (Lübbe Hardcover); Auflage: 1. Aufl. 2018 (28. September 2018)

    Sprache: Deutsch

    ISBN-10: 3785726252

    ISBN-13: 978-3785726259

    Vom Hersteller empfohlenes Alter: Ab 16 Jahren


    Inhaltsangabe:


    Weimar 1942: Die Programmiererin Helene arbeitet im Nationalen Sicherheits-Amt und entwickelt dort Programme, mit deren Hilfe alle Bürger des Reichs überwacht werden. Erst als die Liebe ihres Lebens Fahnenflucht begeht und untertauchen muss, regen sich Zweifel in ihr. Mit ihren Versuchen, ihm zu helfen, gerät sie nicht nur in Konflikt mit dem Regime, sondern wird auch in die Machtspiele ihres Vorgesetzten Lettke verwickelt, der die perfekte Überwachungstechnik des Staates für ganz eigene Zwecke benutzt und dabei zunehmend jede Grenze überschreitet ...

    Was wäre, wenn es im Dritten Reich schon Computer gegeben hätte, das Internet, E-Mails, Mobiltelefone und soziale Medien - und deren totale Überwachung?


    Autoreninfo:


    Andreas Eschbach, geboren am 15.09.1959 in Ulm, ist verheiratet, hat einen Sohn und schreibt seit seinem 12. Lebensjahr. Er studierte in Stuttgart Luft- und Raumfahrttechnik und arbeitete zunächst als Softwareentwickler. Von 1993 bis 1996 war er geschäftsführender Gesellschafter einer EDV-Beratungsfirma. Als Stipendiat der Arno-Schmidt-Stiftung "für schriftstellerisch hoch begabten Nachwuchs" schrieb er seinen ersten Roman "Die Haarteppichknüpfer", der 1995 erschien und für den er 1996 den "Literaturpreis des Science Fiction-Clubs Deutschland" erhielt. Bekannt wurde er vor allem durch den Thriller "Das Jesus-Video" (1998), das im Jahr 1999 drei literarische Preise gewann und zum Taschenbuchbestseller wurde. ProSieben verfilmte den Roman, der erstmals im Dezember 2002 ausgestrahlt wurde und Rekordeinschaltquoten bescherte. Mit "Eine Billion Dollar", "Der Nobelpreis" und zuletzt "Ausgebrannt" stieg er endgültig in die Riege der deutschen Top-Thriller-Autoren auf.


    Meine Meinung:


    Titel: Er sieht alles...


    Von Andreas Eschbach habe ich bisher ausschließlich Jugendbücher gelesen, die mir richtig gut gefielen. Bei dem vorliegenden Buch war es einfach das Thema, was mich aufmerksam werden ließ. Meine Erwartungen waren groß, wurden jedoch um Längen übertroffen.


    Ehrlich gesagt bin ich nach der Lektüre immer noch sprachlos und völlig geflasht, daher fällt es mir fast schon schwer hier die richtigen Worte zu finden.


    In der Geschichte geht es um die Programmiererin Helene, die im Amt für Nationale Sicherheit arbeitet. Dieses Amt überwacht jeden Bürger. Doch dann verliebt sich Helene in den Falschen, einen Deserteur, dessen Leben in Gefahr ist. Für welchen Weg wird sie sich entscheiden? Für die Liebe oder dafür eine treue Deutsche zu sein?

    Das Besondere an dem Setting des Buches ist wohl, dass wir hier in eine reale Vergangenheit eintauchen, die mit Fiktion verwoben ist, denn hier gibt es bereits Smartphones und Computer.


    Richtig gut gefallen hat mir, dass sich der Autor auch sprachlich in dieser Zeit anders bewegt, denn aus Büro wird Bureau, aus Telefon wird Telephon, aus Computer wird Komputer usw.


