Hi!
Nachdem es noch keinen Thread zum dritten Teil der "His Dark Materials"-Trilogie gibt, eröffne ich ihn mal. Ich habe "Das Bernstein-Teleskop" im Rahmen einer Leserunde gelesen und ich mochte es nicht sehr - wie das Gesamtwerk.
Thread zu Der goldene Kompass
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Inhalt:
Lyra und Will machen sich auf den Weg ins das Reich der Toten, weil sie dort mit Lyras Freund Roger respektive Wills Vater sprechen wollen. Begleitet werden sie von zwei Gallivespiern, das sind sehr kleine Leute, die Lord Asriel als Spione dienen.
In einem zweiten Erzählstrang gerät die Physikerin Mary Malone in eine ihr fremde Welt und trifft auf das Volk der Mulefa, eine hochentwickelte Spezies mit rautenförmigen Körpern, die sich auf Rädern fortbewegt.
Meine Meinung:
Für den abschliessenden (und längsten Teil) der Trilogie gilt eigentlich dasselbe wie für den Rest: Die Story ist verworren, der Leser tappt häufiger im Dunkeln, als er es verdient hat und die Logik muss man oft suchen - ohne fündig zu werden. Dazu kommen jede Menge nicht geklärter Fragen und überflüssige Handlungsstränge. So wird beispielsweise mit viel Brimborium ein Mörder auf Lyra angesetzt, ab und zu darf man einen Blick auf den Weg werfen, den er bisher zurückgelegt hat und wartet schon gespannt, wann und wo er Lyra töten will. Als er dann schliesslich in ihrer Nähe auftaucht, findet er sie zunächst nicht. Als er sie dann doch entdeckt, schafft er es nicht, auf sie zu schiessen und bevor ers ein zweites Mal versuchen kann, wird er völlig überraschend von jemand anderem umgebracht, der eigentlich schon aus der Geschichte verschwunden ist und unerwartet wieder auftaucht. Keiner weiss wieso, woher und weshalb.
Ein anderes Beispiel ist die Unkonstanz der Figuren. Sie scheinen fast durchs Band an leichten Persönlichkeitsstörungen zu leiden und sind absolut unberechenbar. Die Pubertät scheint bei Pullmans Junioren rund 24 Stunden zu dauern - das ist etwa die Zeitspanne, die Lyra und Will vom «unschuldigen» Kindsein zu reifem, erwachsenem Verhalten brauchen. Da würden sich aber viele Eltern freuen, wenns im richtigen Leben auch so wäre...
Eine weitere Schwäche: Teilweise verliert sich Pullman in Detailbeschreibungen irgendwelcher Vorgänge, die zwar interessant, aber nicht immer relevant sind. Dafür unterlässt er es dann, wesentliche Dinge anständig zu erklären. So hat man ständig das Gefühl, man sei in dem Buch nur ein Zaungast, der ohne erhellende Kommentare seitens des Erzählers selber rausfinden muss, was gerade vor sich geht. Man weiss einfach zu wenig, um wirklich mitfiebern zu können. Da wird versucht, Spannung zu erzeugen und raus kommt dabei einfach nur ein verärgerter Leser.
So gehen die guten Seiten des Buches leider ziemlich unter. Pullmans Universum wäre nämlich äusserst interessant. Die Bezüge zu biblischen Geschichten und die Fragen nach Gott, dem Leben nach dem Tod, nach dem Geist, Seele und Bewusstsein, nach Engeln und Hexen, die von ihm erschaffenen Strukturen einer äusserst mächtigen und machtgierigen Kirche haben sehr viel Potenzial für eine grossartige Story und man sieht ansatzweise auch, wo Pullman damit hin wollte. Aber er ist aufgrund schlechten Erzählstils nie dort angekommen. Stattdessen wird einem zu guter Letzt die Moral von der Geschichte noch mit der grossen Tetanus-Spritze eingeimpft, damit sie auch der Leser, der längst über dem Buch eingeschlafen ist, noch mitbekommt. Hier ist sie - für alle diejenigen, die sich die Trilogie nicht selber antun wollen: Lebt im Hier und Jetzt, geniesst das Diesseits, vergesst das Jenseits und seid lieb zueinander.
Schlussfazit:
Ich war der Meinung, die Pullman-Trilogie sei ein Must für den Gelegenheits-Fantasy-Leser (also mich). So viele Menschen schwärmen davon, es gibt Websites, die sich mit der Deutung der Geschichte und den Hintergründen beschäftigen etc. Nach dem ersten Band hatte ich meine Erwartungen schon mal weit nach unten geschraubt und wurde mit dem zweiten dennoch wieder enttäuscht. Also: Erwartungen nochmal runter, dann Band drei. Ging so. Aber über alles gesehen: Man muss das wirklich nicht gelesen haben. Es ist letzten Endes eine verschenkte Story, die einige sehr nette Ideen hat, insgesamt aber nur mittelmässig unterhält.
und
Alfa Romea