    Im Mittelpunkt der Handlung stehen die Protagonisten Eugen Lettke und Helene Bodenkamp. Beide arbeiten sie im Nationalen Sicherheitsamt, sie als Programmiererin, er als Analyst und Computerspezialist. Wir lernen beide Figuren als Kinder und Jugendliche kennen und erleben erst später wie sie in die Arbeitswelt eintreten.


    Besonders Eugen hat mir immer wieder eine Gänsehaut verschafft, denn er ist eine dunkle Persönlichkeit wie sie im Buche steht. Er ist der Sohn eines Kriegshelden und begibt sich nach einem Ereignis aus seiner Jugend auf einen persönlichen Rachefeldzug, wodurch uns als Leser erst bewusst wird, was für Auswirkungen es hat mittels Smartphone unter Dauerüberwachung zu stehen. Lettke war mir von der ersten Seite an unsympathisch und ich habe ihm so manches Mal die Pest an den Hals gewünscht. Er ist einfach die perfekte Figur, an der man sich aufreiben, sprich darüber aufregen kann. Seine Entwicklung war schlichtweg dem Bösen entgegen.


    Helene hingegen mochte ich direkt gern, einfach weil ich mich sofort mit ihr identifizieren konnte, weil wir so unglaublich viel gemeinsam haben. Ihre ständigen Selbstzweifel mögen den ein oder anderen Leser lästig sein, ich hingegen empfand es als absolut realistisch. Zudem macht Helene im Verlauf der Geschichte eine unglaubliche Verwandlung durch von der naiven Programmstrickerin, die schlicht nur Befehle ausführt bis hin zur kleinen Rebellin. Alle Höhen und Tiefen, die Helene nehmen muss, lassen einem als Leser das Herz höher schlagen. Auch ihre kleine Liebelei zu einem Fahnenflüchtigen hat mein Herz tief berührt.


    Alle Nebenfiguren sind ebenfalls gut gezeichnet und bieten für jeden Leser Persönlichkeiten, denen man sich nahe fühlt. Mein Highlight hier war ganz klar Cäcilia Schmettenberg.


    Richtig gut fand ich, dass auch zahlreiche real existierende Persönlichkeiten wie die Geschwister Scholl und ähnliche ihre Auftritte im Buch haben.


    Zum Ende des Romans hin zieht die Spannung nochmal richtig an und man kann einfach nicht mehr aufhören mit der Lektüre eh dann am Ende der ganz große Knall kommt und man als Leser nur denkt: Bitte was? Ich habe das Buch abends um 22 Uhr beendet und konnte danach nicht mehr schlafen, weil mir danach so viele Fragen durch den Kopf gingen.


    Selten hat es eine Geschichte geschafft mich so sehr zu fesseln und dass ich auch wenn ich mal nicht gelesen habe dauernd an die Handlung und die Figuren denken musste. Auch passiert es mir eher selten, dass ich dauernd über meine aktuelle Lektüre reden muss. Als Leser bekommt man Liebe, Intrigen, jede Menge Gänsehautmomente und vor allem ordentlich Stoff zum Nachdenken.


    Fazit: Ein Buch das seinesgleichen sucht und sehr deutlich macht, was das digitale Zeitalter für einen parat hält. Ich kann nur eine klare Leseempfehlung aussprechen, da es mich restlos begeistert hat. Für mich ein Must- Read im Lesejahr 2018 und mein neues Lieblingsbuch. Absolute Spitzenklasse!


    Bewertung: 5ratten und :tipp:

    &WCF_AMPERSAND"Das Buch als Betriebssystem ist noch lange nicht am Ende&WCF_AMPERSAND" (H.M. Enzensberger)

  • Ha, da weiß ich doch gleich, welches Buch ich nach dem Feiertag kaufen gehe! Irgendwie ist es völlig an mir vorbeigezogen, dass es einen neuen Eschbach gibt.:huh:

    Liebe Grüße

    Tabea

  • Ich hatte das Buch übrigens als Vorabexemplar, daher konnte ich so zeitig eine Rezension dazu schreiben. Es ist sehr seitenstark, aber das merkt man nur beim Halten, beim Lesen hätte es noch ewig so weitergehen können.


    Ich kann es wirklich jedem nur empfehlen. In meiner Familie wird sich derzeit gestritten, wer es jetzt als erstes lesen darf.

    &WCF_AMPERSAND"Das Buch als Betriebssystem ist noch lange nicht am Ende&WCF_AMPERSAND" (H.M. Enzensberger)

  • Meine Meinung:


    Eschbach und ich... ich gebe zu, ich hätte nicht unbedingt erwartet mal doch noch einen Roman von ihm zu lesen. Seit dem Jesus Video, das damals für mich ein absoluter Flop war, hatte ich eigentlich kein Bedürfnis mehr. Aber ich habe auch eine Schwäche für genau diese Art Themengebiete die Eschbach in seinem neuen Roman aufgreift.

    Es hat etwas von einem neuen "1984", zugeschnitten auf unsere Zeit. "

    Das sogenannte Dritte Reich als Schauplatz ist dabei der passende Spiegel für uns deutsche Leser. Wir kennen die eigentlichen historischen Zusammenhänge, manche Namen vielleicht besser als andere (etwa die der Familie Frank, die Weiße Rose). Je nach dem, wie man sich im Vorfeld damit beschäftigt hatte.

    Ein Staat, der mit seinen damaligen Mitteln genau dass getan hat, was im Eschbach im Roman erleichtert. Es wirkt sehr glaubwürdig, wenn die Handlung von der Nutzung der neuesten Technologien berichtet.

    Daten sammeln dass konnten totalitäre Staaten ja schon immer gut - bis einem auffällt und auffallen soll würde ich behaupten, dass dies mehr mit unserer Wirklichkeit zu tun hat, als uns allen lieb sein könnte. Kurz denkt man vielleicht einfach nur an Trump, Putin, Erdogan, China, Nordkorea... aber auch an die Frage was geschieht eigentlich jeden Tag mit all unseren Daten, von wem werden sie wann und wo verarbeitet? Genutzt, missbraucht, vielleicht zu Marketingzwecken heute-, aber was geschieht, damit morgen und übermorgen?? Eschbachs Roman ist daher zwar gerne ein, "Was wäre, wohl gewesen wenn?"

    Gleichzeitig aber auch die Antwort: "Das könnte passieren wenn!"


    Für mich war das spannend, ich liebe Geschichte sehr und kenne mich gerade mit dem Zeitraum, den Eschbach abdeckt, schon recht gut aus. Ich finde das er die Frage, wie neuere Techniken die Geschichtsschreibung verändert hätten, glaubwürdig beantwortet hat. Im Prinzip muss er ja nur an das Anknüpfen was schon da ist: Die Nationalsozialisten haben die damals neuesten Technologien verwendet und es wäre absolut nicht verwunderlich, das sie etwas das Weltnetz (wie unser Internet) genauso verwendet hätten, wie Eschbach das vorschlägt.

    Auch die verschiedenen Möglichkeiten der Überwachung lassen ein mulmiges Gefühl zurück - ich habe mein Smartphone beim Lesen schon skeptisch angeschaut.


    Dann wieder, ich nutze ja selbst gerade eben den Rechner, um diesen Text zu schreiben. Der Roman hat mich wirklich noch mal zum Nachdenken gebracht und mir auch wieder gezeigt, wie unbedarft wir insgesamt schon mit unseren Daten umgehen. Die Abschaffung des Bargeldes etwa hängt ja auch schon länger im Raum. Dass diese Medaille aber auch Kehrseiten hat, das machen wir uns oft ja nicht so klar. Sicher auch gerade weil wir in Europa eine sehr privilegierte Situation haben. Wir sind momentan nicht von Hungersnöten und Krieg bedroht unsere wirtschaftliche Situation ist gut. Wir leben ins Systemen, die demokratisch geprägt sind. Die Menschenrechte werden anerkannt.

    Aber was passiert, wenn sich das ändert? Was passiert mit Daten von uns allen, wenn es z.B. wie im Roman, um die Frage geht wer kein Deutscher mehr sein darf? Die Daten werden genutzt, um versteckte Juden aufzuspüren und alle zu verhaften. Allein für Berlin werden so in Berlin alle noch verbliebenen Verstecke gefunden.


    Gelungen fand ich die beiden Blickwinkel, die der Roman bietet. Helene, eine Programmstrickerin (eine Programmierin würden wir sagen) wie es im Roman heißt, die eigentlich eher unpolitisch aufwächst, dann aber durch ihre Liebe zu Arthur mit der Lebenswirklichkeit im nationalsozialistischen Deutschland konfrontiert wird. Und ihr Kollege Eugen Lettke: ein wahres Arschloch mit Verlaub. Der aber perfekt in genau diese Welt passt, in der Menschen mit bestimmten Persönlichkeiten (ein gutes Beispiel sind etwa Ärzte wie Mengele, Verschiedene Lageraufseher*innen die ihre Macht über die Gefangenen mit besonderer Grausamkeit demonstrierten) sehr gute Chancen hatten, das System für sich zu nutzen. Lettke nutzt die im Roman so geschriebenen Komputer, zu denen er Zugang hat für einen privaten perfiden Rachefeldzug. Er hat sich in seinem Leben ganz gut eingerichtet. Was mit anderen Menschen ist interessiert ihn im Grunde gar nicht.

    Auch Helene hat ihre Schwächen, doch sie macht Entwicklung durch und hinterfragt ihre Handlungen immer stärker, während Lettke sich nur um sich selbst dreht.


    Ich gebe aber auch zu, wenn es um Programmiersprache ging, habe ich das eher überflogen. Das Ganze hielt sich aber in Grenzen und war glaubwürdig in die Handlung eingebunden.Da beide Hauptfiguren im NSA arbeiten, ist es natürlich auch klar, das ihre Arbeit eine Rolle spielt. Nur durch diese Verknüpfung macht aber die Handlung auch Sinn, da einige Antworten den Figuren sonst gar nicht zugänglich gewesen wären.


    "NSA" ist packend, aufwühlend, spannend, nachdenklich machend und vieles mehr. Gut dreiviertel des Romans habe ich in einer Nacht gelesen, weil ich einfach nicht aufhören konnte. So ist der Roman trotz seiner Tiefe eben auch Unterhaltung. Und die ist Eschbach wirklich sehr gelungen.

    Oft beschwere ich mich das ein Autor, eine Autorin am Ende nicht genug wagt. Unbequeme Entwicklungen abmildert oder noch schnell ein Happy End hinschustert, wo es gar nicht passt.

    Hier habe ich einfach einmal absolut nichts zu meckern. Das Ende ist ehrlich gesagt nichts zum Kuscheln. Aber es hat sooo gut gepasst und mich vollkommen zufrieden zurück gelassen - im Sinne das es den Roman perfekt abgerundet hat.


    Von mir absolut verdient: 5ratten


    Vielen Dank an Bastei Lübbe für das Leseexemplar!

  • Ich habe in letzter Zeit einiges über die deutsche Geschichte angefangen in der Weimarer Republik bis zum Kriegsende gelesen. Es ist ein furchtbarer Teil der deutschen Geschichte. Aber als wäre das nicht schon schlimm genug, setzt der Autor Andreas Eschbach noch eins drauf. Er führt uns mit diesem Buch vor, wie es gewesen sein könnte, wenn das damalige Regime die technischen Möglichkeiten des Internets und Mobilfunks gehabt hätte. Konnte man damals vielleicht noch davonkommen, indem man sich abduckte, wäre mit diesen Techniken nicht mehr möglich gewesen.

    Helene Bodenkamp ist Programmiererin beim Nationalen Sicherheits-Amt und schafft damit die Voraussetzungen, die eine flächendeckende Überwachung möglich macht. Es dauert lange, bis Helene merkt, was wirklich läuft. Erst als ihr Geliebter desertiert und sie ihn schützen will, gerät sie mit in die Machenschaften ihres Vorgesetzten Eugen Lettke, der das alles auch für persönliche Zwecke benutzt.

    Der Schreibstil von Eschbach ist gut und flüssig zu lesen. Es gibt eine ganze Reihe von speziellen Ausdrücken, die an die Zeit angepasst wurden, aber eindeutig sind.

    Es ist eine spannende, aber auch sehr erschreckende Geschichte, die uns Eschbach in diesem gewichtigen Werk von 800 Seiten erzählt. Die Charaktere sind alle gut gezeichnet. Helene Bodenkamp wirkt etwas verschüchtert, obwohl sie höchst intelligent ist. Lettke dagegen ist ein widerlicher und rücksichtsloser Psychopath.

    Hat man sich beim Erscheinen von George Orwells Roman „1984“ noch über eine solche Überwachung Sorgen gemacht, so hat die Wirklichkeit dieses Szenario schon vor vielen Jahren überholt. Wir sind bereits gläsern, auch wenn es von vielen ignoriert wird, denn die Sammelwut unserer Daten durch die großen Firmen wie Facebook, Google usw. wächst und wächst. Man mag sich gar nicht vorstellen, was dieses Werkzeug in falschen Händen anrichten kann.

    Es ist ein Buch, in dem vieles nur schwer zu ertragen ist. Aber gerade, weil es so erschreckend ist, macht es nachdenklich und hallt nach.5ratten

  • Unter "Historische Romane" hätte ich das Buch jetzt nicht vermutet, passt aber wohl trotzdem hier rein. Ich hatte mir das Buch vorbestellt und leider steht es seitdem im Regal. Heute habe ich es aber geaudibelt und werde es mir anhören. Mich interessiert das Thema Überwachung nicht erst seit Snowden und alternative Geschichte geht auch immer.

    Hier gibt es ein Interview mit Andreas Eschbach. Nachdem ich es gelesen habe, bin ich geradewegs zu Audible marschiert.


    ***

    Aeria

  • Historisch find ich aber auch eher irreführend :saint:

    LG, Dani


    **kein Forums-Support per PN - bei Fragen/Problemen bitte im Hilfebereich melden**

  • Ich habe das Buch heute zu Ende gelesen, aber ich muss es erstmal sacken lassen und meine Gedanken ordnen, bevor ich mehr dazu schreiben. (Zumal eine Erkältung gerade meinen ganzen Kopf vernebelt.)

  • Ich zitiere mal Wikipedia: "Alternativweltgeschichten sind eine Ausformung des Science-Fiction-Genres..." und schiebe das Buch entschlossen in das entsprechende Unterboard. :boesermod: :zunge:

  • Valentine

    Hat den Titel des Themas von „Andreas Eschbach - NSA - Nationales Sicherheitsamt“ zu „Andreas Eschbach - NSA. Nationales Sicherheitsamt“ geändert.
  • Es gibt bei 54books eine hervorragende Rezension des Buches:


    Zitat

    Es wurde nun deutlich, warum dieser Roman nicht nur schlecht, sondern auch in seiner Darstellung von sexueller Gewalt, Männlichkeit und Weiblichkeit und nicht zuletzt der Zeit des Nationalsozialismus höchst problematisch ist. Er zeigt zudem, dass der Themenkomplex Zweiter Weltkrieg, Shoa, Nationalsozialismus, Adolf Hitler immer noch als Schockeffekt in Unterhaltungsmedien zieht. Letztlich ist Andreas Eschbachs NSA ein Roman, der all das miteinander vermischt, was die deutsche Seele offenbar zur Unterhaltung braucht ( 81% der Bewertungen auf Amazon mit 4 oder 5 Sternen): Nationalsozialismus, Sex, ein bisschen Grusel und das große Grauen des Internets. Das Schlimme daran ist, dass die Frage, wie diktatorische Regime die Totalüberwachung für sich nutzen können, wirklich relevant ist und in einem guten Roman ausgearbeitet hätte werden können. Hier dient sie leider nur dem Thrill.


    Nazi-Kitsch, Internetkritik und sexuelle Gewalt oder warum dieser Roman einen Skandal auslösen müsste

    Rechtsextremismus ist wieder salonfähig gemacht worden, durch CDU/CSU und FDP.

  • Es gibt bei 54books eine hervorragende Rezension des Buches:


    Zitat

    Es wurde nun deutlich, warum dieser Roman nicht nur schlecht, sondern auch in seiner Darstellung von sexueller Gewalt, Männlichkeit und Weiblichkeit und nicht zuletzt der Zeit des Nationalsozialismus höchst problematisch ist. Er zeigt zudem, dass der Themenkomplex Zweiter Weltkrieg, Shoa, Nationalsozialismus, Adolf Hitler immer noch als Schockeffekt in Unterhaltungsmedien zieht. Letztlich ist Andreas Eschbachs NSA ein Roman, der all das miteinander vermischt, was die deutsche Seele offenbar zur Unterhaltung braucht ( 81% der Bewertungen auf Amazon mit 4 oder 5 Sternen): Nationalsozialismus, Sex, ein bisschen Grusel und das große Grauen des Internets. Das Schlimme daran ist, dass die Frage, wie diktatorische Regime die Totalüberwachung für sich nutzen können, wirklich relevant ist und in einem guten Roman ausgearbeitet hätte werden können. Hier dient sie leider nur dem Thrill.


    Nazi-Kitsch, Internetkritik und sexuelle Gewalt oder warum dieser Roman einen Skandal auslösen müsste


    die Rezension habe ich auch gesehen, nachdem NSA auf meiner Leseliste gelandet ist. Ich kann den angesprochenen Punkten zustimmen, besonders in den zitierten Beispielen. Das Klischee der unerfahrenen Frau mit dem erfahrenen Mann gibt es leider zu Hauf. Dabei kannten die Frauen eigentlich schon immer ihre eigenen Lustpunkte (zumindest wenn ich den mir persönlich bekannten Zeitzeuginnen Glauben schenken darf im Alter von 78 bis 96, die sehr offen über Sex allgemein und weibliche Lust im Speziellen sprechen und das nie als Tabu gesehen haben). Ist unsere Wahrnehmung hier so extrem verschoben?


    Auch wenn ich aus meinem persönlichen Erfahrungsschatz schöpfe und dem meiner Freundinnen, ist es noch keiner von uns passiert, dass wir völlig überrascht waren, wenn sich ein Mann von sich aus die Zeit nahm, unsere individuellen Lustpunkte zu stimulieren. Im Gegenteil, wir alle wussten und wissen, was uns Spaß macht und auch wenn wir im Laufe des Lebens erst lernen mussten, unsere Wünsche klar verständlich zu äußern, so waren wir doch nie überrascht, wenn der eine oder andere Mann ganz ohne Wunschäußerung auf bestimmte Stellen des Körpers manuell oder oral näher einging.


    Ich kann hier natürlich nicht für alle Frauen sprechen, aber bei dem Klischee von der unerfahrenen grauen Maus muss ich immer nur den Kopf schütteln und frage mich, warum dieses von - meist männlichen - Autoren so bedient wird.

    ~~ noli timere messorem ~~

  • 1942, Weimar. Die Nazis sind an der Macht in Deutschland und befinden sich mit der Welt im Krieg. Doch in diesem Szenario steht ihnen das Weltnetz (eine Art heutige Form des Internets) zur Verfügung und somit die totale Überwachung. Was lässt sich damit anfangen? Kann damit der Krieg gewonnen werden?


    Es ist ein wenig schwierig über den Inhalt oder gar das ganze Buch zu schreiben, weil es so viele verschiedene Facetten hat und dabei ein sehr sensibles Thema behandelt. Das Buch beschreibt eine Parallelwelt. Historische Ereignisse liegen zugrunde geschmückt mit dem Internet, was also niemals stattgefunden hat. Ich fand das Buch überraschend leicht zu lesen. Die Seiten flogen so dahin, während die Bedrückung über weite Teile bei mir ausblieb. Ich weiß aber, dass es anderen anders ging. Aber von vorne.


    Eschbach nimmt sich die Zeit uns Leserinnen in seine erdachte Welt einzuführen. Wie kam es, dass es 1942 schon das Weltnetz gab? Was ist das Weltnetz? All das und noch mehr erklärt er direkt zu Beginn. Das hat mir sehr gut gefallen, weil es ein mühsames Eingewöhnen in die Welt erspart hat und man von Anfang an mittendrin sein konnte. Um zu verdeutlichen, was das Weltnetz kann, wird direkt zum Einstieg eine Szene gewählt, in der versteckte Juden anhand der Kalorienzahl, die Menschen einkaufen (Bargeld wurde schon vor einiger Zeit abgeschafft, so dass nur noch elektronisch bezahlt werden kann), gefunden werden. Ein bisschen plakativ stößt man hier direkt auf Anne Frank und ihre Familie. Danach macht Eschbach einen Zeitsprung zurück und wir lernen zwei der beteiligten Figuren und ihren Weg ins NSA (=Nationales Sicherheits-Amt) kennen: Helene und Eugen.


    Unterschiedlicher können Figuren kaum sein. Helene ist schüchtern, aber sehr intelligent und somit eine der begabtesten Programmiererinnen. Ein Beruf, der damals als reiner Frauenberuf galt. Eugen will vor allem zwei Dinge: Dem Krieg entkommen und sich an ein paar Frauen rächen, die ihn als Kind gedemütigt haben. Dadurch "entdeckt" er seine Vorliebe für sexuelle Gewalt und lebt diese an den Frauen aus. Das gelingt ihm vor allem dadurch, weil er Zugang zu sämtlichen Daten hat. Durch Eugen wird also auch der private Missbrauch von Daten thematisiert. Doch ich habe in beiden Personen Entwicklungen gesehen, die mich durchaus gefesselt haben. So wird die Handlung durch diese beiden Personen getragen und im Gegensatz zu manch einer negativen Stimmen fand ich die Personen nicht zu einseitig dargestellt. Es stimmt zwar, dass die Facettenpalette eher schmal gehalten ist, aber dennoch nicht einseitig und vor allem - so empfand ich es - an die damalige Zeit angepasst wurde. Helene ist so das Produkt ihrer Gesellschaft, auch wenn gewisse Umstände sie in den Widerstand zwingen, so wäre sie aus eigenem Antrieb nicht dorthin gekommen.


    Manche Ereignisse basieren auf vielen Zufällen. Ich habe das mit ein wenig Skepsis wahrgenommen, aber dadurch dass es der Spannung des Plots diente, konnte ich die so hinnehmen.


    Alles in allem hat der Roman mich gut unterhalten, aber weniger zum Nachdenken gebracht, als ich anfangs gedacht habe. Zudem habe ich einen großen Kritikpunkt, was das Ende von Helene angeht. (Zumindest die Entscheidung von ihr kurz vor dem Ende.) Ich will darauf jetzt nicht zu detailreich eingehen, aber das war für mein Empfinden ziemlich unempathisch.


    Dennoch lohnt sich das kleine Gedankenspiel, welches Andreas Eschbach hier verfolgt.

  • Also ich kann der von Suses verlinkten Rezension teilweise folgen und recht geben. Vor allem was im vierten Unterpunkt im letzten Abschnitt angesprochen wird, war schon... ein No-Go. In manchen Punkten würde ich allerdings auch sagen: Ja, aber ... !